Die G7 (ehemals mit Russland noch G8) wurde als Vereinigung der 8 größten Wirtschaftsnationen der Welt gegründet, um weltweite „wirtschaftspolitische Fragen“ zu erörtern, was schon immer nichts anderes hieß, als dass man die Ausbeutung der restlichen Welt möglichst im gegenseitigen Einvernehmen bewerkstelligen wollte. Offiziell wurde in den „gemeinsamen Erklärungen“, die übrigens meistens sehr einvernehmlich waren (man war sich schließlich prinzipiell einig) natürlich erklärt, wie segensreich diese Zusammenarbeit für den Rest der Welt sei.
Über den aktuellen G7-Gipfel berichten Journalisten jetzt mit einer Mischung aus Erstaunen und Hochachtung, dass es „gelungen“ sei, eine gemeinsame Erklärung zum Krieg zwischen Israel und dem Iran zu verabschieden. Die wesentlichen Punkte:
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Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung.
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Der Iran darf keine Atomwaffen besitzen.
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Der Iran ist der Staat, von dem „Instabilität und Terror“ in der Region ausgehen.
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Deshalb ist es legitim, die die Atomanlagen zu zerstören und das Regime zu stürzen.
Man sieht: Es ist einfach, zu einer gemeinsamen Erklärung zu kommen, wenn man beschließt, Wahrheit und internationales Recht zu ersetzen durch die Absicht, die eigenen Interessen auf der Welt durchzusetzen, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, dies wenigstens ein bisschen irgendwie zu legitimieren. Vermutlich war man sich auch einig, dass das nicht geht – also hat man es gleich bleiben lassen.
Jeder Staat hat tatsächlich das Recht auf Selbstverteidigung. Es ist den Kommentatoren der ARD hoch anzurechnen, dass sie in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass ein sogenannter „Präventivschlag“, wie Israel ihm jetzt durchgeführt hat, völkerrechtlich nur unter sehr strengen Voraussetzungen erlaubt ist: Es müsse ein gegnerischer Angriff angekündigt sein oder unmittelbar bevorstehen. Beides ist ganz offensichtlich nicht der Fall.
Die G7 haben beschlossen, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen soll. Das Regime im Iran bestreitet zwar, diese überhaupt anzustreben, das darf man aber tatsächlich nicht glauben. Nur: Der Iran hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben. Er verstößt mit seinem Atomprogramm nicht gegen internationales Recht – nur gegen die Interessen der G7 und Israels. Schwer, damit einen Angriffskrieg zu begründen, noch dazu, wo die ganze Region mit atomar gerüsteten Staaten gesegnet ist: Israel, Indien, Pakistan…
Natürlich ist der Iran ein Terrorregime, wie alle streng theokratischen Systeme, bei denen die weltweite Durchsetzung der eigenen Religion „Staatsraison“ ist. Aber im Augenblick zu behaupten, der Iran sei die Quelle internationalen Terrors in der Region, ist angesichts der Kriegsverbrechen im Gazastreifen und im Westjordanland der blanke Hohn.
Der letzte Punkt behauptet letztlich nichts anderes, als dass sich G7 das „Recht“ nimmt, missliebige Regimes mit Gewalt zu stürzen – ohne jede Rücksicht auf das damit verursachte Leiden der Zivilbevölkerung.
Man darf, nein, man muss darüber erschrecken, dass sich die Mächtigen der Welt gar nicht mehr die Mühe machen, ihre Maßnahmen rechtlich zu legitimieren. Was sich nach diesem Gipfel abgespielt hat, unterstreicht das zusätzlich:
Trump fordert unter anderem, der Iran habe vollständig zu kapitulieren und Teheran müsse „evakuiert“ werden. Eine 15-Millionen-Stadt, in der es kaum mehr Benzin gibt. Sollte dies, wie es Israel im Gaza-Krieg immer macht, als „Schutzmaßnahme“ für die Zivilbevölkerung verkauft und damit eine Bombardierung Teherans gerechtfertigt werden, dann wäre dies glatter Völkermord.
Dass der US-Präsident wie ein besoffener Fussballfan („Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht“) erklärt, man wisse, wo sich Chamenei, der oberste Führer des Iran, verstecke und diesem mit Exekution droht, fasst den politischen Stil der Zeit ganz gut zusammen.
Durchaus gruselig auch die Rolle des neuen deutschen Bundeskanzlers: Er stellt sich natürlich hinter die G7-Beschlüsse, packt aber noch ein paar dreiste Lügen obendrauf: Es liege jetzt an der Regierung Irans, „an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, um den Krieg zu beenden. Ansonsten werde Israel „seinen Weg gehen“. (Zuvor hatte der israelische Verteidigungsminister erklärt, man werde auf keinen Fall verhandeln, Israels „Angebot“ bestehe „aus unseren Raketen Bomben“). Er unterstütze auch die Bestrebungen, das Regime im Iran „zu beseitigen“, denn man habe mit „Regime change“ ja schon gute Erfahrungen gemacht. Im Übrigen, übernimmt März eine Lüge seines Vorgängers fast wörtlich, vertraue er darauf, dass Israel die rechtliche Lage im Krieg korrekt einschätze. Von dort wird, nach dem nächsten Kriegsverbrechen, wie immer die Erklärung kommen, man werde „den Fall untersuchen“.
Die Großen der Welt nicken.