Einfach pervers

Der Job des Lobbyisten ist es, mit so ziemlich allen Mitteln die Interessen seiner Klientel zu vertreten. Neuerdings weiß man, dass dazu auch größtmögliche Verantwortungslosigkeit gehört.

Dass die Industrielobbyisten mit Abwanderungen drohen und dem Verlust von Arbeitsplätzen, dass man bis in den Bundestag eindringt und den Parlamentariern selbstverfasste Gesetzesentwürfe unterjubelt, dass die Bauern spätestens nach sechs Tagen Sonnenschein am Stück Ersatz für Ernteausfälle wegen Trockenheit verlangen, ja, dass die Autoindustrie sogar versucht, verübte milliardenschwere Betrügereien zu vertuschen, das alles ist man gewohnt. Was aber jetzt alles unter dem Vorwand der Coronakrise nach Staatsunterstützung, sprich nach Steuergeldern schreit, ist schon dreist.

Klar brauchen familiengeführte Gastronomieunternehmen, brauchen selbstständige Künstler, denen jetzt sämtliche Einnahmen wegbrechen, Unterstützung, genauso wie Studenten, die auf Nebenjobs angewiesen sind, die sie nicht mehr bekommen und viele andere mehr.

Aber sollten Hotelkonzerne nicht in der Lage gewesen sein, für ein bis zwei Monate Ausfall Vorsorge zu treffen? Muss wirklich der Steuerzahler dafür einstehen, wenn der Zahnarzt sein monatliches Einkommen, das noch deutlich über dem niedergelassener Ärzte liegt, verprasst statt Reserven aufzubauen?

Selbst die Autoindustrie, die von ihren Betrugsgewinnen nur einen Bruchteil via Strafzahlungen und Entschädigungen zurückzahlen muss, lässt ihre Arbeiter inzwischen über die Kurzarbeit-Regelung überwiegend vom Staat bezahlen und ist dreist genug, schon wieder eine sogenannte „Abwrackprämie“ zu fordern. Der Staat soll also mit Steuergeldern dafür sorgen, dass die Leute ordentliche, funktionierende Autos verschrotten lassen, um sich neue zu kaufen.

Noch nicht so dreist, Geld zu fordern, aber sehr gewitzt beim Versuch, ihr niedliches Hobby weiterführen zu können, ist die Lobby der „Sportflieger“. Das Verbot von Sportvereinsaktivitäten müsse für sie aufgehoben werden, da sie nur so ihrer „gemeinwohlorientierten Rolle als Stütze gesellschaftlichen Zusammenlebens gerecht werden“ (Website des Deutschen Aeroclubs) könnten. Zudem sei zu überprüfen, ob ihre Flugplätze tatsächlich als Sportplätze im Sinne der Corona-Erlasse einzuordnen seien. In Wahrheit, kann man da im Hintergrund mitdenken, starten und landen die Sportflieger auf schlichten Kuhwiesen, die systemrelevant sind, weil Viehfutter.

Von hier ein kleiner Trost an die Hobbyflieger: Euer Freizeitleidensdruck wird doch schon gemildert, weil die Golf- und Tennisplätze wieder freigegeben werden.

Neben der gefühlt vierundsechzigsten Gaststätte, die in Corona-Schwierigkeiten steckt, hatte die legendäre Sendung „ARD extra“ letzte Woche den absoluten Knüller zu bieten: Ein Krankenhaus in Not. Nicht etwa, weil es wegen der Pandemie überlastet wäre, im Gegenteil: Traurig blickte dessen Verwaltungschef auf eine Reihe leerstehender Betten und beklagte, dass diese wegen eines eventuellen Andrangs von Corona-Patienten freigehalten würden, das Krankenhaus somit unterbelegt sei und unter die Wirtschaftlichkeitsgrenze rutsche.

Eine Gesellschaft, in der wegen leerstehender Krankenhausbetten gejammert wird, ist einfach nur pervers.

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