Mitte Dezember hatte die bayerische Kultuskatastrophe Piazolo noch versprochen, die Lernplattform „Mebis“, deren grundsätzliche Untauglichkeit längst vor der Pandemie erwiesen und auf die auch immer wieder hingewiesen war, über die Weihnachtsferien zu „ertüchtigen“. Das Ergebnis der Ferienaktivitäten ist im Corona-Blog des Bayerischen Rundfunks nachzulesen:
„Dass die von Piazolo angekündigte Ertüchtigung von Mebis wirkt, darauf scheint der Minister aber selbst nicht zu vertrauen. Die Schulen sollen sich gestaffelt nach Zeiten einloggen dürfen. Je nach Schulnummer also um 8:15 Uhr, um 8:30 Uhr und so weiter.“
Hier wird ein Minister zitiert, der mit der Schulpolitik in Bayern beauftragt ist! Wir nehmen ihn ernst:
Obwohl „Mebis“ für alle Schularten konzipiert ist, beschränken wir uns bei der Untersuchung von Piazolos Vorschlag auf die Gymnasien und Fachoberschulen, das reicht:
Wenn sich Schulnummer 1 (das Leibniz-Gymnasium in Altdorf) am Montag um 8.15 Uhr einloggen darf (um 8.00 werden vermutlich erst die Server hochgefahren), kommt Schulnummer 2 (die Schule der Englischen Fräulein in Altötting) um 8.30 Uhr dran. Um halb zehn ist dann auch schon das Max-Reger-Gymnasium in Amberg an der Reihe, abends um 21.30 Uhr dürfen sich die Schüler aus Burgkunstadt (Schulnummer 46) einloggen.
Dann wird geschlafen.
Dienstag um 8.15 Uhr: Kurfürst-Maximilian-Gymnasium (!) Burghausen.
Wenn man den Betrieb täglich bis 21.30 Uhr aufrechterhält, dürfen pro Tag immer ca. 50 Schulen dazustoßen. Das Gymnasium Wolznach (Schulnummer 973) wäre so ungefähr am 2. Februar dabei – die zu erwartenden Abstürze nicht eingeplant.
Am 7.1. erklärte der Minister, er verstehe die ganze Aufregung um „Mebis“ nicht, man könne schließlich ja auch andere Lernplattformen nutzen. Die Schulleiter, die sich darauf verlassen haben, dass die einzige für die Schulen kostenfreie und ohne zusätzlichen Softwareaufwand nutzbare Plattform nach den Ferien wie versprochen funktioniert, werden’s gerne lesen.
Für die hat der Minister einen verblüffenden Vorschlag. Man könne ja auch einfach zum Telefon greifen.
Ein bayerischer Gymnasiallehrer hat im Regelbetrieb pro Tag durchschnittlich 5 Stunden Unterricht in Klassen mit durchschnittlich 27 Schülern. Er unterrichtet also 135 Schüler am Tag. Wenn er mit jedem von denen nur 5 Minuten am Tag sprechen will, ist er 11 Stunden und 15 Minuten beschäftigt, Wählzeiten oder etwa sowas wie Pausen gar nicht eingerechnet. Und jeder Schüler hat den Genuss von 5 Minuten Lehrerkontakt pro Tag.
Oder meint er – modern – Unterricht in Whatsapp-Gruppen mit 27 Schülern? Zuzutrauen ist ihm inzwischen ja selbst das.
„Ich möchte nicht du sein“, sagt Luise Miller in „Kabale und Liebe“ voller Verachtung zu Staatssekretär Wurm.
„Ich möchte nicht bayerischer Lehrer sein – und Schulleiter gleich gar nicht!“, kann man sich da nur mitleidig anschließen.