Die Sommerlüge 2: Delta ist schuld.
Großmundige Versprechungen, dreiste Lügen und bornierte Rechthaberei bis hinunter auf die kommunale Ebene: Das ist der Beitrag der Politik zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Und en passant die Versorgung von Freunden oder Familienmitgliedern mit fetten Gewinnen aus allen möglichen Geschäftchen.
Aus Angst vor ungefähr zwei bis drei Prozent an Schreihälsen in der Bevölkerung und dem Verlust von potentiellen Wählerstimmen hat man sich nie getraut, notwendige und von der Wissenschaft nahezu einhellig geforderte rigorose Maßnahmen zur Eindämmung des Virus durchzuhalten. Stattdessen orientiert man sich am dümmsten aller Modelle (Laschet), das bei sinkenden Infektionszahlen sofort weitreichende Lockerungen vorsieht (wobei natürlich nicht vorhersehbar ist, dass dann sehr schnell die Zahlen wieder rasant steigen).
Eine Fußball-Europameisterschaft, während der Hunderttausende von Sportlern und Fans kreuz und quer durch Europa transportiert werden, in vollen Flugzeugen, überfüllten Zubringerbussen und ohne Maske grölend dicht an dicht in der Stadien, ist natürlich nicht schuld an steigenden Infektionszahlen.
Massentourismus in Infektionsgebiete ist natürlich nicht schuld an steigenden Infektionszahlen.
Vollgestopfte Klassenzimmer (nach wie vor ohne Luftfilter) sind natürlich nicht schuld an steigenden Infektionszahlen.
Die vielfach geforderte „Belebung“ der Innenstädte mit Gedrängel in den Straßenbahnen und Geschäften ist natürlich nicht schuld an steigenden Infektionszahlen.
DELTA ist schuld!
Diese Virusvariante, die ähnlich schnell und unvorhersehbar über die Welt herein- wie die afghanische Armee zusammenbrach.
Da ist es doch naheliegend, dieses Ding einfach zu verbieten, oder noch besser, zu erschießen. Da aber diese Viren doch arg viele sind und arg klein, lässt man sich ähnlich intelligente und zweckmäßige Lösungen einfallen:
Nachdem der Inzidenzwert (noch schneller als ohnehin nicht erwartbar…) steigt, wird er einfach abgeschafft. Das geht natürlich deutlich leichter als die Viren abzuschaffen. Er habe „ausgedient“, meint der Gesundheitsminister. Maßgeblich soll jetzt (wegen der hohen Impfquote) sein, wie viele Corona-Befallene in die Kliniken eingeliefert werden müssen. Das wäre doch auch eine hübsche Idee für den Auto-Scheuer: Da deutsche Autos immer sicherer werden, schaffen wir einfach das Alkoholverbot beim Fahren ab und schauen mal, wie viele Trunkenbolde in und außerhalb der CSU in die Klinik eingeliefert werden müssen. Wenn es das Gesundheitssystem nicht überlastet, ist alles gut. Und die Autoindustrie hat ja auch was davon.
Karnevalist Laschet legt sich fest, dass es mit ihm als Kanzler NIE WIEDER einen Lockdown geben werde. Dazu hat er sicherheitshalber in dem Bundesland, das er regiert, schon mal alle Grenzwerte abgeschafft – sonst wäre sein Land längst fällig. Da aber wegen der bösen Delta-Variante und des laschen Umgangs mit ihr neue, noch bösere Varianten – und damit auch ein neuer Lockdown – kommen werden, ist so sicher wie Armin Laschets Gottvertrauen. Da kann es nur einen Schluss geben…
Und ausgerechnet die angeblich Liberalen, die doch jegliches staatliche Handeln gerne als direkten Angriff auf die Menschenrechte ansehen, rufen in der Pandemie nach klarer staatlicher Kante. Neueste Variante: Die Regierung solle eine staatliche Garantie für Präsenzunterricht an Schulen geben, egal, was passiert. Das kommt jetzt schon gar nicht mehr so unerwartet, weil Lindner ja schon seit Monaten fordert, der Staat solle endlich mal einen klaren Termin nennen, wann die Pandemie zu Ende sei.
Dass Laschets Gottvertrauen unerschütterlich und seine Wege deshalb oft unerforschbar sind, ist ja bekannt. Aber dass ausgerechnet die FDP ihn mit unerschütterlichem Staatsvertrauen toppt, kommt ja nun doch, schon, etwas überraschend.
Diesen wieder in altbekannter Manier hervorragend geschriebenen Kommentar der Corona-Lage in diesen Tagen möchte ich an dieser Stelle aus meiner Sicht noch etwas ergänzen. soweit es die Stadt Würzburg betrifft.
„Die vielfach geforderte „Belebung“ der Innenstädte mit Gedrängel in den Straßenbahnen und Geschäften ist natürlich nicht schuld an steigenden Infektionszahlen.“
„In Stadt und Landkreis Würzburg lag der Geimpften-Anteil unter den Neu-Infektionen im Juni und Juli bei rund 20 Prozent, im August waren es bis zu diesem Mittwoch 33 von 156 Fällen.“ Das sind 21,15 Prozent, Tendenz also steigend. Nur so lässt sich daher auch erklären, dass in den letzten drei Tagen die Inzidenz in der Stadt Würzburg so deutlich und besorgniserregend anstieg: Freitag 41,4, Samstag 42,2 und Sonntag 49,2. Wer in diesen Tagen durch die Innenstadt von Würzburg geht, sieht überdeutlich, dass sich kaum jemand an die AHA-Regeln hält: es sind auch keine Abstände möglich in dem dichten Gedränge auf der Löwenbrücke, in der Domstraße, Langgasse, Schustergasse oder auch Eichhornstraße und werden auch nicht, bewusst oder unbewusst, eingehalten. Dazu ist unter 20 Passanten höchstens einer, der eine FFP2-Maske trägt. Wie sehr die Geimpften hier eine hohe Ansteckungsgefahr für die Nicht-Geimpften, aber auch Geimpfte, darstellen, beleuchtet ein Bericht in der Main-Post vom 21.08.21, kommentiert vom Virologen Professor Lars Dölken, und beunruhigt uns alle. Es ist im höchsten Maß verantwortungslos von den Voll-Geimpften, sich nicht mehr an die Regeln zu halten, die das RKI als „AHA-Regeln“ vorgibt, und mit ihrem Verhalten die Inzidenzen in die Höhe treiben.