Putin hat’s wieder gerichtet…

Natürlich zieht der Präsident eines autoritären Regimes, besonders, wenn er gefühlt 100 Jahre an der Macht ist, jede Menge Kritik auf sich – und meistens zu Recht. Eher mild fällt diese Kritik aus, wenn es sich bei dem betreffenden Land um einen NATO-Partner wie die Türkei oder gar ein EU-Mitglied wie Ungarn handelt. Da kann man über reihenweise Menschenrechtsverletzungen mit Todesfolge schon mal hinwegsehen. Kann ja mal passieren.

Ist man aber Chef des Lieblingsgegners der NATO, die sich ihre alten Feindbilder einfach nicht abgewöhnen will, sieht das natürlich ganz anders aus. Für einen angeblichen oder auch echten Giftanschlag auf den Oppositions-Rechtsaußen in Russland, Nawalny, wird mit großer Selbstverständlichkeit die Regierung, gerne auch Putin persönlich verantwortlich gemacht. Schlimmer als jeder NATO-Sprecher reiht der SPIEGEL in übelster hauseigener Manier Vorwurf an Vorwurf, um am Ende der Artikel kleinlaut eingestehen zu müssen, dass alles nur Vermutungen sind, für die es leider keinen einzigen Beleg gebe. Dennoch ist Putin schuld: Schließlich habe der ein System aufgebaut, in dem solche politischen Morde geschähen.

Ist dann Merkel auch schuld an den NSU-Anschlägen, den Überfällen auf jüdische Synagogen und ausländerfreundliche Politiker oder solche mit ausländischen Wurzeln?

Offensichtlich geht es um zwei Dinge: Zum einen soll Russland möglichst schwach gehalten werden, weshalb man für alles, was an Negativem dort passiert, das Regime verantwortlich und es zum Anlass für neue Wirtschaftssanktionen macht. Auch wenn die Schuldzuweisung noch so fragwürdig hinkonstruiert wird. Nawalny selbst hat mehrfach geäußert, dass die Regierung ziemlich bescheuert wäre, ihn umzubringen, da sie sich damit ja nur jede Menge Ärger und Widerstand in der Bevölkerung einhandle und seine Anhänger motiviere. Der russischen Regierung selbst scheinen die Vorwürfe wirklich recht absurd vorzukommen, sonst würde sie nicht mit der ebenfalls grotesken, aber letztlich auf derselben Ebene der Niveaulosigkeit daherkommenden Replik antworten, dass Nawalny vielleicht in der Charité Gift zugeführt wurde.

Wahrscheinlicher ist VIELLEICHT folgende Variante:

Nawalny war nach Aussage von Begleitern vor dem Flug aus Sibirien mit gut einem Dutzend „Freunden und Beratern“ zusammen. Wenn man weiß, dass es in Russland bis weit in intellektuelle Kreise hinein eine teils geradezu göttergleiche Verehrung für Putin gibt, jede Menge Menschen, die tatsächlich daran glauben, Putin würde alle ihre Probleme lösen – und dies mit der bekannten Tatsache zusammenführt, dass es in diesem Land weit verbreitete Strukturen von hoher Skrupellosigkeit gibt, könnte man auch auf die Idee kommen, dass der ominöse Tee in dieser Ecke angerührt wurde.

Vertreter der deutschen Wirtschaft finden das alles eh nicht so schlimm. Sanktionen haben in diesem Fall nämlich das Problem, dass sie die eigenen Geschäfte stören könnten. Also finden sie, dass zum Beispiel Nord-Stream 2 mit den Verbrechen in Russland nichts zu tun hätten. Das Gas könne ja schließlich nichts dafür.

Die NATO und Trump, die ja schon immer behaupten, Deutschland würde sich mit dieser Gas-Pipeline in die völlige Abhängigkeit von Russland stürzen, sehen das natürlich anders. Prompt schlägt man als „Sanktion“ vor, die Pipeline nicht zu Ende zu bauen. Schon hat’s Putin wieder gerichtet: So hat man zum andern endlich einen vorzeigbaren Grund, um dem inzwischen erfahlten Verrückten in Washington, der gerne sein Fracking-Gas nach Europa verkaufen möchte, in den A… zu kriechen.

„Wenn sie (russische Politiker) ihn hätten töten wollen, hätten sie ihn getötet“, wird ein russischer Arzt in der Moskauer Presse zitiert.

Erstaunlich ist schon, dass sich ausgerechnet Putin und seine Helfershelfer bei ihren Mordanschlägen immer so dämlich anstellen.

Ein Gedanke zu „Putin hat’s wieder gerichtet…“

  1. Anstelle eines Kommentars dieser Leserbrief an die Main-Post, der aber bisher nicht veröffentlicht wurde:
    „Zum Artikel „Ruf nach Sanktionen gegen Russland“ vom 04.09.2020:
    Klangen noch vor wenigen Tagen die Rufe von FDP und Grünen uns laut in den Ohren, den USA wegen ihrer wiederholten Drohungen und Sanktionen gegen Unternehmen, die Stadt Sassnitz sowie des Abzugs amerikanischer Soldaten aus Deutschland, endlich die „klare Kante“ zu zeigen und auf keinen Fall ein Ende des Ausbaus von Nord-Stream 2 zu beschließen, tönt es jetzt völlig anders.Unisono rufen die Parteivorsitzenden dieser Oppositionsparteien wegen „Vergiftung des Kremlkritikers Nawalny“ nach Sanktionen gegenüber Russland und gerade jetzt ein Ende vonNord Stream 2. Trump, dem nichts lieber ist als ein solches Ende von Nord-Stream 2, lacht sich ins Fäustchen. Spekulativ könnte man jetzt sogar fragen, ob Trump bei dieser üblen Sache sogar seine Hände bzw. seinen Geheimdienst mit im Spiel hatte. Zuzutrauen wäre es ihm.Auf jeden Fall, dies muss man konstatieren, wäre ein Ende der Gaspipeline eine offensichtliche Sanktion gegenüber den beteiligten deutschen Unternehmen sowie ein Einverständnis mit den von Trump beabsichtigten Fracking-Gas-Lieferungen nach Deutschland: Fracking-Gas, dessen Förderung bei uns aus Umweltschutzgründen verboten ist!

    Liebe Grüße

    József Bogár

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