Zu Zeiten, in denen die CSU in Bayern regelmäßig satte absolute Mehrheiten einfuhr, entwickelten die Funktionsträger dieser Partei eine selbstgefällige Arroganz, die oft in rein autoritäres Verhalten abglitt. Das CSU-Motto lautete: Wir sind gewählt, also haben wir recht. Ein CSU-Minister macht keine Fehler.
Übriggebliebene Repräsentanten dieser Haltung sind Dobrindt und Scheuer, der seine diversen Desaster bei der „Ausländermaut“ mit fassungslos machender Penetranz verteidigt.
In Bayern schien man eine Zeitlang Hoffnung haben zu dürfen, dass sich die CSU zu einer normalen politischen Partei entwickelt. Ministerpräsident Söder nahm mehrmals (obwohl’s ihm natürlich keiner geglaubt hat) das Wort „Demut“ in den Mund (bevor er bei seinen Pressekonferenzen seine Minister neben sich wie Schulbuben Aufstellung nehmen und meist kaum zu Wort kommen ließ).
Ob es die neuen Umfrageergebnisse sind oder die zu Tage tretende Hilflosigkeit angesichts der Pandemie, die den alten Politikertypus bei der CSU und den mitregierenden Freien Wählern, die ja immer noch ein bisschen bayerischer sein wollen als die CSU, wieder hervortreten lassen, ist unklar.
Zwei Beispiele: Trotz längst bekannter Schwächen setzt Schulminister Piazolo weiter auf die hauseigene Lernplattform „Mebis“, verspricht sie zu ertüchtigen und lässt sich allerlei Schabernack einfallen, um sie nutzbar erscheinen zu lassen. Als sich Klagen und Kritik häufen, erklärt er lapidar, die Schulen müssten Mebis ja nicht nutzen, schließlich gäbe es auch andere Plattformen.
Dass sich die Ex-Gesundheitsministerin Huml gegen Kritik und Häme zu wehren verstünde, nachdem sie für den Impfstofftransport im großen Stil Camping-Kühlboxen anschaffen ließ, traute man ihr offensichtlich nicht zu. Schnell wurde sie ausgewechselt gegen einen Mann, der nach Angaben von Parteifreunden ein „Macher“ sei – eine Bezeichnung für einen CSU-Politiker zum Gänsehautkriegen. Prompt ging der neue Macher in die Offensive.
Obwohl einer der weltweit führenden Hersteller von geeigneten Kühlboxen in Bayern produziert, seine Boxen in alle Welt verkauft und dem Gesundheitsministerium zertifizierte Medikamenten-Boxen günstiger als die Camping-Kühler anbot,
obwohl dieser Hersteller deutlich vor dem Einsatz der Huml-Boxen warnt und, nachdem aus vermutlich sehr CSU-spezifischen Gründen die bayerische Regierung bei ihm nicht einkaufen will, sogar das geeignete Produkt eines direkten Konkurrenten empfiehlt,
obwohl der Hersteller der Huml-Boxen selbst erklärt, die bestellten Geräte seien nicht für den Transport von Medikamenten gedacht (weil eher für das Feierabendbier), und er dem Ministerium aus seiner Firma geeignete Boxen angeboten habe, die Huml aber nicht wollte,
obwohl beim Transport mit diesen Boxen rund 1000 Impfdosen vernichtet wurden (nicht durch einen Mangel der Boxen, sondern durch eine unsachgemäße Handhabung eines beigelegten Temperaturkontrollgeräts, wie das Ministerium souverän erklärte)
lässt der neue Gesundheitsminister, „Macher“ Holetschek („Hier im Haus bin jetzt ich der Chef“) erklären, dass die Boxen bislang (!) „einwandfrei funktioniert“ hätten, weshalb er – trotz einhelliger Warnungen aller Fachleute! – keinen Anlass sehe, die Boxen auszutauschen. Geradezu kaltschnäuzig ergänzt er, die Kreise und kreisfreien Städte seien ja nicht verpflichtet, diese Ausstattung zu nutzen und könnten nach eigenem Ermessen eigene Beschaffungen (meint: auf eigene Kosten) tätigen.
Also:
Wenn der bayerische Schulminister sagt, Mebis läuft, dann läuft es. Wer anderer Meinung ist, kann sich ja eigene Software kaufen.
Wenn der bayerische Gesundheitsminister Bierkühler für geeignet hält, empfindliche Impfdosen zu transportieren, dann sind die geeignet. Wer andere möchte, möge sich selber welche kaufen.
Übrigens: Ministerpräsident und Schulminister haben noch vor wenigen Monaten erklärt, Schulen seien sicher, die müsste man nicht schließen. Da ist das verräterische „bislang“ von Holetschek ja schon fast ein Eingeständnis.
Umso unverständlicher und geradezu verantwortungslos, dass man aus purer Rechthaberei auf diesen Freizeitkisten beharrt.