Professionelle Politamateuere

Da hat sich der Herr Innenminister aber wieder mal was Hübsches einfallen lassen: Weil ein CSU-Landtagsabgeordneter bei einer Bürgermeisterwahl in einem unterfränkischen Dorf seinen Stimmzettel fotografiert und gepostet hat, hat der Herr Minister die Bundeswahlordnung dahingehend modifiziert, dass ab sofort Fotografieren in der Wahlkabine verboten ist.

Natürlich ist das Fotografieren und Posten von Stimmzetteln genauso bescheuert wie das Mode gewordene penetrante Posten von Bildern des eigenen Mittagessens. Wobei diese Bilder manchmal ja wenigstens noch ganz nett ausschauen und Appetit machen können. Ob ein Stimmzettel attraktiver wird, weil jemand dort sein Kreuz bei der CSU gemacht hat, sei mal dahingestellt.

Für Kabarettisten oder Büttenredner attraktiv dürfte die Begründung für dieses Verbot sein, vorgetragen von einem Ministeriumssprecher: Wenn jemand real gefragt werde, was er gewählt habe, dürfe er lügen, wegen Wahlgeheimnis und so. Da schau her! Vielleicht erlaubt ihm das Wahlgeheimnis ja auch, einfach die Klappe zu halten? Und was macht der Minister, wenn ein Fotografiersüchtiger seinen Wahlzettel fotografiert und daheim per Bildbearbeitung ein alternatives Faktum schafft vor dem Versenden, also virtuell lügt – wegen Wahlgeheimnis und so?

Vollends amateurhaft sind die Ausführungsbestimmungen: Der örtliche Wahlvorstand habe jemanden, der „in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat (…) zurückzuweisen“. „Wer erwischt wird, darf nicht an der Bundestagswahl teilnehmen“, erläuterte der Sprecher.

Erstaunlich. Vielleicht bin ich ja blauäugig, aber heißt Wahlgeheimnis nicht eher, dass man beim Wählen nicht beobachtet werden darf, als dass man hinterher lügen darf? Oder steht der Wahlvorstand jetzt großohrig am Vorhang und lauscht, ob  er ein Klicken hört? Und dann? Hat der – in der Regel ehrenamtliche – Wahlvorstand dann das Recht, das Handy zu durchsuchen, um Beweise zu finden? Und dann meinen Stimmzettel zu zerreißen?

Das möchte ich mal erleben, wie ein ehrenamtlicher Wahlvorstand jemandem wegen unerlaubten Fotografierens ein Grundrecht verweigert, das in der Regel selbst Kriminellen nicht aberkannt wird.

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