Die e-Bär

„Lufttaxi fliegen“ möchte laut Main-Post-Interview die neue „Staatsministerin für Digitalisierung“, Dorothee Bär. Schön, dass sie gleich so deutlich macht, welche Interessen sie als „Ministerin“ bedienen will: Ihre eigenen und die der Wirtschaft bzw. der finanzkräftigen Oberschicht. Andere Schichten, z.B. die der Schichtarbeiter, wären ja schon froh, wenn sie sich gelegentlich mal ein ordinäres Bodentaxi leisten könnten.

So nimmt es auch nicht Wunder, dass sich laut Mainpost (16.3.2018) „Experten in Wirtschaft und Parteien“ über eine „kompetente Ansprechpartnerin“ freuen. Diese Kompetenz dampfplaudert ihr im folgenden Interview auch mächtig aus dem Mund:

Kompetenzstufe 1:

Alle Schüler sollten Programmieren lernen, fordert sie. „Programmieren soll eine der vier Grundfertigkeiten sein.“ Neben Lesen, Schreiben und Rechnen. Großartig! Deutschland ein Volk von 80 Millionen Stümperprogrammierern. Ungefähr so sinnvoll wie 80 Millionen Vergaser-Spezialisten oder Meteorologen. Muss ich ein Auto bauen können, um mit ihm zu fahren?

Kompetenzstufe 2:

Ihre Oma hat ihr erzählt, wie groß die Aufbruchsstimmung nach dem zweiten Weltkrieg war wegen der Not. Jetzt sind die Deutschen einfach zu satt und deshalb nicht mehr mutig. (Den logischen Schluss daraus zu ziehen, gehört nicht zu dieser Kompetenzstufe.)

Kompetenzstufe 3:

Datenschutz sei eine Idee aus dem 18. Jahrhundert (!) und einfach vollkommen hemmend für „Geschäftsmodelle“. „Datensouveränität“ bedeute, dass der Bürger erfahre, „wer wann, wie und zu welchem Zweck auf meine Daten zu“greift. Das schaffe Vertrauen.

Kompetenzstufe 4:

Die e-Medizin. Sie kennt eine Familie (nein, diesmal nicht die Oma), da hat die Tochter, Diabetikerin, einen Chip unter der Haut und wird gewarnt, wenn sie unterzuckert ist. Frau Bär schließt daraus, dass es auch ganz toll wäre, wenn man sich bei Herzrhythmusstörungen „selbst mit [seinem] Tablet verkabeln und so das EKG regelmäßig selber ablesen“ kann. Jepp! Mein EKG schaut ziemlich tödlich aus. Gut, dass ich die Info habe.

Kompetenzstufe 5:

Der e-Sport, olympisch. „Computerspielen schult die Konzentration und die Hand-Hirn-Koordination. Es gibt Studien aus den USA, die sagen, Ärzte, die regelmäßig spielen, operieren besser“ (Bär). Deshalb plädiert sie dafür, Computerspielvereinen Steuererleichterungen durch Gemeinnützigkeit zu gewähren und ihnen eine „olympische Perspektive“ zu eröffnen. Olympisches Ballergamen, staatlich gefördert. Den Kölner Klüngel aus Spieleprogrammierern, Spieletestern und Spielevermarktern wird’s freuen.
Dass es (benennbare und auch in der Mainpost berichtete) wissenschaftlich saubere Studien gibt, die auf die erhebliche Gesundheits- und Suchtgefahr bei sog. Gamern hinweisen, gehört wohl irgendwie auch ins 18. Jahrhundert.
Und dass man ganz ohne „Studien“ festhalten kann, dass „Gamer“ natürlich in der Regel nicht Amokläufer werden, dass aber weltweit ausnahmslos ALLE Schul-Amokläufer „Gamer“ waren, sollte Anlass zum Nachdenken sein.
Voraussetzung dazu wäre allerdings, dass man diese (auf Twitter vermutlich nicht verbreitete) Information hat (einfaches Zeitunglesen genügt) und dass man die Fähigkeit zum Nachdenken besitzt.

Kompetenzstufe 6:

Der Anschluss (ans Internet). Da sieht Frau Bär folgende Probleme (tatsächlich wörtliches Zitat aus dem Interview): „Die einen sind angebunden über Glasfaser, andere über Kupfer oder Kabel“. Gummianschluss?

Zusammenfassung: Bei so viel Kompetenz muss man einfach Ministerin werden. Wenn auch nur als koordinierende ohne eigene Mittel im Bundeskanzleramt und weil der CSU-Heimathorst widerlegen musste, dass Frauen für ihn nicht zu Deutschland gehören.

Und jetzt kommt das Positive: Trotz Kompetenzstufe 6 für Bär hat der Kanzleramtsminister Braun (neben den vielen, die sonst in der Regierung was zu sagen haben zur Digitalisierung) ziemlich deutlich klargestellt, dass Bär gerne viel reden könne. Wenn es was zu entscheiden gäbe, sei eh er zuständig.

So wird die e-Bär zur v-Ministerin. Ziemlich virtuell.

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