Wir gewinnen den nächsten Krieg

Trump fordert, dass die Mitgliedsstaaten der Nato ihren Verteidigungshaushalt auf 2% des Bruttoinlandsprodukts aufstocken. Schließlich stehe in Europa der Russe vor der Tür, der Chinese weltweit und bei den USA der Mexikaner. Besonders Deutschland wird gerügt, weil es mit knapp 43 Milliarden Euro nur auf 1,31% des BIP komme.

Was Trump übersieht: Verteidigungsministerin von der Leyen tut doch wirklich alles, um die Militärausgaben in Deutschland angemessen zu erhöhen. Mehr geht eigentlich nicht.

Für Beraterverträge gibt sie jährlich 150 Millionen Euro aus; Sachverstand im eigenen Ministerium würde bei weitem nicht so viel Geld wegschaffen. Dafür bekommt sie milliardenteuere Hubschrauber und Transportmaschinen, die nicht fliegen, und Schiffe, die ihre Werft nur verlassen, um anschließend sofort unterzugehen.

Das ist alles sehr weitsichtig gedacht: Schließlich sollen diese 2% ja jedes Jahr erreicht werden, so sorgt man schon mal für ordentliche Reparaturkosten auf Jahre hinaus.

Auch eine andere kreative Ausgabenquelle hat von der Leyen erschlossen: Da viele dieser Beraterverträge ohne Ausschreibung und damit illegal vergeben wurden, kommen auf das Verteidigungsministerium jetzt jahrelang Gerichtskosten in erheblicher Höhe zu. In der Summe rechnet sich das.

Doch man kann den Panzerturm drehen und wenden, wie man will: Die geforderten rund 60 Milliarden schafft sie einfach nicht.

In ihrer Not ist die Verteidigungsministerin auf die Idee gekommen, die „Gorch Fock“ restaurieren zu lassen. Die Gorch Fock ist das Schulsegelschiff(!) der Marine und offenbar so eine Art Leuchtfeuer der deutschen Seestreitkräfte. Was auf der Gorch Fock geschult wird, konnte man vor ein paar Jahren lesen, als ein Offizier eine Matrosin so lange die Takelage rauf- und runtergehetzt hat, bis die tödlich abgestürzt ist. So ist es halt beim Militär, und eine gesunde Härte ist Voraussetzung für den Sieg.

Jetzt ist sie also in die Jahre gekommen, die Gorch Fock, ziemlich marode und zu solchen Schulungszwecken nicht mehr zu gebrauchen. Abhilfe tut da natürlich not.

Durch eine geschickte Beraterauswahl hat man die veranschlagten Reparaturkosten innerhalb von wenigen Jahren von 10 auf 135 Millionen Euro hochtreiben können.

Das bringt uns der 2%-Marke doch wieder ein deutliches Stück näher. Und so gewinnen wir auch den nächsten Krieg.

Mit unserem sanierten Segelschiff.

Zwei Argumente

Man hat sich leider daran gewöhnen müssen, dass Lügen in der Politik, in öffentlichen Debatten und (in Folge davon) auch in Medien Alltag geworden sind. Wenn der Verkehrsminister behauptet, in Deutschland würden Abgasmessungen „zu nahe am Auspuff“ gemessen, lügt er. Es wird, wie es das Luftreinhaltungsgesetz vorschreibt, direkt an viel befahrenen Straßen gemessen. Wenn der Verkehrsminister behauptet, die Schadstoffbelastung in den Städten habe nichts mit den Abgasmanipulationen der Autokonzerne zu tun, dann lügt er. Wenn Söder behauptet, die bayerische Staatsregierung stehe dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ „neutral“ gegenüber, dann lügt er. Weil er im Mainpost-Interview zwei(!) Sätze weiter sagt, dass das Volksbegehren Gutes wolle, dabei aber Schlechtes herauskomme.

Diese Aufzählung ließe sich sehr lange weiterführen.

Woran man neuerdings gewöhnt werden soll, ist das offensichtlich tolldreist verlogene Argument von seiten der Machthabenden in der Politik. Söder und sein dunkeloranger Koalitionsadlatus Aiwanger treten da in einen regelrechten Wettbewerb miteinander ein. Im Augenblick führt in unserer aktuellen Punktwertung der sehr dunkelorange Freie Wähler:

Aiwanger ist gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Er meint, man müsse „das deutsche Auto“(!) retten, weshalb man „140, 150 oder gar 180 fahren“ müssen dürfe, wenn es die Verkehrssituation „hergebe“. Ein Tempolimit sei „zu starr und dirigistisch“ (alle Zitate aus der Mainpost vom 4.2.19, Aufmacher).

Wer so argumentiert, will nicht ernstgenommen werden. Wenn man das weiterdenkt: Ein Fahrverbot in Fußgängerzonen ist doch arg starr und dirigistisch. Wenn es die Situation hergibt und nachts nur wenige Fußgänger unterwegs sind, warum dann nicht das Durchbrettern erlauben? Und wen der Lärm und die Abgase stören, der kann doch aufs Land ziehen.

Auch Einbahnstraßenregelungen sind besonders nachts nur reine staatliche Willkür und gehören auf den Freie-Fahrt-für-freie-Bürger-ADAC-Prüfstand. Und warum soll man genmanipuliertes und glyphosatvergiftetes Essen verbieten? Niemand zwingt den freien Bürger doch dazu, das zu fressen.

Doch nicht nur dunkelschwarze und dunkelorange Politiker argumentieren so.

Was auch immer der venezolanische Präsident Maduro in seinem Land anstellen mag, es ist von hier aus schwer zu beurteilen, weil die hier veröffentlichten Nachrichten sehr tendenziös sind. So wird immer – um Maduros Misswirtschaft bloßzustellen –  auf den Ölreichtum Venezuelas verwiesen. Die ganze Wahrheit ist aber, dass potentielle Erlöse aus dem Ölverkauf auf Jahre hinaus überwiegend an Ölkonzerne aus den USA, aus China und aus Russland verpfändet sind, die sich die Ausrüstungen auf den Ölfeldern mit harten Knebelverträgen bezahlen ließen.

Wenn, wie hier in den Medien berichtet, Maduro Goldreserven ins Ausland verkaufen wollte, um Devisen für Lebensmitteleinfuhren zu bekommen, Trump aber sofort allen Staaten mit Sanktionen gedroht hat, die dieses Gold kaufen würden, heißt das nur eins: Trump will Maduro, einen der letzten Staatschefs, die sich „sozialistisch“ nennen, aushungern. Dass dabei leider erst das Volk aushungert, ist ein für ihn zu vernachlässigender Kollateralschaden.

Maduro ist sicher kein Aushängeschild der Linken, und es ist durchaus denkbar, dass seine Politik tatsächlich gruselig ist. Aber er ist Präsident, wenn auch viele westliche Staaten seine letzte Wahl wegen berichteter Unregelmäßigkeiten nicht anerkannt haben.

Putschversuche gegen amtierende Staats- bzw. Regierungschefs werden vom Westen in zwei Kategorien eingeteilt: Putschisten gegen missliebige Präsidenten sind demokratische Freiheitskämpfer. Putschisten gegen willfährige Präsidenten, seien sie auch noch so kriminell wie der ukrainische Präsident Poroschenko, sind „Aufständische“.

Die Verfassung Venezuelas regelt, dass der Parlamentspräsident übergangsweise das Staatspräsidentenamt übernimmt, wenn dieses verwaist ist. Maduro ist aber doch ziemlich breit präsent. Wenn sich Parlamentspräsident Guaidó selbst zum Interimspräsidenten ernennt, hat das mit der Verfassung wenig zu tun. So etwas interessiert die amerikanische Regierung aber selten, sofort erkennt sie ihn als legitim an, sperrt venezolanische Konten und droht mit Militär. Europäische Staaten, darunter auch Deutschland, stellen Maduro ein völkerrechtlich interessantes Ultimatum. Er habe binnen acht Tagen(!) Neuwahlen anzukündigen, sonst würde man Guaidó ebenfalls anerkennen.

Die Dreistigkeit, mit der sich Deutschland und seine Partner in die Angelegenheiten eines fremden Staates einmischen, mag verblüffen. Noch dreister ist tatsächlich die Argumentation Merkels:

Das venezolanische Volk müsse das Recht haben, seine Regierung in freien demokratischen Wahlen zu bestimmen.

Wie ist das eigentlich mit den Völkern unserer Freunde und Geschäftspartner in Saudi-Arabien, Katar, China usw.? Müssten die nicht auch? Oder ist das doch irgendwie schon was anderes oder wie?

Vor Regierungen, die sich nicht einmal die Mühe machen, ihren Argumenten auch nur einen Anschein von Plausibilität zu geben, kann man Angst haben. Sie demonstrieren die pure Arroganz der Macht. In dieser Form kannte man das in Deutschland in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Wie gesund ist der Menschenverstand?

Mit dem „gesunden Menschenverstand“ zu argumentieren hat immer etwas ziemlich Gefährliches. Meist wird der bemüht, wenn man breite Zustimmung für Entscheidungen unterstellt, die eben mit dem Verstand nichts zu tun haben. Die Nazis nannten das „gesundes Volksempfinden“ – wie viele Sauereien unter Berufung auf dieses veranstaltet wurden, weiß man hoffentlich noch. Immerhin verzichteten sie mit diesem Begriff auf die Unterstellung, der Verstand spiele hier irgendeine Rolle.

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Klima-Arbeitsgruppe, die durchaus mit Vertretern aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Richtungen, auch der Autoindustrie, besetzt war, hat nun gewagt, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen vorzuschlagen.

Diese „Gängelung“ sei gegen „jeden Menschenverstand“, polterte Verkehrsminister Scheuer sofort los (Die Medien sind sich uneinig, ob er das Attribut „gesund“ verwendet hat). Ein Tempolimit 130 auf Autobahnen würde den CO2-Ausstoß in Deutschland nur um 0,5% absenken. Na, dafür geben wir unser bewährtes „Prinzip der Freiheit“ doch nicht her. Dabei sind 0,5% des gesamten CO2-Ausstoßes schon eine interessante Größe. Vielleicht sollte jemand mal nachrechnen, wieviel Prozent Reduzierung das beim Autobahnverkehr speziell wären? Und dass bei einem Tempolimit nicht nur der CO2-Ausstoß reduziert würde, sondern auch diverse andere Schadstoffe wie z.B. Feinstaub durch Gummiabrieb etc., kann der gesunde Menschenverstand schon mal außer Acht lassen. Außerdem seien die deutschen Autobahnen die „sichersten Straßen der Welt“, wie immer man das auch festgestellt hat.

Dass im Schnitt 400 Menschen jährlich auf deutschen Autobahnen sterben, scheint für Scheuer okay zu sein. Dass „2017 innerorts 5 Getötete auf 1.000 Unfälle mit Personenschaden kamen“, bei Autobahnen aber 20 (Quelle: Website des Deutschen Verkehrssicherheitsrats), was die tödliche Gefahr der Raserei ziemlich eindrucksvoll belegt, ignoriert der Verkehrsministermenschenverstand. Nach demselben Argumentationsmuster könnte ein zentralafrikanischer Staatschef sagen, dass es doch toll sei, dass in seinem Land nur 20 000 Menschen jährlich verhungern. Da müsse man also nichts unternehmen – in den Nachbarländern seien es mindestens doppelt so viele.

Vielleicht sollte man Scheuer an seinen Parteifreund Wiesheu erinnern, der 1983 nachts über die Autobahn und einen polnischen Kleinwagen gebrettert ist. Zugegeben: Dass die beiden tödlich verletzten Polen bei einem Tempolimit noch leben würden, ist unwahrscheinlich. Denn Wiesheu (der zehn Jahre später bayerischer Verkehrsminister (!) wurde), hatte sich auch die Freiheit genommen, vor der Fahrt ordentlich zu saufen. Der hat sich doch nicht durch Gesetze gängeln lassen…

Gegen diese ständige Gängelung durch von der EU festgelegte Obergrenzen des CO2-und Stickoxid-Ausstoßes sind auch ca. 100 Lungenärzte (von 4000 Befragten der „Deutschen Gesellschaft für Pneumologie“). Wenn der gesunde Menschenverstand nicht dagegenspräche, würde man fast glauben, das sind alles Brüder von Scheuer. Denn deren Art der Argumentation weist auf enge Verwandtschaft hin, zumindest gedanklich: Es sei kein einziger durch die Schadstoffe umgekommener Mensch nachweisbar.

Tatsächlich fällt man nicht sofort tot um, wenn man in Stuttgart am Neckartor auf die Straße tritt. Genauso, wie nicht jeder, der nachts über die Autobahn rast, zwei Polen totfährt.

Die Lösung, die Scheuer zu der ganzen Frage findet, ist natürlich genial einfach: Wir müssen nur die Messstationen anders aufstellen. Warum stellen wir die Stationen auch direkt an die Straße, mitten in den Mief? Messstation am Neckartor nur um 20 Meter in einen Hinterhof verschieben – und schon ist die Luft in Stuttgart wieder gesund.

Der Scheuersche „Menschenverstand“ ist es sicher nicht.

Medizin Rechte

Zugegeben: Nicht immer ist eine neue Offenheit in der Gesellschaft positiv. Wenn das braune Gesindel, das es hier gibt und immer schon gab, seinen Mist inzwischen offen und ungeahndet in die Welt setzen kann, so dass jeder normale Mensch davon krank wird, ist das nicht schön.

Schön ist, dass man über so hervorgerufene Krankheiten jetzt auch in der Öffentlichkeit viel ehrlicher und sogar im Fernsehen sprechen darf:

Vor den 20-Uhr-Nachrichten in der ARD treten zurzeit regelmäßig Menschen vor einem sehr ungesund aussehenden grellgrünen Hintergrund auf – und führen uns erst einmal gehörig hinters Licht:

Es sei nicht leicht, öffentlich über Darmprobleme zu erzählen, geben sie vor, um gleich darauf zu demonstrieren, dass das vielleicht FRÜHER mal so war, aber jetzt doch nicht mehr:

In aller Ausführlichkeit werden die diversen Malaisen, die ein sogenannter Reizdarm mit sich bringt, geschildert und so detailliert, dass man es förmlich hören und riechen kann und sich unwillkürlich versichert, ob das nächste Klo frei ist.

Und dann wird das ebenfalls grün eingeschachtelte Wundermittel gezeigt, das all diesen Unbilden Abhilfe schafft. Es hat den wenig appetitanregenden Namen Kijimea Reizdarm.

Der Erfinder dieses hübschen Namens musste beim Erfinden wohl gerade ganz schnell auf die Toilette, Zeit für ohnehin überschätzte Präpositionen blieb da nicht. Dafür wird erklärt, wie es wirkt: „Wie ein Pflaster für den gereizten Darm“. Nun kennt man zum Beispiel Hautreizungen, Gelenkreizungen, Nervenreizungen usw. und eben auch Darmreizungen. Dass dagegen Pflaster helfen, wusste man bislang nicht.

Die Vermarktung scheint dennoch gut zu funktionieren, deswegen hier ein paar Tipps für weitere medizinische Produkte:

Apspipin Schädelweh. Wie ein Pflaster für den brummenden Kopf.

Ipupsprofen Eiterzahn. Wie ein Pflaster für den zerstörten Zahn.

Makrufahr Aderdicht. Wie ein Pflaster für das verdickte Blut.

(Weitere kreative Schöpfungen werden gerne via Kommentarfunktion entgegengenommen.)

Was ich mir jedoch für den neuen Titelträger „Schöpfer des Unworts des Jahres“ und seine Gesinnungsgenossen wünschte, wäre so etwas wie

Afdrobrindt Hirnerweichung. Wie ein Pflaster für das kranke Hirn.

Helfen wird’s freilich nicht.

Aber dann wenigstens ein großes Pflaster fürs Maul!

Zum Wegwerfen

Zwei Beispiele vom Wirken des globalisierten Kapitalismus

Die Lobbyisten von Amazon und Co sowie deren Profiteure, die Paketverteiler Hermes, DHL usw. versuchen seit einigen Jahre immer wieder, den Leuten weiszumachen, dass Online-Handel letztlich ökologisch sinnvoller sei als der persönliche Einkauf vor Ort. Eine Lobby-Organisation lancierte 2015 in den Presseagenturen einen Artikel, dessen tollkühne Überschrift immer noch in den Medien herumgeistert:

„Onlinehandel ist verblüffend umweltfreundlich“

(Zu finden unter https://etailment.de/news/stories/Onlinehandel-ist-verblueffend-umweltfreundlich-16392)

Argumentiert wird gerne mit einem auf dem Lande lebenden Menschen, der in die Stadt fährt, um sich ein paar Schuhe zu kaufen. Da sei der Paketdienst mit seinen zig Paketen pro Fahrt ökologisch deutlich sinnvoller.

Was bei dieser Argumentation natürlich verschwiegen wird: Auch auf dem Land soll es Leute geben, die nachdenken und nicht wegen jedem Paar Schuhe extra in die Stadt fahren. Dass 80% der Deutschen in Städten wohnen und den Schuhladen in der Regel bequem zu Fuß erreichen können, passt hier natürlich auch nicht her.

Nun wurde bekannt, dass gerade bei im Onlinehandel gekauften Schuhen und Kleidung über 50% zurückgesandt werden, dass viele Kunden sich Kleidungsstücke in mehreren Größen zuschicken lassen, um dann ein eventuell passendes zu behalten, die anderen zurückzuschicken.

Das verbessert die Ökobilanz des Versandhandels natürlich nicht.

Nicht nur der ökologische, sondern der umfassende Irrsinn wird deutlich, wenn nun große Onlinehändler wie Amazon oder Otto zugeben, die meisten Retouren direkt in den Müll zu kippen. Kontrolle und Aufbereitung für einen Wiederverkauf seien zu aufwändig und zu teuer, wird erklärt.

Wenn ich eine Hose in die Reinigung bringe, kostet mich das als Endkunde (!) 6,50 Euro, bei einem Pulli bin ich mit 2,90 dabei. Da wird das Kleidungsstück gereinigt, mit einem Reinigungsetikett versehen, auf einen Bügel gehängt und mit einer Schutzfolie überzogen.

Mag sein, dass sich das für eine Handelsfirma nicht rechnet, vor allem wenn sie die Kleidungsstücke einzeln verpackt von einem Paketzusteller in die Reinigung bringen ließe. Aber da sollte man sich vielleicht intelligentere Verfahren ausdenken können.

Tut und will man aber nicht:

Offensichtlich ist die Herstellung und das Zusammennähen der Stoffe so billig, sprich, die Löhne der Arbeiterinnen so extrem niedrig, dass man lieber deren Arbeit einfach wegschmeißt. Die ist offenkundig ja nichts wert.

. . . . .

Hunderttausende von Tonnen Wegwerfprodukte bringt auch die Verpackungsindustrie in Form von Plastik auf den Markt. Die werden in Deutschland säuberlich getrennt in gelbe Säcke oder Tonnen gesteckt im Glauben, dann würde damit schon was Sinnvolles angefangen.

Gelegentlich wundert man sich ein bisschen, wenn man Bilder zu sehen bekommt, wie Tonnen von Plastikmüll im Meer herumschwimmen. Das sind nicht nur zufällig über Bord geworfene leere Flaschen von irgendwelchen Schiffen. Aber nachdem wir brav sortieren, sind es wenigstens die anderen, die den Müll in großem Stil ins Meer kippen, macht man uns weis.

Auch dazu zwei interessante Meldungen aus der Weihnachtszeit: 87 Prozent ihres Plastikmülls exportierte die Europäische Union bislang nach China, Deutschland war pro Jahr mit 760 000 Tonnen dabei.

Das geht jetzt nicht mehr, weil China beschlossen hat, nicht länger die Müllkippe Europas sein zu wollen (Was China mit dem Müll bislang gemacht hat, ist in den Verträgen übrigens nicht geregelt. Es wird schon Gründe geben, warum man in Chinas Großstädten auch am Tag die nächste Straßenkreuzung nicht sieht – und warum der Jangtse der Fluss ist, der nach Forschungen des Helmholtz-Zentrums die größten Mengen von Plastikmüll in den Ozean spült.).

Die Lösung war schnell gefunden: Den Großteil des Plastikmülls exportiert man jetzt nach Indochina (!). Eine Meldung von überraschender Ehrlichkeit selbst in den ARD-Nachrichten. Inzwischen ist sie aus den Medien (weniger überraschend) fast völlig verschwunden.

Nun ist Indochina ein Land, das nicht gerade mit Recycling-Anlagen gesegnet ist. Was die wohl machen mit dem vielen Plastikmüll? Vermutlich lagern sie ihn einfach. In Strandnähe.

Da kommt er schon weg.

Nichts gelernt, SPIEGEL

Es ist kaum zu fassen: Da suhlt sich der Spiegel über 20 Seiten lang in Selbstmitleid wegen Relotius, ein paar Seiten später taucht eine genauso schwulstige Story über Amazon auf, die vor tollkühnen Unterstellungen nur so strotzt.

Autor Guido Mingels spricht keineswegs von sich und ein paar seiner Kumpels, sondern von „uns“, wenn er sich darüber freut, dass er zum Einkaufen nicht mehr in einer Schlange anstehen muss, sondern sich alles – via „Alexa“ – in seine „zugige Holzkammer“ liefern lassen kann, die er offensichtlich so gut wie nie verlässt, denn er ist ja immer da, auch wenn der Paketschlepper „zur Unzeit“ kommt. Wenn man sich die zum Beleg angeführte tägliche Einkaufliste ansieht (Er lässt sie sich natürlich von „Alexa“ vorlesen…), wundert einen nicht, dass er kein Geld mehr für Renovierung oder wenigstens Abdichtung hat.

Wir lieben Amazon, wir fürchten Amazon“. Was soll dieses großmäulige „wir“?

Ich hasse Amazon.

Denn natürlich ist Amazon eine Krake, die ihre Mitarbeiter ausbeutet und sich die Welt als eine Ansammlung von Konsumsüchtigen vorstellt (da schreibt schon der richtige), ob es aber die ganze Welt tatsächlich beherrschen will, wie Mingels unterstellt, bleibt zumindest abzuwarten. Und immer noch bestünde ja die rechtliche Handhabe der Zerschlagung eines solchen Konzerns, auch wenn in den USA diese „Praxis unpopulär“ geworden sei. Ein wirklich wuchtiges Argument!

Letztlich gibt es für den Autor zwei Gründe, warum Amazon immer mächtiger wird: Erstens: Es ist schon mächtig. So sehr, dass es „für den Kunden kein Entkommen mehr gibt“. Grund zwei: Der Kunde (wieder so eine Verallgemeinerung, bei der Mingels von sich auf alle schließt) will ja auch gar nicht mehr entkommen, weil alles soo bequem ist.

„Es gibt kein Entkommen, solange wir nicht entkommen wollen“, folgert er, ein Satz, den Immanuel Kant schon vor 235 Jahren viel überzeugender formuliert hat: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“.

Wie kann man nur so borniert sein, freiwillig in seiner („zugigen“!, Frischluft gibt’s immerhin) Stube hockenzubleiben und mit einer schwarzen Coladose zu kommunizieren?

Kleiner Tipp an „uns“: „Wir“ sollten „Alexa“ (falls „wir“ eine haben, laut einer Umfrage der Zeitschrift „digital pioneers“ sind das 7,1 Prozent der Befragten), auf eine Eisenbahnschiene legen (vielleicht bestellt sie im Abgang ja noch einen Nusskuchen), dann einen Einkaufszettel schreiben und damit in den nächsten Laden gehen. So kauft man nicht jede Menge unsinnigen Plunder, entlastet die Umwelt und hat übrigens auch noch die Möglichkeit, mit dem Kassierer oder den Menschen vor dem Regal ein paar nette Worte zu wechseln.

Und zum Renovieren bleibt dann auch was übrig.

 

Nachtrag zum letzten Text

Ich wurde von mehreren Seiten (zu Recht) darauf hingewiesen, dass der Waldorf-Schulverband sich bis heute nicht von seinem eindeutig antisemitischen Gründervater Steiner distanziert.

Das ist in der Tat befremdlich.

Allerdings ist mir nicht bekannt, dass aktuell in den Waldorfschulen Antisemitismus gepflegt würde. Und dass ein AfDler sein Kind wegen angeblicher antisemitischer Tendenzen in die Waldorfschule schickt, die AfD aber fast zeitgleich eine Arbeitsgemeinschaft „Juden in der AfD“ mit großem Medien-Popanz ins Leben ruft…

Was soll das alles sein?

Meiner Meinung nach sind das keine Widersprüche. Sondern exakt dieselben Lügen- und Vertuschungsgebäude, mit denen die Nazis an die Macht gekommen sind. Mit denen hat die bürgerliche Rechte auch „gesprochen“ – bis sie an der Macht waren.

Kein Jahresrückblick

Allenfalls ein Rückblick auf die letzten Wochen. Jahresrückblicke überlassen wir lieber dem Spiegel, dessen Redakteure, wie man jetzt weiß, das Wort „Narrativ“ oder „Erzählung“ nicht nur arg gerne, sondern auch mit einer gewissen Berechtigung in der Feder führen. Denn das große Selbstbezichtigungspathos angesichts der Erzählungen von Reporter Relotius ist doch blanke Heuchelei. Seit langem sind derlei Erfindungen im Spiegel an der Tagesordnung: Spiegel-Reporter wissen immer, welcher Politiker was denkt und aus welchen Motiven er handelt. Meist werden als Motive lächerliche persönliche Zickigkeiten unterstellt, für die sich jedes Kindergartenkind schämen würde. Besonders in die finsteren Gedankengänge des russischen Präsidenten haben sich die Geschichtenerzähler vom Spiegel tief eingearbeitet.

Auch dass die M. den M. nicht zum M. machen mag, ist nach dem fachkundigen, objektiven Urteil der Spiegeljournalisten in erster Linie einer persönlichen Abneigung geschuldet.

Dabei liegt auf der Hand, dass kein Mensch den Merz als Minister braucht – und sonst übrigens auch nicht. Der rechte Flügel der Union sähe ihn gerne als solchen und fordert es, und der Wirtschaftsflügel. Klar – ein stockkonservativer neoliberaler geldgeiler Finanzhai verkörpert halt alles, wovon diese beiden Flügel träumen. Aber will den sonstwer? Und ist das großräumige Abgreifen von Geld tatsächlich, wie behauptet, „Wirtschaftskompetenz“?

Braucht es wirklich einen Mann in der Regierung, der erst behauptet, „alles“ für die CDU „geben“ zu wollen, dann, nach der Niederlage bei der Wahl zum Parteivorsitzenden, einen Sitz im Parteipräsidium – wohin ihn die Delegierten des CDU-Parteitages sicher gewählt hätten – beleidigt ablehnt, um zwei Wochen später zu erklären, er würde sich ein Ministeramt selbstverständlich zutrauen?

Demokratie innerhalb der CDU ist offensichtlich eine Mischung aus Amerika und Afghanistan. Der amerikanische Präsident wittert bei jeder politischen Niederlage die übelsten Verschwörungen gegen ihn. Die Merz-Anhänger sind da mindestens ebenso gut drauf: Beim Parteitag habe eine Verschwörerbande um die bisherige Parteivorsitzende die Lautsprecher extra leiser gestellt, drum sei Merzens Rede so blass rübergekommen. Und die heißen Schweinwerfer voll auf sein Gesicht, dass er geschwitzt hat wie sonst nur bei der Steuerprüfung. Deshalb sei das Ergebnis auch gar nicht so richtig echt und außerdem viel zu knapp. So weit, so niedlich.

Die Schlussfolgerung, die die beiden oben erwähnten Parteiflügel – jetzt verstärkt durch die sogenannte „Werteunion“ – ziehen, ist echt afghanistanlike: Beide Kandidaten müssten halt was werden.

2014 fanden in Afghanistan Präsidentschaftswahlen statt. Bei einem ähnlich knappen Wahlausgang bezweifelten die Anhänger des unterlegenen Kandidaten Abdullah die Korrektheit der Wahl (wobei man in Afghanistan natürlich davon ausgehen darf, dass die Korrektheit von Wahlen immer anzuzweifeln ist). Als „Kompromiss“ vereinbarte man, dass dann halt beide was werden sollten: Ghani Staatspräsident und Abdullah Ministerpräsident. Nein, nicht ganz: Das Amt des Ministerpräsidenten lehnte Abdullah beleidigt ab. Aber er bestand erfolgreich darauf, einen Strohmann in dieses Amt einsetzen zu dürfen – so konnte er seine mit Sicherheit nicht lupenreinen Geschäfte fortführen und gleichzeitig de facto als Ministerpräsident regieren.

Ein erfolgversprechendes Modell offensichtlich: Der ukrainische Geldscheffler Poroschenko spürt gerade, dass Geldscheffeln und gleichzeitig Regierungs- und Staatschef zu sein selbst bei der Bevölkerung in der Ukraine nicht gut ankommt. Dabei hat der Merz was voraus: Dieser hätte als Bundeskanzler, wie ihm das wohl vorschwebte, angesichts einer bevorstehenden Wahlniederlage nicht gleich das Kriegsrecht ausrufen dürfen.

Auch die AfD muss sich vorerst mit präfaschistischen Methoden begnügen. In mehreren Bundesländern (auch in Berlin) betreibt sie Webseiten, auf denen Schüler „politisch nicht neutrale“ Lehrer denunzieren sollen. Eine böse Erinnerung und ein übler Vorgeschmack auf das, was kommt, sollte diese Partei wirklich einmal Macht erlangen.

Nun hat eine Berliner Waldorfschule es abgelehnt, das Kind eines hochrangigen Berliner AfD-Politikers aufzunehmen. Überraschend blauäugig und dumm ist die Reaktion der demokratischen Parteien, der Lehrerverbände und der Presse: Man dürfe politische Gegensätze nicht auf dem Rücken der Kinder austragen, gerade eine Waldorfschule müsse allen Kindern offen und neutral gegenüber sein usw.

Sollte man nicht einmal darüber nachdenken, warum ein AfD-Funktionär sein Kind ausgerechnet an einer Waldorfschule anmelden will, einer Schule, die genau das Gegenteil dessen vertritt und vermitteln will, was die AfD propagiert?
Hat man vergessen, dass die Nazis mit Hilfe demokratischer Rechte und Freiheiten an die Macht gekommen sind?
Muss man die Anmeldung dieses Kindes an einer Waldorfschule nicht sogar als Drohung interpretieren?
Wiederholt sich hier nicht ein fataler Fehler, dass man glaubt, eine Partei, deren Vorstandsmitglied (weniger als fadenscheinig dementiert) meint, man müsse zum „Schutz der Grenze“ auch mal die Waffe auf Flüchtlingskinder richten, könne doch eigentlich gar nicht soo skrupellos sein?

Wenn dieser Vater tatsächlich meint, die Waldorfschule sei die beste für sein Kind, warum ist der dann aktiv in der AfD?

So begrüßenswert – und sachlich begründbar – die Ablehnung dieses Aufnahmeantrags ist, so begrüßenswert und sachlich begründbar ist der Schlusssatz dieses Rückblicks, der von einem Leserbriefschreiber der taz geklaut ist. Die taz hatte ein doppelseitiges Interview mit Stoppel-Lindner von der FDP veröffentlicht, in dem dieser sich sinngemäß darüber beschwert, dass die Bundesregierung 30 Millionen Euros dem hart arbeitenden Mittelstand (Merz?) wegnimmt, um sie Arbeitsunwilligen (er meint Harz IV-Empfänger) zu schenken. Leserbriefscheiber S. kommentierte dies und beendete seinen Text mit „Was für ein Arsch!“

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das genauso formuliert hätte.

Aber die taz zitiere ich natürlich gerne.

SchMERZfrei abgehoben?

Friedrich Bierdeckel Merz will CDU-Vorsitzender werden. Dazu verhelfen könnte ihm, glaubt er anscheinend, eine ordentliche Portion Populismus: Den Blick eines misstrauischen Dackels hat er schon, die Hundekrawatte fehlt ihm noch. Die Methoden des deutschen Hundekrawatten- und des amerikanischen Eichhörnchenperückenträgers beherrscht er allerdings bereits souverän: Aussagen in die Welt zu setzen und sich anschließend vehement davon zu distanzieren. Ähnlich wie die AfD-Storch, die erklärt hat, bei dem Votum, gegebenenfalls müsse man an der Grenze auch auf Kinder schießen, sei ihr (leider, leider) die Computermaus verrutscht.

Was im Hirn von Friedrich Bierdeckel verrutscht ist, als er erklärt hat, man müsse über das in Deutschland einzigartige Asylrecht „offen“ diskutieren, ist noch unklar. Dass es genau ein solches Asylrecht in einer ganzen Reihe von Staaten gibt, interessiert ihn nicht (Der Eichhörnchenmann würde sagen, das sind Fakenews). Dass er anschließend kritische Fragesteller barsch und arrogant abkanzelt (Ist das seine von den Medien bewunderte „hervorragende“ Rhetorik?), er habe das deutsche Asylrecht nie in Frage gestellt, das sei einfach falsch, ist storchpreisverdächtig.

Wenn er das Asylrecht nicht in Frage stellen will, das sonst nur die AfD und weiteres rechtes Gesindel in Frage stellen (großes Lob für ihn natürlich von dieser Seite), warum fordert er dann eine „offene Diskussion“? Damit die armen AfDler und andere Nazis endlich auch mal zu Wort kommen?

Zum Klimawandel fällt ihm nur ein, dass man weiterhin Kohlekraftwerke bräuchte, weil norddeutsche Aluminiumfabriken „keine Zehntelsekunde Stromausfall“ verkraften könnten, da sonst ihre „Anlagen zerstört“ würden. Bei dem ihm eigenen Umgang mit der Wahrheit muss man vermuten, dass er weiß, dass das Quatsch ist. Aber er ist ja auch noch Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochter von Blackrock, einem Finanzhai, der (neben allen DAX-Konzernen) selbstverständlich auch ordentlich Anteile vom Braunkohlebaggerkonzern RWE hält. Und die müssen natürlich alle gut Gewinn machen, damit Friedrich Bierdeckel seinen Status in der oberen Mittelschicht halten kann.

Aus dieser Interessenslage heraus hat er auch gleich noch einen Tipp, wie man das angebliche Rentenproblem lösen könnte: Die Leute sollten einfach mehr Aktien kaufen, um so ihre Altersversorgung zu sichern.

Aber nein, so hat er das natürlich nie gesagt, oder wenn doch, nie so gemeint! Mehr so als Absicherung zusätzlich zu der immer dünneren staatlichen Rente oder so.

Tja, Friedrich Oberer Mittelstand: Du kannst dir das natürlich leisten, wenn dein Aktiendepot mal um fünf oder acht Prozent absackt. Du könntest dir sogar einen Crash um 70 Prozent locker leisten. Und auch eine Kürzung deines Mittelschichtgehalts von über einer Million jährlich um, naja, 66 Prozent. Da müsstest du zur Not halt mal mit gut 300 000 Euros im Jahr klarkommen.

Aber schon einmal drüber nachgedacht, was es für einen einfachen Mittelständler bedeuten würde, der um eine Überlebensrente von 1500 Euro rackert, wenn da durch „marktübliche“ Schwankungen mal plötzlich zehn oder mehr Prozente fehlen? Die fehlen dann nämlich beim Essen, nicht beim nächsten Aktienschnäppchen. Deswegen kann der sowas auch nicht langfristig aussitzen.

Muss man nicht eigentlich auch vermuten, dass Friedrich Bierdeckel Oberer Mittelstand das alles weiß? Und eigentlich gar nicht so abgehoben ist?

Sondern dass ihn einfach stört, dass in diesem Land irgendwo noch ein bisschen Geld liegt, das noch nicht der Verfügungsgewalt von Blackrock und Co unterliegt. Sondern irgendeiner doofen Sparkasse?

Das wird der sicherlich ändern, der Merz, als CDU-Vorsitzender und Mittelschichtskanzler.

Fleischhauers Faktenbiegen

Jan Fleischhauer darf alle 14 Tage im SPIEGEL einen Kommentar ablassen. Er ist ein bekennender Rechter (Titel seiner Kolumne: „Der schwarze Kanal“), und vielleicht war es sogar mal eine noble Idee, auch solche Meinungen in diesem Blatt an prominenter Stelle zuzulassen. Seine letzten (und besonders der wirklich allerletzte) Beiträge erfordern allerdings eine Reaktion:

Dass rechte Gesinnung und Anstand nicht leicht zueinanderfinden, kann man bei jeder Pegida-Demonstration beobachten. Da werden die kühnsten Behauptungen zu Tatsachen erklärt und echte Fakten so lange verdreht, bis sie in die eigene Ideologie passen.

Nicht besonders verwunderlich festzustellen, dass SPIEGEL-Kommentator Fleischhauer genau diese Methoden liebt („Spießerverachtung“, Spiegel 48/2018):

In einem bestimmten (unausgesprochen meint er wohl ein linksgrünversifftes) Milieu, kritisiert er, werde zwar akzeptiert, dass Berufspolitiker (er nennt Baerbock von den Grünen) ein Leben lang von Steuern anderer Leute gelebt haben, nicht aber (er meint Friedrich Merz) Menschen, die „mehr Steuern bezahlt“ hätten, als „viele in ihrem Leben verdienen“. Abgesehen davon, dass ihm die Obszönität dieses Gedankens gar nicht auffällt: Was Merz an Steuern bezahlt, weiß er offensichtlich. Dabei ist doch bekannt, dass Menschen, die für Firmen arbeiten, deren Hauptgeschäft die „Steuergestaltung“ ist, gerade in der Steuervermeidung äußerst kreativ sind (und nebenbei damit auch noch ihr vieles Geld verdienen).

Ein „Spitzenpolitiker 64 und weiblich“(!, er meint Angela Merkel), mäkelt er, werde in diesem Milieu akzeptiert, nicht dagegen ein männlicher Spitzenkandidat „über 60“. Damit diese Kritik auch nur einen Hauch von Sinnhaftigkeit ergibt, muss man natürlich weglassen, dass die 64-jährige Spitzenpolitikerin geht, der 62-jährige Spitzenkandidat dagegen „Aufbruch und Erneuerung“ verspricht.

Schon blöd, wenn die reinen Fakten so gar nicht taugen für die eigene Argumentation.