Wer nichts zu verbergen hat…(Teil II)

Von der Naivität beim Umgang mit Daten (Teil II)

  1. Alles nur für Werbung und Bequemlichkeit?

 Dass Werbung wichtig und unerlässlich ist für die Unternehmen, die ihre kapitalistische Überproduktion ja auch verkaufen müssen, bleibt natürlich unbestreitbar. Allerdings muss man sich, gerade wenn man einen etwas arglosen Blick auf die Werbung hat, darüber klar sein, dass es NICHT darum geht, welches Produkt im Konkurrenzkampf um den Kunden gewinnt, sondern darum, die Leute zu andauerndem, nach dem kapitalistischen Credo auch immer anwachsenden Konsum zu erziehen. Da hat man auch keine Skrupel, mitten in die Diskussion um die Umweltverträglichkeit des Wegwerfkonsums Aktionen wie den sog. Black Friday zu starten, bei denen man den Kunden die Lagerinhalte praktisch vor die Füße wirft (pikanterweise am selben Tag, an dem auch weltweit Klimaschutzdemos stattfanden). Bei vielen Menschen ist die Erziehung zum Konsumdeppen schon so weit fortgeschritten, dass die Suche nach neuen Produkten bzw. „Schnäppchen“ im Internet zur täglichen Routine geworden ist.

Dass sich mit Hilfe von gesammelten Daten nicht nur das Konsumverhalten der Menschen beeinflussen lässt, sondern auch deren politische Haltung durch diverse Manipulationsmechanismen, ist inzwischen unbestreitbar. Genutzt werden diese Mechanismen von mehr oder weniger üblen Parteien (vielleicht auch von allen) und vor allem von den großen Plattformbetreibern. Wie wichtig denen das ungestörte Datensammeln ist, konnte man in den letzten Wochen beobachten, wo in ALLEN Medien aberwitzig teuere Good-will-Anzeigen geschaltet wurden, um den Leuten vorzugaukeln, ihre Daten seien bei den Plattformbetreibern gut aufgehoben.

Diese Werbeaktion hat übrigens vor Augen geführt, dass Geld bei diesen Konzernen offensichtlich in unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.

Das Großkapital in den USA ist – noch deutlicher als sonstwo – der Auffassung, die Steuerung der Weltläufte selbst in die Hand nehmen zu sollen. Man vermeidet weitestgehend das Zahlen von Steuern und lenkt den Laden lieber selbst mit Hilfe von Stiftungen, Stipendien, Spenden und anderweitigen Geldzahlungen. Das war schon bei Bill Gates Methode. Und auch der hatte bereits Visionen einer netz- und damit kapitalgesteuerten „besseren“ Welt. Warum nimmt eigentlich niemand ernst, wenn Goggle oder der Zuckerberg ihre viel weiter gedachten Weltvisionen ausposaunen? Im Augenblick scheint es lediglich die gegenseitige Konkurrenz zu sein, die sie ausbremst, Kapitalmangel ist es sicher nicht.

Möchte man wirklich in einer Welt leben, die nach den Vorstellungen dieser Konzernherren eingerichtet ist? Philosophie, Ideale, Werte, Nachdenklichkeit usw. haben hier allenfalls eine von oben zugewiesene Rand- bzw. Alibi-Existenz. Der teils hoch gelobte Roman „Der Circle“ von Dave Eggers gibt davon übrigens nur einen reichlich schwachen und auch fehlerhaften Eindruck…).

  1. Den Stecker ziehen?

Es mag viele Leute geben, die die bisherigen Ausführungen für kulturpessimistisch, destruktiv, modernitätsfeindlich halten. Diese seien auf einen letzten Aspekt hingewiesen:

In der Dauerdiskussion um die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ wird, meist beim „autonomen Fahren“, als Vorzug besonders bei letzterem genannt, dass damit die größte Fehlerquelle, nämlich der Mensch, ausgeschaltet sei. Dummerweise übersieht man dabei, dass sowohl die Algorithmen als auch die Daten, mit denen die KI arbeitet, von Menschen entworfen bzw. eingegeben werden und somit natürlich auch fehleranfällig sind. Entwickelt man die KI so weit, dass sie wirklich selbst Daten verknüpfen und daraus folgernde „Entscheidungen“ treffen kann, ist die Gefahr gar nicht so gering, dass diese auf Basis fehlerhafter, vom Menschen eingegebener Prämissen stattfinden. Man muss schon arg katholisch sein um zu glauben, dass im Fall so entstehender katastrophaler Fehlentscheidungen jemand in der Lage wäre, rechtzeitig den Fehler zu entdecken und einen resultierenden verhängnisvollen Prozess zu stoppen. Da hälfe wohl nur noch, den Stecker zu ziehen.

Wird aber nicht gehen. Je mehr Abläufe – von der Heizungssteuerung über die Versorgung mit Lebensmitteln, die Fahrpläne der Bahn bis hin zur Einsatzbereitschaft von Waffensystemen – vom Auswerten vernetzter gesammelter Daten abhängig sind, desto unmöglicher wird es werden, genau diesen Datenfluss zu unterbrechen. Der Kollaps aller Systeme, auf denen die technisierte Welt beruht, wäre die Folge.

Reichlich naiv haben wir zugesehen, wie uns dieser Stecker, den es eventuell zu ziehen gälte, längst genommen wurde.

 

 

 

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