Bei uns passiert nichts!

Es gab sie schon immer, die Menschen, die den Begriff „pluralistische Gesellschaft“ so interpretiert haben, dass jeder ausschließlich für seine Interessen zu kämpfen habe, für die Gesellschaft werde so auch schon was Gutes herausspringen. Inzwischen scheint diese Interpretation Gemeingut geworden zu sein, verschärft durch den Zusatz „mit allen Mitteln“. Und da wird dann gelogen, dass sich die Balken biegen.

Im Fußball gebe es keine Corona-Ansteckungen, das habe das Robert-Koch-Institut bestätigt, behauptet da ein Verbandsfunktionär. Infizierte Fußballer hätten sich also alle „außerhalb des Sports“ angesteckt. Dabei hatte das RKI nur – wie auch bei Theatern oder sonstigen kulturellen Einrichtungen – erklärt, es könnten in diesen Bereichen keine Ansteckungen „nachgewiesen“ werden. Ja wie auch? Bei einem infizierten Fußballer werden dessen Mannschaftskollegen getestet, nicht die Gegenspieler, mit denen er vermutlich auf dem Feld schmerzhaften Körperkontakt hatte. Falls er (wie übrigens auch die Zuschauer oder die Theaterbesucher) nach der Veranstaltung mit öffentlichen Verkehrsmittel abgereist ist, lassen sich Kontaktpersonen natürlich sowieso nicht ermitteln. Theater- und Konzertveranstalter erklären, bei ihnen sei man wegen der ausgeklügelten Hygienepläne doch am sichersten. Mag ja sein. Das Problem ist doch, dass die vielen Leute zu solchen Veranstaltungen hin- und anschließend auch wieder weggehen. Und da gibt es – außer den bekannten Regeln, die ohnehin nicht eingehalten werden, wie jeder jeden Tag auf der Straße sehen kann – eben keine Hygienepläne. Die Nichteinhaltung von Abstandsregeln dürfte auch an der wohl korrekten, aber wegen mangelnder Deutlichkeit auch gerne fehlinterpretierten Verlautbarung liegen, dass das Ansteckungsrisiko im Freien geringer sei als in geschlossenen Räumen. Daraus wurde schnell ein Null-Risiko, weswegen bei einem Fußballspiel ja auch nichts passieren könne. Wie soll man da nachweisen, wer sich wo angesteckt hat? Deswegen ist ja das Ziel all dieser Maßnahmen, den öffentlichen Verkehr zu reduzieren – generell.

Gerne geht man nämlich nach solchen Veranstaltungen auch noch (erlaubterweise) mit Familie, Freunden, Kumpeln (bislang auch noch erlaubterweise) einen trinken. Dass man sich da, face to face einander stundenlang ohne Maske gegenübersitzend, nicht anstecken könne, ist ja eines der wildesten Märchen, das von den Wirten natürlich gerne aufgegriffen wird, die sich, selbst wenn sich in ihrem Lokal 30 Leute an einem Abend infiziert haben, gerne behaupten, sie hätten „nichts falsch gemacht, sich an alle Regeln gehalten“. Selbst wenn das so war: Dann reichen halt die Regeln nicht aus oder es gibt, was sehr viel wahrscheinlicher ist, einfach keine Möglichkeit, solche Ansteckungen zu verhindern – außer die Lokale zu schließen.

Und es mag auch sein, dass viele Wirte aufwändige und teuere Hygienemaßnahmen ergriffen haben. Die werden sie im Dezember (wenn alles gut geht) weiterverwenden können. Außerdem: Bei dem von der Politik zugesagten Zuschuss von 75% des Umsatzes (!) des Vorjahres-Novembers bzw. eines monatlichen Durchschnittsumsatzes des Vorjahres werden die allermeisten Wirte in diesem November mehr verdienen als in dem des letzten Jahres – und alle auf alle Fälle mehr als sie im Pandemie-Monat November 2020 ohne Lockdown eingenommen hätten. Das sollten sie mal nachrechnen, bevor sie reihenweise die Fernsehstudios vollheulen.

Es ist unbestritten, dass die Corona-Krise viele Berufsgruppen und Menschen hart trifft. Aber man sollte doch auch zur Kenntnis nehmen, dass der Staat ja wirklich extrem viel unternimmt, um diese Folgen abzufedern. Das kann er. Trotz FDP.

Die älteren unter unseren Lesern können sich vielleicht noch erinnern, wie diese Partei in der 70er Jahren mit dem Slogan „Steuern sind Diebstahl“ für sich warb und der seitdem außer der Forderung nach Steuersenkungen („Halbierung der Steuer auf Jagdhunde“) kaum mehr etwas einfällt. Der DEHOGA (Hotel-und Gaststättenverband), ein Lieblingsklient der FDP, hat es 2010 mit deren tatkräftiger Unterstützung geschafft, den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen auf den eigentlich für Lebensnotwendiges gedachten Niedrigsatz von 7% zu senken. Da war die Finanzkrise längst vorbei und die Betriebe liefen gut. In Krisenzeiten aber ist es plötzlich vorbei mit der freien Marktwirtschaft und mit am lautesten ruft der DEHOGA jetzt nach Staatshilfen – nach Steuergeldern also, die man dem Staat in guten Zeiten am liebsten vorenthalten möchte.

FDP-Chef Lindner erklärte, er halte die jetzigen Eindämmungsmaßnahmen für „unnötig und deshalb verfassungswidrig“. Polplot hält Herrn Lindner für unnötig. Verfassungswidrig ist er leider nicht.

 

Staatsmacht 123

Die Staatsmacht 1:

Fast schon weinerlich flehen die Bundeskanzlerin und der Wirtschaftsminister die Bevölkerung an, auf nicht unbedingt notwendige Kontakte angesichts des exponentiellen Wachstums der Infektionszahlen mit Sars-Covid-2 zu verzichten. Nur den Innenminister scheint das nicht zu interessieren. Offensichtlich auch nicht die Innenminister und die ihnen unterstellten Polizeibehörden in den Bundesländern; die folgenden angeführten Beispiele sind vermutlich nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich in diesem Bereich täglich passiert:

In Berlin veranstaltet ein berüchtigter Club, der wegen der Allgemeinverfügung eigentlich geschlossen sein müsste, eine „Fetisch-Party“ mit 600 Teilnehmern. Natürlich ohne Masken. Die Polizei löste die Veranstaltung auf und erklärte fast entschuldigend: „Es waren einfach zu viele auf zu geringem Raum“. Dem Veranstalter wurde ein Bußgeld angedroht (Höhe unklar, Vollstreckung unklar), davon, dass er seinen Club angesichts einer 600-fach in Kauf genommenen Körperverletzung nicht mehr weiterführen darf, war keine Rede. Ein Autofahrer, der dermaßen massiv gegen bestehende Regeln verstoßen würde, hätte seinen Führerschein für sehr viele Monate los.

In Karlstadt am Main wird die Polizei auf Leute, die (was längst nicht mehr erlaubt ist) im Pulk vor einer bekannten Kneipe stehen, aufmerksam und stellt fest, dass in dem völlig überfüllten Gastraum offenkundig überwiegend alkoholisierte Menschen ohne Maske und ohne Abstand feiern. Der Wirt erklärt laut lokaler Presse allen Ernstes, seine Töchter, die an dem Abend den Betrieb geführt hätten, hätten die in einer Schublade liegenden Hygieneregeln nicht gefunden. Das fand die Polizei offensichtlich so überzeugend, dass sie dem Wirt erlaubte, das Lokal „unter Einhaltung der Pandemie-Regeln“ gleich offenzulassen.

Ein äußerst dubioser Verein namens „Eltern stehen auf“ treibt in Schweinfurt sein Unwesen. Unter dem Vorwand, sich Sorgen um in der Schule maskentragende Kinder zu machen, wobei auch von drei angeblich im Zusammenhang mit einer Maskenpflicht (die es für Kleinkinder gar nicht gibt) gestorbenen kleinen Kindern gefaselt wird, macht der Sprecher, dessen Diktion den alten Pegida-Hass wiederbelebt, unverhohlen deutlich, um was es ihm eigentlich geht: Merkel müsse weg, auch die bayerische Regierung müsse zurücktreten. Falls da wirklich Eltern dabei sind, sollten sie sich mal klarmachen, von wem sie hier instrumentalisiert werden. Trotz mehrfacher Aufforderung weigern sich die meisten Demonstrationsteilnehmer, obwohl dies eine Auflage zur Genehmigung der Demonstration war, eine Maske zu tragen. Zitat aus der lokalen Presse: „Die anwesende Polizei schritt nicht ein. Die Kundgebung durfte trotz der nur teilweisen Einhaltung der Auflagen im vollen Umfang stattfinden.“

Wie kann es eigentlich sein, dass die Polizei reihenweise offenkundige Rechtsverstöße geradezu wohlwollend begleitet? Hält man das für eine notwendige Deeskalationsstrategie? Glaubt man gar, solche Demonstranten mit Zurückhaltung beeindrucken zu können? Das wäre ungefähr so erfolgversprechend, als wenn man Trump argumentativ erklären wollte, dass er ein Idiot ist. Oder hängen Aktionen der Polizei doch davon ab, wes Geistes Kinder da gerade Gesetzesverstöße begehen?

Die Staatsmacht 2:

Wenn es in Berlin darum geht, die Ansprüche eines Immobilienspekulanten gegen Hausbesetzer durchzusetzen, ist von Deeskalation, Personal- und Ausrüstungsmängeln wenig zu sehen: Obwohl die 40 Bewohner der Liebigstraße 34 schon im Vorfeld deutlich gemacht haben, dass sie sich lediglich passiv gegen die Hausräumung wehren würden, rückten sage und schreibe 1500 schwer bewaffnete Polizisten mit großem Räumgerät an. Jetzt kann hier die Immobilie in Erwartung steigender Preise weiter verrotten und der Rechtsstaat ist wiederhergestellt.

Die Staatsmacht 3:

Dass da noch niemand drauf gekommen ist. Selbst Trump in seinem Zorn auf China hat es übersehen: Da gibt es doch einen Staat im Osten Europas mit einem wahren Ungeheuer an der Spitze der Staatsmacht, der sich trefflich auskennt mit allen möglichen gefährlichen Mittelchen und diese auch zielsicher in der ganzen Welt einzusetzen vermag. Und es genialerweise immer wieder schafft, die Zusammensetzung dieser Mittelchen geheimzuhalten. Plötzlich präsentiert der Staatschef einen Impfstoff gegen Corona, ganz ohne die sonst üblichen Tests. Das kann ja eigentlich nur funktionieren, wenn man das Virus in allen Details kennt. Es liegt klar auf der Hand: Wer ein Virus züchten kann, kann auch problemlos Gegenmittel herstellen. Lasst doch die Chinesen endlich in Ruhe! Die tun doch nix! Und während der Idiot im Weißen Haus und die Rechten in Europa weiterhin für Siechtum sorgen, kann Putin sein Volk in aller Ruhe durchimpfen.

So ist sie halt, die russische Staatsmacht: Verschwiegen, verschlagen, verlogen.

German Trumpismus

German Trumpismus

Der Trumpelstil des amerikanischen Chef-Covid-Verbreiters prägt zunehmend leider auch die politischen und staatlichen Systeme in anderen westlichen Staaten. Kriegt Außenminister Maas sich gar nicht mehr ein in Forderungen, was Russland wegen des Anschlags auf Nawalny „jetzt zu tun hat“ (!), arbeitet jetzt auch ein Berliner Kammergericht nach dem Motto „Wozu Argumente, wenn man ein politischen Ziel hat?“. Als Auftraggeber eines Mordanschlags im Berliner Tiergarten auf einen Tschetschenen wird die russische Regierung ausgemacht mit dem vom Gerichtssprecher wörtlich vorgetragenen Motiv: „Aus Sicht der russischen Regierung war der Ermordete ein Staatsfeind, weil er im Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft hat“.

Da haben sie noch ganz schön was vor, Putin und seine Regierung, wenn sie alle tschetschenischen Kämpfer aus diesem Krieg erschießen oder vergiften lassen wollen.

Ist aber für die gar kein Problem, denn laut Nazi-Freund und deutschem Medienliebling Nawalny haben die „einen solchen Hang zu Vergiftungen entwickelt“ (wörtliches Zitat aus dem Interview in SPIEGEL 42), dass ihnen das weitere Dahinmeucheln von ehemaligen oder aktuellen Gegnern eine wahre Wollust sein wird.

Auf sieben Seiten darf sich in dieser SPIEGEL-Ausgabe Nawalny ausbreiten mit Aussagen, die vor Widersprüchen und Unglaubwürdigkeit nur so strotzen, wobei die SPIEGEL-Leute kräftig mithelfen (alle wörtlichen Zitate aus diesem Interview):

Neben der immer wiederholten, aber dadurch nicht glaubwürdigeren Behauptung, dass der verwendete Kampfstoff „praktisch nur aus russischen Laboren stammen kann“ (vgl. Beitrag unten: „In BND we trust“), erklären sie (ganz im Stil der Vor-Relotius-Ära, wonach man doch hoch und heilig versprochen hat, auf einfache Vermutungen oder gar Erfindungen in Storys zu verzichten), dass „Putin seine Gegner in zwei Kategorien ein(…)teilt: Feinde und Verräter“. Das muss Putin ihnen im vertrauten Kamingespräch oder auf der Büffeljagd ins Ohr geflüstert haben.

Da hinterfragt man dann natürlich auch nicht, weshalb (nach eigenen Aussagen) Nawalny zwar nach den Vergiftungserscheinungen im Flugzeug von Tomsk nach Moskau brüllend vor Schmerz und Todesahnung auf dem Gang liegt, hintennach aber recht präzise erläutern kann, dass von den ersten Symptomen bis zur Ohnmacht „vielleicht 30 Minuten“ vergangen waren. Und auch nicht, warum seine Mitarbeiter noch gemütlich im Hotel beim Frühstück sitzen, als er schon im Omsk gelandet war. Warum die nach einer SMS durch Nawalnys Pressesprecherin offensichtlich sofort mühelos in dessen Hotelzimmer gehen und „Gegenstände sicherstellen“ konnten, unter anderem zwei Wasserflaschen, von denen eine mit dem Kampfstoff kontaminiert war. Diesen hat Nawalny nach eigener Darstellung durch Berühren einer präparierten Oberfläche durch die Haut aufgenommen und dann zur Wasserflasche gegriffen. Während ihn die erste Berührung subjektiv umgebracht hat („Ich weiß, ich bin tot“), war das hinterlassene Gift auf der Wasserflasche soo harmlos, das „hätte jeder beliebige Mensch berühren können, ohne Schaden zu nehmen“.

Wogegen „ein Becher(!) Nowitschok“ reiche, „um alle Passagiere einer großen Berliner U-Bahn-Station zu vergiften“. Also, Berliner, aufgepasst! Wenn ein nach russischem Agenten aussehender Mann mit einem Becher in der Hand die U-Bahn betritt: Lieber das Weite suchen!

Heftig beschweren muss sich Nawalny auch über die Ärzte im Krankenhaus von Omsk, wo der ahnungslose Pilot ihn abgeliefert hat, statt ihn, was ja der große Plan von ganz oben war, im Flugzeug sterben zu lassen. Die hätten ihn doch glatt für transportunfähig erklärt, den subjektiv Gestorbenen. Und hätten ihn so 48 Stunden lang festgehalten in der Hoffnung, dass sich das Gift dann nicht mehr nachweisen lasse. Diese Dummerchen! Wussten die gar nichts vom Nowitschok, das sich in Blut- und Gewebeproben ja scheinbar noch Wochen später nachweisen lässt? Und offensichtlich auch auf Textilien. Nawalny sagt, dass das Gift auf „jedes persönliche Kleidungsstück aufgetragen“ werden könne. Umso verdächtiger findet der Spiegel-Interviewer, dass man ihm nach der Einlieferung ins Krankenhaus seine Kleidung „abgenommen und nie zurückgegeben“ habe. Vielleicht kann man den Omsker Ärzten ja noch verzeihen, dass sie Nawalny nicht in voller Straßenkleidung ins Bett gelegt haben. Aber dass sie ihn bei der Abreise nach Deutschland nicht in Hose und Jacket, die er nach seiner Kontaminierung ja sicher auch angefasst hat, schlüpfen ließen, ist schon schlimm verdächtig. Kampfstoffmittel-Experte Nawalny weiß übrigens auch, was mit seiner Kleidung passiert ist, nämlich dass sie „seit einem Monat in einem großen Tank Bleiche köchelt! Damit die Spuren beseitigt werden (lacht)“. (Übrigens eine interessante Anmerkung: Lacht er jetzt über die wiederum deutlich zu Tage tretende Blödheit der russischen Akteure oder über seine eigenen Geschichten?)

Immer deutlicher wird: Da erzählt einer mit großer Interessiertheit und mit großer Lust Räubergeschichten und die Journalisten haben an nichts anderem Interesse als an Räubergeschichten. Wenn’s stockt, liefern sie gerne auch ein paar weiterhelfende Stichwörter. Als der SPIEGEL Nawalny auf die Aussage, es gäbe nur zwei Geheimdienste, deren Chefs die Anwendung von Nowitschok befehlen könnten, an den dritten Geheimdienst erinnert, dem man den vermeintlichen Mordanschlag auf Skripal zuschreibt, meint er, dann seien es halt drei, aber auch der dritte sei ja direkt Putin unterstellt. Viel schlimmer wäre es, wenn der Kampfstoff Privatmenschen wie seinem persönlichen Feind, dem kongenialen Unternehmer Prigoschin, zur Verfügung stände. Denn dann hätte der, wähnt Nawalny, „schon die halbe Welt vergiftet“. Der Mann kann differenzieren.

Jämmerlicher Höhepunkt dieser Hommage an Nawalny, der übrigens ungeniert zugibt, dass sein einziger politischer Programmpunkt die Bekämpfung von Putin und dessen Partei sei, weswegen man auch schon mal mit Kommunisten zusammenarbeiten müsse (die nationalistischen Rechtsaußen, mit denen er noch kurz vor dem Anschlag gemeinsam demonstriert hat, lässt er hier lieber weg), ist die homestorymäßige Bebilderung. Unter einer Aufnahme, bei der Nawalny mit sattgrünem Gesicht in eine Kamera blickt, Augen und Haare sorgsam ausgespart, kein Farbtupfer am Hals, sowie einer erhobenen, ebenfalls sattgrünen Hand, scharf abgegrenzt auch hier der Farbrand am Handgelenk, allenfalls ein leicht verrutschter Pinselstrich ist zu sehen) schreibt der SPIEGEL:
„In Barnaul wird er von Gegnern mit Brillantgrün bespritzt(!)“.

Billiger lügen könnte Trump auch nicht.

Für Leute mit online-Zugang: Das ganz Interview mit Bild auf

Alexej Nawalny über Anschlag: „Ich behaupte, dass hinter der Tat Putin steht“ – DER SPIEGEL

Der Hubsi

Der Chef der Freien Wähler, Hubsi Aiwanger, ist als bayerischer Wirtschaftsminister schon eine beeindruckend komische Figur. Insofern passt er zu seinem Amt: Der Titel klingt zwar toll, aber so richtig was zu entscheiden hat ein Wirtschaftsminister eigentlich nicht. Allerdings springen diejenigen Kritiker zu kurz, die behaupten, der Hubsi verstünde unter „Wirtschaft“ nur ein dörfliches Gasthaus. Schließlich hat er Erfahrung mit seiner LandWIRTSCHAFT, und um diese zu demonstrieren, trägt er im Wahlkampf gerne ein kleines Schweinchen auf seiner Schulter rum.

Manchmal vermutlich auch auf jeder Schulter eines, die wirken bei ihm besser als die größten Scheuklappen bei Pferden. Die bayerische Wirtschaft sei über den Berg, verkündete er deshalb letzte Woche vollmundig, den Blick eisern auf die zurückgehende Zahl an Kurzarbeitern in Bayern gerichtet. Das hat er offensichtlich gelernt, der Hubsi, dass die vornehmste Aufgabe eines Wirtschaftsministers ist, Optimismus zu verbreiten, was anderes hat er ja auch nicht zu tun. Außer er lässt sich von seinem Herrchen Söder mit der komplizierten Aufgabe betrauen, ausreichend Wischmops für die Krankenhäuser zu organisieren. Das hat er toll gemacht, aber gedankt hat’s ihm natürlich niemand.

Den Blick weg von den Kurzarbeiterzahlen mal etwas zur Seite schweifen zu lassen, wo ein massiver Anstieg der Corona-Infektionen eine weniger fröhliche Perspektive eröffnet hätte, hatte Hubsi also eh nicht vor. Und falls doch, wäre dieser Blick ja sofort an einem Schweinebäuchlein hängengeblieben.

Welches, so würde der gerne sehr assoziativ vorgehende Hubsi dann ministeriell verlauten lassen, ein „klorer“ Beweis dafür sei, dass in der bayerischen Landwirtschaft alles bestens laufe, ohne dass die Bauern ständig Bäume umarmen und Bienen streicheln müssten (ein tapferer Seitenhieb gegen Markus Grün Söder).

Den unaufhaltsamen Aufstieg der bayerischen Wirtschaft generell möchte er, wie er letzte Woche im bayerischen Landtag spontan verkündete, mit dem massenhaften Einsatz von „Luftbestäubern“ in Büros und Klassenzimmern fördern (Huuuust…).

Hoffentlich übernimmt er sich dabei nicht, unser Hubsi! Denn was täten wir in diesen trostlosen Zeiten ohne einen Wirtschaftsminister, der sich leidenschaftlich in philosophisch-mathematischen Erschöpfungen ergeht, wie lang ein Tisch sein muss, um coronagerecht einem bayerischen Biergartenstammtisch Platz zu bieten.

15 Meter. Hat er ausgerechnet.

 

 

In BND we trust

Diese russischen Ärzte, diese kommunistischen aus Omsk, hätten, wurde damals hier in den Medien verbreitet, Nawalny für reiseunfähig erklärt, damit er solange in Sibirien bleiben müsse, bis sich das Gift in seinem Körper nicht mehr nachweisen lässt. Inzwischen ist der Stand, dass sich das Gift in „Proben“ (wovon auch immer) offensichtlich noch Wochen später nachweisen lässt, und zwar von allen möglichen Institutionen, nicht nur von der Bundeswehr. Dabei ist Nawalny gar nicht tiefgefroren, sondern darf schon wieder aufstehen.

Einige Stunden lang berichtete der bayerische Rundfunk, das analysierende Bundeswehrinstitut habe erklärt, es bestehe nicht der geringste Zweifel daran, dass der Anschlag mit Wissen und Billigung der russischen Regierung erfolgt sei. Diese Meldung hat man dann später gestrichen. Vermutlich ist jemandem aufgefallen, dass es zu dieser Aussage kein noch so kleines Fitzelchen Beweis, Beleg oder auch nur Begründung gegeben hat.

Für Verwirrung sorgte diesbezüglich eine frühere These, der Anschlag könne nur mit Putins Zustimmung erfolgt sein, da es sich bei dem Gift um einen geheimen Kampfstoff handele. Scheinbar ist man der Meinung, dass Putin das Teufelszeug im Kreml eigenhändig zusammenrührt und dann bestimmt, wer es überall auf der Welt (selbstverständlich ganz geheim) anwenden und zum Beispiel auf englische Türklinken schmieren darf.

So richtig mag sich dazu nicht fügen, dass sich immer wieder mal wer daran erinnert, dass dieser Kampfstoff schon zu Sowjetzeiten entwickelt wurde und sich die deutschen Geheimdienste schon damals ein paar Proben zur Analyse besorgt haben.

Doch bekanntermaßen ist ja der BND in allererster Linie der Moral und dem Datenschutz verpflichtet. Deswegen hat der die Ergebnisse der damaligen Analysen natürlich niemandem verraten, schon gar nicht seinen Freunden vom CIA, geschweige denn, die Brühe nachgekocht. Nein, man hat natürlich alle diese rechtwidrig erworbenen Informationen sofort vollständig und unwiderruflich vernichtet. Und es ist ausschließlich hoher deutscher Gedächtnisleistung zu verdanken, dass man das Zeug sofort wieder erkennt, wenn es die Russen irgendwo fallen lassen.

Als diese ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Anschlags kundtaten und um konkrete Analyseergebnisse baten, erklärte der deutsche Regierungssprecher, man sei noch in geheimen Ermittlungen, außerdem seien „gewisse Verschwiegenheitsgepflogenheiten“ (Zitat nach Mainpost) einzuhalten.

Geht so der vielbemühte deutsche Rechtsstaat? Man beschuldigt jemanden explizit eines Mordes (!) und erklärt dann, Belege könnten wegen gewisser „Verschwiegenheitsgepflogenheiten“ leider nicht mitgeliefert werden?

Wer dieser Argumentation folgen kann, mag auch glauben, dass Putin seine so gerne zur Schau gestellten Muskeln dem täglichen Genuss von Kinderblut verdankt.

Putin hat’s wieder gerichtet…

Natürlich zieht der Präsident eines autoritären Regimes, besonders, wenn er gefühlt 100 Jahre an der Macht ist, jede Menge Kritik auf sich – und meistens zu Recht. Eher mild fällt diese Kritik aus, wenn es sich bei dem betreffenden Land um einen NATO-Partner wie die Türkei oder gar ein EU-Mitglied wie Ungarn handelt. Da kann man über reihenweise Menschenrechtsverletzungen mit Todesfolge schon mal hinwegsehen. Kann ja mal passieren.

Ist man aber Chef des Lieblingsgegners der NATO, die sich ihre alten Feindbilder einfach nicht abgewöhnen will, sieht das natürlich ganz anders aus. Für einen angeblichen oder auch echten Giftanschlag auf den Oppositions-Rechtsaußen in Russland, Nawalny, wird mit großer Selbstverständlichkeit die Regierung, gerne auch Putin persönlich verantwortlich gemacht. Schlimmer als jeder NATO-Sprecher reiht der SPIEGEL in übelster hauseigener Manier Vorwurf an Vorwurf, um am Ende der Artikel kleinlaut eingestehen zu müssen, dass alles nur Vermutungen sind, für die es leider keinen einzigen Beleg gebe. Dennoch ist Putin schuld: Schließlich habe der ein System aufgebaut, in dem solche politischen Morde geschähen.

Ist dann Merkel auch schuld an den NSU-Anschlägen, den Überfällen auf jüdische Synagogen und ausländerfreundliche Politiker oder solche mit ausländischen Wurzeln?

Offensichtlich geht es um zwei Dinge: Zum einen soll Russland möglichst schwach gehalten werden, weshalb man für alles, was an Negativem dort passiert, das Regime verantwortlich und es zum Anlass für neue Wirtschaftssanktionen macht. Auch wenn die Schuldzuweisung noch so fragwürdig hinkonstruiert wird. Nawalny selbst hat mehrfach geäußert, dass die Regierung ziemlich bescheuert wäre, ihn umzubringen, da sie sich damit ja nur jede Menge Ärger und Widerstand in der Bevölkerung einhandle und seine Anhänger motiviere. Der russischen Regierung selbst scheinen die Vorwürfe wirklich recht absurd vorzukommen, sonst würde sie nicht mit der ebenfalls grotesken, aber letztlich auf derselben Ebene der Niveaulosigkeit daherkommenden Replik antworten, dass Nawalny vielleicht in der Charité Gift zugeführt wurde.

Wahrscheinlicher ist VIELLEICHT folgende Variante:

Nawalny war nach Aussage von Begleitern vor dem Flug aus Sibirien mit gut einem Dutzend „Freunden und Beratern“ zusammen. Wenn man weiß, dass es in Russland bis weit in intellektuelle Kreise hinein eine teils geradezu göttergleiche Verehrung für Putin gibt, jede Menge Menschen, die tatsächlich daran glauben, Putin würde alle ihre Probleme lösen – und dies mit der bekannten Tatsache zusammenführt, dass es in diesem Land weit verbreitete Strukturen von hoher Skrupellosigkeit gibt, könnte man auch auf die Idee kommen, dass der ominöse Tee in dieser Ecke angerührt wurde.

Vertreter der deutschen Wirtschaft finden das alles eh nicht so schlimm. Sanktionen haben in diesem Fall nämlich das Problem, dass sie die eigenen Geschäfte stören könnten. Also finden sie, dass zum Beispiel Nord-Stream 2 mit den Verbrechen in Russland nichts zu tun hätten. Das Gas könne ja schließlich nichts dafür.

Die NATO und Trump, die ja schon immer behaupten, Deutschland würde sich mit dieser Gas-Pipeline in die völlige Abhängigkeit von Russland stürzen, sehen das natürlich anders. Prompt schlägt man als „Sanktion“ vor, die Pipeline nicht zu Ende zu bauen. Schon hat’s Putin wieder gerichtet: So hat man zum andern endlich einen vorzeigbaren Grund, um dem inzwischen erfahlten Verrückten in Washington, der gerne sein Fracking-Gas nach Europa verkaufen möchte, in den A… zu kriechen.

„Wenn sie (russische Politiker) ihn hätten töten wollen, hätten sie ihn getötet“, wird ein russischer Arzt in der Moskauer Presse zitiert.

Erstaunlich ist schon, dass sich ausgerechnet Putin und seine Helfershelfer bei ihren Mordanschlägen immer so dämlich anstellen.

Es möcht kein Hund…

…so länger leben, hat schon der alte Goethe gewusst und damit in seinem unnachahmlichen Weitblick die ganze wahre Tragödie der Coronapandemie beschrieben:

Er muss geahnt haben, dass die Biergärten erst geschlossen und anschließend in einer völlig gattungswidrigen Art und Weise wieder geöffnet werden: Abstand –  eineinhalb Meter von Unbekannten! Das macht überhaupt keinen Sinn! Schmeckt das Biergartenbier doch nur, wenn es zumindest die Chance hat, dem Fremden nebenan auf die Hose geschüttet zu werden. Keine Sau will unter diesen Umständen in den Biergarten, da bleiben alle doch lieber zu Hause.

Und genau das ist es, was Merkel, Gates, Lauterbach und Sigmar Gabriel wollen. Dass alle zu Hause bleiben und Grabesruhe herrscht im Land. Wie in der Faustschen Studierstube.

Wobei das Studieren ja praktischerweise auch abgeschafft wurde durch die sogenannten online-Semester. Studenten sind zu Hause halt wesentlich einfacher zu handeln als an der Uni oder auf der Straße. Und Wissen ist für einen Staat, wie ihn sich auch die Deutsche Bank oder die Polizeigewerkschaft wünscht, eh was Gefährliches. Am liebsten wären denen doch deutsche Bürger, die abends auf den Dachboden gehen und nach alten Fix-und Foxi-Heftchen suchen.

Denn abends in Bars oder Clubs gehen, geht ja auch nicht. Die bleiben zu. Und zwar aus gutem Grund: Hat das Berliner Establishment, sofern es im Geschichtsunterricht, den es in seiner Jugend ja noch gegeben haben soll, aufgepasst hat, doch gelernt, dass sich aus unkontrollierten Besäufnissen gerne unerwünschte politische Aktivitäten ergeben. Siehe Hitler-Putsch.

Eine Zeitlang hat man ja sogar darüber nachgedacht, beim Chorsingen die Maskenpflicht einzuführen. Man ist davon abgekommen, weil man gemerkt hat, dass eine verschärfte Abstandspflicht (wegen verschärften Luftpustens) viel wirksamer ist: Wenn die zugelassenen 50 Sänger, verteilt auf zwei Quadratkilometer, das Arbeitereinheitsfront-Lied anstimmen, wird weder die deutsche Erde noch ein deutscher Politiker vor Angst erbeben.

Überhaupt die Maskenpflicht. An der kann man am besten sehen, worum es dem Staat und den Bonzen eigentlich geht (und auch gleich erklären, warum der Gesundheitsminister sehr wenige Masken für ausreichend hält): Mit dem Tragen einer Maske schütze man „den anderen“, hieß es plötzlich irgendwann. Fragt sich bloß, wer dieser „andere“ ist, den es zu schützen gilt. Das ist ganz einfach: Haben Sie schon einmal versucht, durch einen „Mund-und-Nasenschutz“ hindurch einen Polizisten anzuspucken? Oder den Papst?

Darum geht es. Und, wie man problemlos sieht, auch um das altbewährte Unterdrückungsbündnis zwischen Staat und Kirche, ungeachtet aller moralischen Vorstellungen.

Gesundheitsminister Spahn war übrigens der erste Schwule, der beim Papst eine Audienz bekommen hat.

So weit geht das.

Corona vom Feinsten

Corona macht Fakten offen- und aktenkundig, die Polplot-Leser zwar nicht mehr überraschen können, deren Veröffentlichung aber erstaunlich wenige Reaktionen in der Öffentlichkeit hervorruft. Hier eine kleine Hitliste:

Kaum haben sich die Lockerungsweltmeister unter den Ministerpräsidenten durchgesetzt, zeigt sich, wie sehr man auf das verantwortungsbewusste Verhalten der Menschen setzen kann: Bei und direkt nach einem Gottesdienst einer Baptistengemeinde, bei dem man offensichtlich viel zu viele Menschen in einen engen Gebetsraum gestopft hat, infizieren sich deutlich über 100 Menschen. „Es wäre vielleicht klüger gewesen, Mundschutz zu tragen und auf das gemeinsame Singen zu verzichten“, gibt sich ein Gemeindeverantwortlicher „bestürzt“, als wäre genau das nicht Vorschrift. Aber toll muss es schon gewesen sein, das völlig FREIE Anpusten seiner Mitgläubigen mit dem Virus.

Auch ein Gastwirt in Ostfriesland war so FREI und veranstaltete in seinem Lokal als „Probelauf“ für die Wiedereröffnung ein Betriebsfest mit offensichtlich null körperlicher Distanz, mit Umarmungen und danach mit mindestens 40 Infizierten. Die Probe ist gelungen.

Der Titel des Chefumarmers gebührt allerdings dem Stoppellindner. Der umarmt gleich (ohne Mundschutz) in aller Öffentlichkeit, lässt sich dabei (man darf vermuten, nicht ganz unfreiwillig) auch noch fotografieren und zeigt, dass er gewillt ist, seine Forderungen nach mehr FREIHEIT persönlich in die Tat umzusetzen. Das sei halt so passiert unter Freunden, „entschuldigte“ er sich anschließend. Dass der Freund in Person eines Immobilienunternehmers und Honorarkonsuls von Weißrussland jemand ist, um den andere Menschen selbst in gesunden Zeiten einen großen Bogen machen würden, ist sein Problem. Aber kann man jemandem wirklich ein politisches Amt anvertrauen, der aus „Unkonzentriertheit“ einen Vertreter der (bislang) letzten europäischen Diktatur herzt? Da würde er ja noch ganz andere Gruselobjekte zum Umarmen finden.

Dass diese Leute ebenso wie die Alu-Köpfe auf den „Hygienedemonstrationen“ vielleicht mal daran denken, dass ihre Art, FREIHEIT auszuleben, für andere den Platz auf der Intensivstation bedeuten kann, ist nicht zu erwarten. Dort hat man dann mit Sicherheit die wenigsten Freiheiten der Welt.

Eine Hauptfunktion dieses Staates ist, die Reichen weiterhin reicher zu machen. Das kann man dank Corona an zwei von vielen Beispielen sehen:

BMW bezieht für 20 000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld vom Staat. Gleichzeitig verkündet der Vorstand, den Aktionären 1,5 Milliarden Euro an Dividenden auszuzahlen. Da fließt das Geld der Steuerzahler direkt in die Taschen der Anteilseigner. Den Geschwistern Stefan Quandt und Susanne Klatten gehören rund 50 Prozent der Aktien. Da „verdienen“ die beiden bei diversen weiteren Vergütungen schon mal mindestens 750 Millionen in diesem Jahr. Das „Handelsblatt“, das sich in solchen Kreisen ein bisschen besser auskennt, kommt sogar auf 1,2 Milliarden für die beiden.

Gut, dass der Steuerzahler denen bei ihrer unternehmerischen Verantwortung kräftig unter die Arme greifen darf. Hoffentlich übernimmt er sich nicht – bei den einmaligen 500 Euro „Leistungsprämie“ für die Pflegerinnen und Pfleger, die immer noch nicht umfassend getestet werden, weil man sich streitet, wer die Kosten dafür übernehmen soll.

„Wenn es der Wirtschaft gut geht, nutzt das allen“ ist so eine Lehrsatzlüge des Kapitalismus. Da man 1,2 Milliarden im Jahr einfach nicht verfuttern kann, sollte tatsächlich, könnte man glauben, wenigstens ein bisschen was für Investitionen oder sonstwas, was „allen“ nutzt, übrig bleiben.

Andererseits fragt man sich natürlich, warum diese, ja, inzwischen Billionen, die die europäische Zentralbank und der deutsche Staat in die Wirtschaft pumpen, so gar nichts bewirken, noch nicht mal eine ordentliche Inflation oder wenigstens die von 2%, die sich die EZB so wünscht.

An dieser Stelle wurde das schon mehrfach beantwortet. Schön, dass es jetzt auch eine quasi regierungsamtliche Bestätigung gibt:

Für die Staatsbeteiligung bei der Lufthansa wurden laut dpa „harte“ Bedingungen gestellt, wie z.B. die Forderung nach umweltfreundlicheren Flugzeugen. Die härteste Forderung – und die beantwortet, ohne sie weiter kommentieren zu müssen, die oben gestellte Frage – lautet (wörtliches Zitat von der Website des Bayerischen Rundfunks):

„Eine weitere Vorgabe ist das Verbot, Staatsgeld in Steueroasen abfließen zu lassen.“

Neuerdings.

Nachtrag: Dazu passt gut eine Meldung, die die dpa am Dienstagmorgen verbreitete:

„Wegen der Corona-Krise fordern Wirtschaftspolitiker der Union im Bundestag, den Mindestlohn in Deutschland abzusenken …“

A Hunderl isser scho

A Hund isser scho, sagt man in Bayern über Menschen, die es schaffen, ihre Interessen durchzusetzen mit Methoden, die irgendwo zwischen komisch schräg und schwer kriminell liegen. Wobei die Bewunderung über das Durchsetzungsvermögen die offensichtlich nicht besonders ausgeprägte Abscheu über das Kriminelle deutlich übersteigt.

Das Vorbild aller bayerischen Hünd ist Franz Josef Strauß, der es im Laufe seines Lebens zum wohl reichsten Metzgerssohn der Welt gebracht hat.

Als beim vorletzten Fränkischen Fasching ein Fürther Komikerduo allen anwesenden Polit-Promis ein Wiener Würstchen überreichte, bekam nur Hubert Aiwanger keines. Seines bekam sein „Herrchen“ Söder, zur Verwendung als Belobigungs-Leckerli.

Das muss den Hubert Aiwanger tief getroffen haben. Seither versucht er mit noch bizarreren Äußerungen als üblich – was gar nicht so einfach ist – seinen Hundestatus zu verbessern.

Hätte er gewusst, was er sagte, hätte er es in vollem Bewusstsein aller Konsequenzen gesagt, wäre er mit seinem jüngsten Spruch wohl tatsächlich der Hundereife deutlich näher gekommen.

Aiwanger sprach: „Wenn man wieder in den Biergarten darf, dann kauft man auch wieder ein neues Auto“.

Der Würzburger Mainpost-Redakteur Benjamin Stahl hat darauf hingewiesen, dass sich hinter dieser Aussage ein ganzes Konjunkturprogramm verbirgt. Insofern gebührt ihm die Ehre der Ersterkennung der ganzen Wucht des Aiwanger-Satzes. Dessen umfassender Wirkung wird Stahl aber in seinen Ausführungen bei weitem nicht gerecht.

Dass die Öffnung von Biergärten vor allem für das gebeutelte Brau- und Gastgewerbe ein Segen ist, liegt auf der Hand. In Biergärten füllt man sich ja nicht nur ab bis Oberkante Speiseröhre. Ist dieser Zustand erreicht, wird das Bier mit dem Ziel einer Zweitfüllung häufig in fest montierte Kotzbecken abgelassen. Das ist allemal wirtschaftlicher, als es nach dem Brauen direkt in den Gulli zu schütten. Der bayerische Innenminister wies bereits darauf hin, dass zurzeit nur jedes zweite Kotzbecken benutzt werden darf und Verstöße gegen die Nasen-Mund-Bedeckungspflicht, die für den Gast eintritt, sobald er sich von seinem Stuhl erhebt, für den Zeitraum der oralen Entleerung toleriert werden.

Die Zahl der Besucher in Biergärten darf auf absehbare Zeit höchstens 90% der Zahl der vorhandenen Stühle betragen. Jeder neunte Platz muss also frei bleiben. Der bayerische Brauerei- und Gaststättenverband versucht, diese Regelung einzuhalten, indem nur Menschen mit Lederhose bzw. Dirndl zugelassen werden. Ein wahrer Auftragsboom für Abdecker, Kürschner und Schneider wird die Folge sein. In den sieben Wochen des Freiheitsentzugs ist die immer ein bisschen feuchte Lederhose nämlich ordentlich eingeschimmelt. An die frische Luft durfte man ja nur, um Sport zu machen. Lederhosen betreiben keinen Sport. Und die Dirndl passen nach sieben Wochen Wohnungshaft wegen der von Dutzenden von Hilfsinitiativen herbeigeschleppten Nutellagläser längst nicht mehr.

Doch nicht nur vor und während des Biergartenbesuchs wirkt Aiwangers Konjunkturprogramm. Die deutlich wichtigeren Folgen ergeben sich danach:

Zwar konnten sich die meisten Apotheker mit selbstgebrautem Desinfektionsmittel gerade noch vor dem Verhungern retten, aber die finanziellen Einbußen durch den Verkaufsrückgang von Haarwuchsmitteln trafen die Branche schon hart. Hinfort werden vor allem Kopfschmerztabletten aller Art die Umsätze in die Höhe schnellen lassen. Staatliche Hilfe fordern die Pharmazeuten jetzt nur noch für die psychologische Betreuung der überwiegend zutiefst depressiven Apotheker, die sieben Wochen lang ihrer Kundschaft statt schützender Atemmasken nur ihre Apothekenzeitung mitgeben konnten, wohl wissend, dass diese dem Virus genauso wenig entgegenzusetzen hat wie allen anderen Krankheiten.

Wirtschaftlich erhebliche Erfolge sind zu erwarten durch Aiwangers Idee, den Biergartenbesuch mit einem Automobilkauf zu kombinieren. Wer geht schon zu Fuß in den Biergarten, wenn er ein neues Auto vor der Türe stehen hat? Dadurch kann die Verweigerung einer Abwrackprämie durch die Regierungskoalition mehr als kompensiert werden. Jetzt werden nämlich nicht nur alte, ohnehin bald fällige Fahrzeuge verschrottet, denn, ähnlich wie beim Bierkonsum im Garten, folgt nach der Heimfahrt auf die Vernichtung des Neuwagens sofort ein Zweitkauf.

Der entscheidende Vorteil gegenüber der traditionellen Abwrackprämie ist, dass von dieser Methode nicht nur die Automobilindustrie und die Schrottpresseneigner profitieren, sondern auch zahlreiche andere Branchen:

Eines der Argumente, mit denen die Abschleppfirmen staatliche Hilfe forderten, war die Behauptung, ihre Gewerbe könne nicht mit Kompensationsgeschäften nach der Pandemie rechnen. Die Leute würden nach der Krise nicht mehr Autos zu Schrott fahren als vorher. Dieses Argument ist nun obsolet. Denn dank Aiwangers Vorstoß werden die Kompensationsgeschäfte bereits in die Pandemie vorgezogen.

Vom dabei steigenden Bedarf an Krücken, Bruchschienen und Verbandsmaterial profitieren Sanitätshäuser und Apotheken gleichermaßen.

Und natürlich wird eine Berufsgruppe zu neuem Leben erweckt, deren trauriger Lebensinhalt wegen der Angst ihrer Kunden vor Ansteckung es während der letzten Wochen war, die leeren Stühle in ihren Wartezimmern zu zählen: die Ärzte und Zahnärzte, besonders letztere. Wem die Schneidezähne in der Zunge stecken, der scheut auch das Ansteckungsrisiko nicht. Während hier also wieder mächtig gerissen, geklammert und implantiert wird, können sich Teile der Nahrungsmittelindustrie die Hände reiben: Nudelhersteller zum Beispiel. 40 Minuten lang gekocht, sind diese auch für Aiwangeristen schaffbar. Und Metzger. Hackfleisch vom Jungkalb, mit eingeweichten Semmeln schlüpfrig gemacht, ist jetzt nicht nur bei Senioren der Renner.

So nimmt die Wirtschaft quer durch alle Branchen wieder Fahrt und selbst die Rechtsanwälte ihre Tätigkeiten wieder auf. Zumindest der Teil, der auf Wirtschaftskriminalität spezialisiert ist, saß doch wochenlang däumchendrehend in der Kanzlei. Wo im Lockdown keine Wirtschaft, auch keine Wirtschaftskriminalität, zumindest keine, die man verfolgt, wie Ladendiebstahl oder widerrechtliche Flaschenpfandaneignung. Jetzt kehrt auch hier ein Stück der so heiß ersehnten deutschen Normalität zurück.

Schade, dass der Hubert Aiwanger selber gar nicht gemerkt hat, was für ein geniales Programm er mit seiner Aussage angestoßen hat. Vielleicht hat er sich aber auch nur nicht getraut, das laut zu sagen, aus Angst vor dem Corona-Stalin Söder, dem so viel Freiheit einfach zuwider ist.

Er ist halt doch nur ein Hunderl.

Aber dass er dafür sorgt, dass die Bayern bald in ihren Wohnungen oder auf ihren Balkonen sitzen und ihre gebrochenen Gliedmaßen, zerschredderten Zähne und eingedrückten Nasenbeine pflegen, also jetzt wirklich daheim bleiben, wenn auch viel freier als vorher, das wird selbst dem Söder gefallen.

Ein Stückerl vom Würsterl wird’s dafür schon geben.

Fürs Hunderl.