Der Lügenclub 2

Gut eine Woche nach dem Raketenüberfall Israels auf den Iran findet in den Medien die gewünschte ideologische Verschiebung in der Berichterstattung statt: Während im Ukraine-Krieg noch die kürzeste Meldung eingeleitet wird mit der Formulierung („Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine“) heißt es im Nahen Osten inzwischen „im Krieg zwischen Israel und dem Iran“. Nach dem Beschuss eines israelischen Krankenhauses durch den Iran wird in den Medien ein israelischer Soldat bei dem beschädigten Gebäude vorgeführt, der empört erklärt, Krankenhäuser dürften nicht angegriffen werden, „sie sollten ein sicherer Raum sein“. Dann wird über Beratungen berichtet, ob „die USA helfen“ könnte, mit Bunker brechenden Bomben die unterirdischen iranischen Atomanlagen zu zerstören. So setzt sich allmählich die gewünschte Perspektive durch: Der Iran ist der Aggressor, Israel das Opfer, dem mit amerikanischen Waffen geholfen werden muss.

So ganz am Rande wird in der „Tagesschau“ vom 21.6. ein Video eingeblendet, in dem der Chef der IAEO, also der internationalen Atombehörde, Rafael Grossi erklärt: „Wir haben bis jetzt noch keinerlei greifbare Beweise dafür, dass es ein Programm oder einen Plan gibt, eine Atomwaffe zu bauen.“ Auf den Webseiten von tagesschau.de findet sich dieses Zitat nicht zum Nachlesen. Da ist immer nur die Rede von Sorgen der IAEO über das Programm und von zu wenig Kooperation des Iran. Man darf gespannt sein (aktuelle Schreibzeit 21.6. 20.48 Uhr), ob das Grossi-Zitat bis zu den tagesthemen überlebt…

Immer mehr erinnert die Situation an den Irak-Krieg von 2003, in dem die USA das Saddam Hussein-Regime „auslöschte“ wegen angeblichen Besitzes von Massenvernichtungswaffen, die es nie gegeben hat:

US-Präsident George W. Bush konnte sich damals einer heftigen innenpolitischen Kritik kaum mehr erwehren, er nutzte den Kriegsvorwand, um davon abzulenken und das amerikanische Volk hinter sich zu vereinen.

Auch Trump sieht sich heftigen Protesten wegen seiner Politik ausgesetzt. Für ihn dürfte die Flucht in einen Krieg etwas schwieriger sein, weil er unter anderem mit dem Versprechen Wahlkampf gemacht hat, die USA würden sich in Zukunft aus internationalen Konflikten heraushalten. Aller Voraussicht nach wird er die USA für „bedroht“ erklären und das Eingreifen im Krieg zur patriotischen Pflicht. Das zieht bei seinen Anhängern immer.

Dass der israelische Regierungschef Netanjahu einen Krieg nach dem anderen führt, um sich diversen juristischen Anklagen und einer langjährigen Haftstrafe zu entziehen, sollte allmählich auch seinen Anhängern in Israel klar werden.

Eines hat er immerhin schon erreicht: Von den Kriegsverbrechen in Gaza, den dort flächendeckend zerstörten Krankenhäusern und den verhungernden Menschen ist in den Medien kaum mehr die Rede.

Es sind übrigens nicht nur die USA, die ihn dabei unterstützen. Auch der deutsche Bundeskanzler sieht keinen Grund, Waffenlieferungen nach Israel zumindest auszusetzen.

Nachtrag um 23.45: Wie zu erwarten, wurden weite Teile der Iran-Berichterstattung aus der Tagesschau in den Tagesthemen wiederholt, Grossis Aussage aber nicht.

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