So die AfD stoppen?

Umfragen der ARD nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen machten deutlich, dass keiner der Befragten eine auch nur annähernd sinnvolle Antwort auf die Frage fand, warum er AfD gewählt habe. Einer meinte „Ja, was soll ich jetzt dazu sagen?“, andere erklärten, es müsse sich was ändern (was auch immer…) oder gar, eine Partei, die so viele stimmen hat, sollte auch regieren: „Sie sollen es probieren, entweder sie fahren es an die Wand oder sie können es“ (auch was auch immer).

Wie das „Ausprobieren“ bei der NSDAP ausgegangen ist, sollte man eigentlich wissen.

Angesichts so viel Inhaltslosigkeit klingt der (berechtigte) Vorwurf, die alten (West-)Parteien hätten sich Jahrzehntelang im Osten nicht blicken lassen, fast schon wie ein Argument. Man hat den Osten von Anfang an in der praktischen Politik den Rechten überlassen, aus Überheblichkeit oder weil es die paar Wählerstimmen im Osten nicht wert schienen, sich um sie zu kümmern.

Geradezu sprachlos macht einen jedoch, wie diese Parteien jetzt auf das Wahlergebnis reagieren: Abschieben, abschieben und nochmals abschieben, als gäbe es gar keine anderen Probleme mehr. Selbst nach Afghanistan, das so weit weg von einem menschlichen Staat ist, das man mit dem Regime nicht einmal sprechen mag.

Die Abschiebung von 28 (!) Afghanen wird gefeiert wie ein nationaler Feiertag. Und das Ergebnis? Die Menschen im Osten sprechen der AfD plötzlich Kompetenzen zu. Man muss sich nicht wundern: Wenn die anderen Parteien jetzt alle das wollen, was die AfD seit Jahren fordert, muss diese ja recht gehabt haben. Selbst Schulden- und auch sonst alles -bremse Lindner, der es tatsächlich geschafft hat, dass die FDP nur noch von Rechtsanwälten und Zahnärzten gewählt wird (knapp 1,1%), ausgerechnet der „ermahnt“ die Koalition, diesbezügliche „Versäumnisse“ schleunigst nachzuholen (28 Syrer vermutlich…).

Auf die West-Parteien sollte man also besser nicht hoffen. Bleibt die sogenannte Zivilgesellschaft.

Leider gibt auch diese nicht gerade Anlass zur Hoffnung: Hat man beispielsweise in Würzburg im Frühjahr noch eine mächtige Demonstration gegen rechts auf die Beine gestellt, erwies sich eine Veranstaltung am Tag nach den Landtagswahlen im Osten als ziemlicher Flop.

Angekündigt in der Presse war eine Demonstration, zu der die Grüne Jugend, die Jusos, die Jugendorganisationen von Verdi und der GEW und die Omas gegen rechts aufgerufen hatten.

Am Veranstaltungsort stellte sich heraus, dass man keine Demonstration angemeldet hatte, sondern lediglich eine Kundgebung, bei der sich rund zweihundert Leutchen in der Fußgängerzone verloren. Und leider ist auch kein einziger Passant stehengeblieben, um sich anzuhören, was da gesprochen wird.

Was nicht verwundert.

Eine Kundgebung besteht darin, dass jemand etwas kund tut, also redet. Wenn es den Veranstaltern aber nicht mal gelingt, ein kleines Podest oder wenigstens einen Hocker aufzutreiben, damit man die Redner sehen kann, hilft auch ein immerhin einigermaßen funktionierender Lautsprecher nichts.

Dann sprechen drei Leute – und sagen inhaltlich viel Richtiges. Dennoch bleibt die Stimmung irgendwo in der Mitte zwischen Entspanntheit und Desinteresse – etliche Kundgebungsteilnehmer beginnen sich zu unterhalten.

Liebe junge Leute jenseits der 30%  AfD-Wähler: Schön, dass es euch gibt! Aber man erreicht Menschen auf der Straße nicht, indem man sein Anliegen herunterliest wie ein Kassenwart seinen Rechenschaftsbericht. Man erreicht sie auch nicht, wenn man eine völlig unstrukturierte Rede hält, in der sich die inhaltlichen Punkte teils drei Mal wiederholen, statt den wichtigsten ordentlich hervorzuheben, hier z.B. die Lüge, die AfD sei eine neue Arbeiterpartei. Das ist doch wichtig, das muss man ausbauen (und nicht die Argumente dazu herunterrattern wie ein in der Schule unwillig auswendig gelerntes Gedicht)!

Und wenn dann die Omas am Schluss ihr traditionelles Liedchen anstimmen, hat man auch nicht den Eindruck, dass das eine Methode sein könnte, die AfD zu stoppen.

Es ist eigenartig: Da geht es um nichts weniger als um den Erhalt der Demokratie. Aber anstatt dieses Anliegen mit der gebotenen professionellen Schärfe und Eindringlichkeit in der Öffentlichkeit auszutragen, hechelt die eine Seite (die Politik) den Rechten hinterher und die andere Seite (die Zivilgesellschaft) macht eine Veranstaltung, als ginge es um einen Protest gegen erhöhte Schwimmbad-Gebühren.

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