Die Weltlage ist zurzeit ganz schön praktisch: Immer wenn irgendwo eine Sauerei passiert, weiß man gleich, wer schuld ist: Putin natürlich.
Freilich ist diesem Ich-jage-Bären-mit-freiem-Oberkörper-Nationalisten manches zuzutrauen. Aber auch alles, was der Möchtegern-Thatcher in England einfällt, um von ihrem innenpolitischen Desaster abzulenken?
„Wir geben Russland die Schuld“ am Giftgasanschlag in Salisbury, erklärt sie und fordert sofort den gesamten Westen zur „Solidarität“ auf, um in den Tagen drauf ein verwirrenderes „Argument“ nach dem anderen nachzuschieben:
Das Gas sei in Russland hergestellt worden – später wurde verschämt korrigiert: in der ehemaligen Sowjetunion – , also sei Russland verantwortlich für den Anschlag. Ist dann eigentlich auch Deutschland verantwortlich für die toten Kurden und Jemeniten, die gerade von in Deutschland hergestellten Gewehren und Panzern umgebracht werden?
Außerdem habe Russland nicht auf das von England gestellte Ultimatum (!) zur Kampfstoffproduktion reagiert, was doch klar zeige, dass es etwas zu verbergen habe. Ich behaupte hiermit, Frau Mey hat einen an der Waffel und fordere sie auf, bis übermorgen ein nervenärztliches Attest vorzulegen, da ich ansonsten gesichert annehmen müsste, dass es in ihrem Kopf einigermaßen rappelt.
Eine ordentliche Sprachregelung zum Motiv Russlands hat man noch nicht gefunden. Eine hübsche Idee: Da es sich bei dem Veranschlagten um einen aufgeflogenen Doppelagenten handelt, habe Putin demonstrieren wollen, dass Verräter bestraft werden. 19 Jahre nach seiner Auslieferung an England! Da hat er aber lange nachdenken müssen.
Schwierig ist auch zu erklären, wie das Zeug von Russland nach England gekommen sein soll, da doch Putin in jüngster Zeit gar nicht da war (zumindest kann der englische Geheimdienst einen solchen Besuch nicht bestätigen). Wäre er dagewesen, hätte er das Gift natürlich im Griff seines Hirschfängers mitgebracht. So aber hat es der russische Geheimdienst der Tochter, die ihren Papa besuchen wollte, in Moskau heimlich in den Koffer gepackt. Da kann der russische Geheimdienst aber froh sein, dass beim Auspacken der Papa ganz in der Nähe gewesen sein muss, sonst wäre das arme Mädchen doch gar nicht mehr in der Lage gewesen, ihn mitzuvergiften mit dem „schweren Kampfstoff“. Der noch nicht mal richtig funktioniert. Ist Putin auch noch ein Pfuscher? Denn dass er das Zeug eigenhändig zusammengerührt hat, daran kann doch wirklich kein ernsthafter Zweifel bestehen.
Auch nicht an der Tatsache, dass er jetzt in der nordöstlichsten Ecke Sibiriens steht, mit dick aufgeblähten Backen, und uns aus Rache für die Sanktionen seine scheißeiskalte sibirische Luft rüberbläst, der Ex-KGBler, äh, also Teufel.
Vielen Dank für Ihre klare Einschätzung dieses vorgeschobenen Schauspiels der Briten.
So kurios (und lustig) mir diese Anschuldigungen zuerst vorkamen, so sehr besorgt mich doch die prompte Ausweisung russischer Diplomaten aus der Hälfte der EU Länder, darunter auch aus Deutschland.
Natürlich ist Russland keine Demokratie. Natürlich vertritt Präsident Putin in seiner Außenpolitik immer zuerst russische Interessen.
Aber wird durch solche sinnlosen Provokationen der viel gepriesene und als höchstes Ziel ausgegebene „Friede in Europa“ nicht etwas leichtfertig aufs Spiel gesetzt?
Ihre Meinung zu dieser Frage würde mich sehr interessieren.
Lieber Pascal,
danke für deinen Kommentar. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich die Antwort hier veröffentliche (bringt vielleicht ein bisschen Leben rein).
Dass der Staatschef einer Großmacht die Interessen seines Landes zu vertreten hat, äußerte auch Obama sehr deutlich. Diese Meinung muss man nicht unbedingt teilen, sie aber nur Putin vorzuwerfen, ist unredlich.
Diplomaten auszuweisen auf Grund eines VERDACHTS (Man gibt ja selbst zu, dass es nur ein Verdacht ist), zeigt meiner Meinung nach, dass man demonstrieren will, dass man Russland (Putin) in seinem Bestreben, wieder eine anerkannte Weltmacht zu werden, in (die westlichen) Schranken weisen will – und dass man sich seiner Stärke so sicher ist, dass man es nicht einmal für notwendig hält, dafür plausible Begründungen vorzubringen.
Mag jetzt hart klingen, erinnert aber schon ein bisschen an die Strategie der Nazis (und der AfD): Wir liefern euch Erklärungen, die so unglaubwürdig sind, dass sie nur dazu dienen, zu demonstrieren, dass wir keine echten Erklärungen für nötig halten.
Interessant in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass der Westen (die NATO) mit großer moralischer und politischer Keule auf das (teils angebliche) Vorgehen Russlands auf der Krim und in der Ostukraine reagiert, aber mit Achselzucken hinnimmt, dass NATO-Mitglied Türkei Teile Syriens völkerrechtswidrig okkupiert.
Ein Krieg in Europa wird deswegen nicht ausbrechen, dafür ist allen das Risiko zu groß. Aber es ist schon zum Heulen, dass selbst westdeutsche Journalisten in der ARD mit einem fast befriedigtem Lächeln verkünden, der Kalte Krieg sei zurück.
Warum das so ist, hier öffentlich zu diskutieren, würde natürlich zu weit führen.
Mein Einverständnis zur Veröffentlichung haben Sie natürlich.
Diese Haltung enttäuscht mich ebenfalls. Ich glaube zwar auch nicht an einen heißen Krieg, aber daran, dass man die Hoffnungen auf ein in Zukunft besseres Verhältnis zu Russland durch solche Beschuldigungen fahrlässig zunichte macht.
Vielen Dank für Ihre Antwort, ich schätze es sehr durch diesen Blog an Ihren Gedanken zu aktuellen politischen Themen teilhaben zu können.