Kein Scherz, aber ein schlechter

Natürlich denkt man zuerst, jetzt habe der FDPler mit dem größten Schaden an der Waffel auch mal was sagen dürfen und das vermutlich in volltrunkenem Zustand:

Kostenlose Autoparkplätze in den Innenstädten, weniger Fußgängerzonen und Fahrradstraßen, so der „Zukunftsplan“ der FDP.

So voll zurück in die 60er, dass selbst der immer abgasbenebelte ADAC sich mit den Vorschlägen nicht richtig anfreunden kann: Radfahrer und Fußgänger sollten natürlich AUCH ihre Berechtigung in den Innenstädten haben.

Ansonsten hielten die meisten Kommentatoren diesen „Plan“ entweder für einen schlechten Witz oder eine individuelle Entgleisung, wohl auch verleitet durch die eigenartige Scheinlogik in der Begründung: Dem Einzelhandel ginge es besser, wenn Autos umsonst in den Innenstädten parken dürften. Richtig. Den Autobauern ginge es theoretisch auch besser, wenn sie für ihre Verbrenner nicht so lästige – und nur teuer zu umgehende – Umweltauflagen erfüllen müssten und die Bauern hätten es auch leichter, wenn sie tonnenweise Pestizide legal auf ihren Feldern ausbringen dürften.

Vermutlich aber glaubt diese Logik noch nicht einmal die FDP selbst: Man mag sich die von Autos verstopften Innenstädte am Samstagmorgen ja gar nicht vorstellen, und sowohl den Auto- wie auch den Rübenbauern liefe wohl letztlich die Kundschaft weg.

Dass der „Plan“ jetzt kurz vor den Landtagswahlen im Osten und vom Generalsekretär verkündet wurde, dürfte allerdings wohlkalkuliert – und Ausdruck der puren Verzweiflung der FDP sein:
Die Umfragewerte der Partei im Osten sind eine Katastrophe und man kann nicht damit rechnen, liberaldemokratisch denkende Menschen zur Stimmabgabe für sie zu bewegen. Also hat man offensichtlich beschlossen, verstärkt in ganz trüben Gewässern zu fischen, im Wählerpotential der AfD. Dort tummeln sich neben Nationalisten (was Teilen der FDP ja auch ganz nahe liegt) besonders viele Klimaleugner und Grünen-Feinde. Anders als im Westen sieht sich die FDP hier auch genötigt, die Politik „für den kleinen Mann“ zu entdecken, kurz, sich als die bessere AfD zu verkaufen.

In denselben Gewässern fischt neuerdings ja auch das BSW. Traurigerweise reicht das Stimmenpotential eigentlich für alle drei, aber es ist nicht zu erwarten, dass die Menschen im Osten der FDP ihr neu entdecktes soziales Bewusstsein abkaufen – zumal diese auf Bundesebene ja weiter eine erhebliche Kürzung des Bürgergelds fordert.

Für die Parteien des demokratischen Spektrums kann die Lehre aus diesem Vorstoß nur sein: Es ist nicht klug, sich auf Koalitionen mit einer Partei einzulassen, deren einziger politischer Programmpunkt das eigene Überleben ist, koste es, was es wolle.

Auch auf Bundesebene scheint ein wahltaktisches Manöver eingeleitet zu sein: Mit Vorschlägen, die auf direkte Konfrontation mit den Koalitionspartnern aus sind, entzweit man die Koalition bewusst immer mehr, um sie (möglichst kurz vor der Wahl, dann steht man auch nicht als „Kanzlermörder“ da) platzen zu lassen. Dann kann man aus der Opposition heraus die „verantwortungslose“ Politik von SPD und Grünen anprangern und als vermeintlicher Retter der „bürgerlichen Freiheiten“ wahlkämpfen.

Wie war das noch einmal? Lieber nicht regieren als schlecht regieren? Die FDP 2024 ist einen Schritt weiter, das muss man erst einmal hingekommen: Gleichzeitig schlecht UND nicht zu regieren…

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