Tipps für den Überlebenskampf

Wenn Sie zum Beispiel ein Schreiner sind und mehr Profit machen möchten, empfiehlt sich Folgendes:

Sparen Sie einfach bei Ihren Tischen zwei Beine ein und liefern zweibeinige Tische aus. Wenn die Kunden das monieren, erklären Sie zunächst, dass das Fehlen von zwei Beinen bei Tischen kein ernsthafter Mangel ist, da könne man doch mit leben. Geben sich die Kunden damit nicht zufrieden, fordern Sie diese auf, die Tische zu Ihnen in die Werkstatt zu bringen, zwecks Nachbesserung. Da schrauben Sie dann ein drittes Bein (das Sie in kluger Voraussicht längst produziert und auf Lager haben) an und erklären den Mangel für behoben. Der Tische wackelt zwar, aber er fällt nicht gleich um.

Nicht gut, die Idee? Aber warum funktioniert sie in der Autoindustrie??

Dabei kommt das Schönste noch: Die Kosten für die Nachbesserung können Sie von der Steuer absetzen. Auch wenn Sie dafür werben, in Zukunft Tische gleich mit drei oder sogar mit vier Beinen auszuliefern, sind das absetzbare Betriebskosten.

Versuchen sollten Sie’s auf jeden Fall: In der Autoindustrie geht das, wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hin gestern bestätigte.

Die Käufer von mangelhaften Tischen oder Autos können ihren Schaden übrigens nicht absetzen. Das gilt nur für Unternehmen.

Wenn Sie jetzt aber z.B. Chef einer sog. Volkspartei sind, die ums Überleben kämpft, weil niemand Sie mehr wählen will: Vielleicht hilft hier ein bisschen nachdenken?

Und nein! Nicht gleich wieder auf die Flüchtlinge kommen!

Ängste? Aber gerne!

Die SPD zu mögen fällt nicht erst seit Gerhard Schröder, das fällt Linken schon seit der „Lichtgestalt“ Helmut Schmidt reichlich schwer. Das „Wunder von Würselen“ (herrliche Erfindung des SPIEGEL) in Gestalt von „Kanzlerkandidat“ Schulz hat’s auch nicht richtig einfacher gemacht.

Auch wenn seine Entscheidung, nach dieser Wahl in die Opposition zu gehen, sicher vernünftig ist. Vielleicht entdeckt die SPD dort ja, dass sie ursprünglich einmal eine linke Partei war und traut sich das auch wieder laut zu sagen. Vor allem aber auch deswegen, weil das vielleicht wieder ein bisschen politischen Streit im Bundestag aufkommen lässt und den Nazis von der AfD die Rolle als Oppositionsführer wegnimmt.

Zusammen mit der Linken könnte es eine echte Opposition zur Merkel-Stoppellindner-Özdemir-Koalition geben, deren Haltbarkeit man auf knapp zwei Jahre schätzen kann, weil ihre einzige Gemeinsamkeit das Desinteresse an den Opfern des Kapitalismus ist.

Könnte. Allzu viel Hoffnung sollte man sich nicht machen. Die „Berliner Runde“ am Abend nach der Bundestagswahl hat gezeigt, wie die Parteien auf den Erfolg der AfD reagieren werden: Entweder, man versucht, deren Positionen direkt zu übernehmen (CSU) oder man faselt, man müsse die Ängste der AfD-Wähler ernst nehmen und sie zurückgewinnen (alle außer den Linken).

Welche Ängste eigentlich? Sorgen um den Arbeitsplatz? Und das, obwohl doch seit einer angeblichen Überschwemmung Deutschlands mit Flüchtlingen die Arbeitslosigkeit (zumindest statistisch) extrem abnimmt?

Sorge um Altersarmut, unbezahlbare Wohnungen, sozialen Abstieg? Das ist spätestens seit Schröder politisches Programm der BRD und hat mit den Flüchtlingen absolut nichts zu tun.

Wenn 60% der AfD-Wähler erklären, Angst vor dem „Flüchtlingsproblem“ sei entscheidend für ihre Wahlentscheidung, 75% in derselben Umfrage sagen, es gehe ihnen wirtschaftlich gut, was lässt sich daraus schließen?

Die Mehrheit der AfD-Wähler sind offensichtlich doch extreme Nationalisten und Rassisten.

Ängste, die aus Nationalismus und Rassismus entstehen, möchte ich denen nicht nehmen. Im Gegenteil. Ich gönn‘ sie ihnen. Von Herzen.

Scherz, schlechter. Hoffentlich.

„Ganz im Ernst“ betitelt am 12.9. ein taz-Redakteur seinen Text, in dem er begründet, warum er diesmal die „PARTEI“ wählen werde. Er schreibt unter einem Pseudonym (!) mit der absurden Begründung, dass auch in der taz das Wahlgeheimnis gelte, was an der Ernsthaftigkeit des Textes doch starke Zweifel aufkommen lässt.

Auch das öffentliche Gejammere über sein unterdurchschnittliches taz-Gehalt (Wenn es dem Niveau des Textes entspricht, ist es zu Recht niedrig) und die Erklärung, seine Wahlentscheidung allein aus „seinem Interesse“, nämlich bezahlbaren Mieten, zu treffen, wirft ihn meilenweit hinter Wahlomat-Entscheider zurück.

Warum dann aber sehr sachliche und ernsthaft (!) begründete Aussagen, warum die anderen Parteien für ihn nicht wählbar sind? Warum korrekte Vorwürfe an die Agenda-SPD? Warum die richtige Erkenntnis, dass er mit „seinem Interesse“ eigentlich bei der Linken recht gut aufgehoben wäre?

Und warum dann gleich darauf die natürlich nur kabarettistisch zu verstehende Einlassung, eine zu schwache Linke könnte eh nichts ändern, eine zu starke aber dafür sorgen, dass die BRD Putin und Roul Castro bauchpinselt?

Also doch alles nur ein Scherz? Warum dann aber die ja sehr nachvollziehbaren Feststellungen, die SPD könne man erst wieder wählen, wenn die Agenda-Generation um Schulz und Schröder abgetreten ist, die Grünen erst, wenn sie „mehr als Öko pur“ anzubieten hätten, die Linke erst dann, wenn sie „ihre Steinzeitkommunisten“ kaltstellt (was er offensichtlich ernst meint).

Also doch „ganz im Ernst“? Wenn die Parteien sich so, wie beschrieben geändert hätten, könnte man auch wieder „etwas Richtiges“ wählen, bis dahin aber nur die Spaßpartei. Spaßig.

Nur dass bis dahin ein Mob von 60 bis 70 Braunen, die jetzt schon wieder davon sprechen, ihre politischen Gegner „entsorgen“ zu wollen, im Bundestag sitzt und die Reste von Schafspelzen ablegen wird. Und die meinen das gar nicht spaßig.

Dadurch, dass man die „PARTEI“ wählt, die nicht in den Bundestag einziehen wird, stärkt man, ob man will oder nicht, die Nazis. Ernsthaft.

Flexibilität

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland:
Art. 6/1: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“

Innenminister de Maizière:
Dies gilt nicht für ausländische Familien, insbesondere nicht für afghanische und syrische.

Der Artikel 6 des Grundgesetzes lässt eine solch flexible Auslegung allerdings gar nicht zu. Der Erlass, Familiennachzug weiterhin zu verbieten, ist auch falsch, weil er dafür sorgt, dass zigtausende alleinstehende (und meist auch junge) Männer in Sammelunterkünften leben müssen, verständlicherweise mit ihrem Leben dort unzufrieden sind und diese Unzufriedenheit sich immer öfter auch in unschönen Aktionen äußert.
Dass Wahlkampftaktik Verstand außen vorlässt, ist nicht neu. Dass Wahlkampftaktik einen Artikel aus dem Verfassungskern außer Kraft setzen kann, ist bemerkenswert.

 

Armer, armer Oligarch

Mitleidig, fast schon ein bisschen weinerlich bedauert Christian Neef im SPIEGEL 30/2017 einen Herrn namens Nitrat Achmetow, Wohnort: Ukraine, Beruf: Oligarch.

Die bösen Russenfreunde (oder gar echte Russen) in der Ost-Ukraine haben sich nämlich erlaubt, das „Eigentum“ sogenannter Oligarchen zu verstaatlichen. Und wie.

Herrn Achmetow kostete diese Maßnahme laut SPIEGEL zwei Stahlwerke, zwei Kokereien, ein Röhrenwerk, drei große Kohlebergwerke und ein Wärmekraftwerk nebst dem Stadion in Donezk.

„Seine Verluste gehen in die Milliarden“ (Neef).

Da können einem schon die Tränen kommen.

Vor allem, wenn man bedenkt: Bis 1991 war die Ukraine Teil der Sowjetunion. Privatbesitz an Produktionsmitteln gab es da nicht. Kaum war das (nach der Zerstörung der Sowjetunion durch Herrn Gorbatschow und der Unabhängigkeit der Ukraine) erlaubt, hat sich Herr Achmetow hingesetzt und im Schweiße seines Angesichts Milliönchen um Milliönchen, ach was! Milliarden mit harter Arbeit und in unzähligen Nachtschichten mühsam verdient und wie eine schwäbische Hausfrau aufs Sparkonto gelegt. Bis es (laut Forbes-Liste) mal rund 12 Milliarden Dollar waren. Das kann man dem doch nicht einfach wegnehmen!

Aber so ist es halt, wenn die Russen kommen.

De mortuis nisi nil bene

Über Tote soll man, so haben es angeblich die alten Römer gesagt, nichts sagen außer nur Gutes. Oft ist das nichts anderes als die Aufforderung, entweder das Maul zu halten oder zu lügen. Als ob die Menschen dadurch besser geworden wären, dass sie tot sind. Nun ja, sie können keine illegalen Parteispenden mehr einsammeln, immerhin…

Klar, es geht um Helmut Kohl. Um den, als er noch lebendig war. Als Toter interessiert er mich nicht die Bohne.

Aber das Maul verbieten lasse ich mir von den alten Römern auch nicht.

Als jemand, der das Pech hatte, einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens zusammen mit der Kanzlerschaft Kohls verbringen zu müssen, erinnere ich mich zunächst an das unsägliche Geschwurbel von einer „geistig-moralischen Wende“. Und dann an nichts mehr, jahrelang. Allenfalls an einen CDU-Provinzkarrieristen, der das Problem hatte, immer in einem zu kleinen Anzug und einem zu großen Amt zu stecken, das er aber bald erfolgreich plattgesessen hatte.

Dann hat ihm Gorbatschow die DDR geschenkt (im Wegschenken war der wirklich ein Großer) und Kohl hat sie genommen.

Das soll sein Verdienst bleiben.

Allerdings darf man nicht übersehen, dass die sog. „Deutsche Einheit“ letztlich ein Kollateralschaden der Zerstörung der Sowjetunion war. Über beides muss man nicht uneingeschränkt glücklich sein, wenn man an die vielen „heißen“ Kriege mit unzähligen Toten denkt, die dem Kalten Krieg gefolgt sind, und an das Hochkochen des braunen Sumpfes in Deutschland bis in die sog. gesellschaftliche und politische Mitte hinein.

Für den langen Rest seiner Amtszeit ließ sich Kohl als „Einheitskanzler“ feiern. Ich hab‘ ihn mehr als Strickjackenkanzler in Erinnerung. Immerhin haben diese stets ein bisschen verwaschen aussehenden Strickjacken recht gut zum Wodkagesicht seines russischen Männerfreundes Jelzin gepasst.

Irgendwann konnten ihn selbst seine „Parteifreunde“ in der CDU nicht mehr ertragen, besonders seine Nachfolgerin nicht, die Frau Merkel.

Und die schickt sich jetzt an, ihn in Stil und Länge der Amtszeit zu übertreffen.

Ob ich Frau Merkel überleben werde, weiß ich nicht. Deshalb füge ich sicherheitshalber den Nachruf auf sie gleich hier an. Und weil dieser Nachruf ja ein vorläufiger ist, dann doch nach römischer Sitte, nur das Gute:

Sie hat die Flüchtlinge aus Ungarn reingelassen damals, ja.

Fake-News made in Germany

Wer auf die Idee gekommen ist, Anne Will sei eine politische Fachfrau und man müsse ihr deshalb den schönen Sonntagabend-Sendeplatz zum Diskutieren geben, ist unbekannt. Insofern lediglich ein bisschen nachvollziehbar, als sie tatsächlich – im Gegensatz zu ihren Vorgängern, die nur noch reine Stichwortgeber für die dpa-Mainstream-Meinung waren – recht informiert in die Sendungen geht. Was dabei rauskommt, ist allerdings noch widerlicher als vorher:

Beispiel Sendung Sonntag, 09. April 2017. Es geht um Syrien, genauer um den Giftgasanschlag in Samrin und das darauffolgende amerikanische Bombardement eines syrischen Flughafens.

Eingeladen waren Frau von der Leyen, ein Bundeswehrprofessor, ein amerikanischer Ex-Diplomat vom Stile Henry Kissingers, als Gegenmeinungen ein ZEIT-Journalist und ein linker Biowaffen-Experte, der in Syrien vor Ort war.

Macht vier zu zwei, denn Anne Will erwies sich als unbeeindruckbare Vertreterin des westlichen Standpunkts: Der Linke, der ziemlich überzeugend, weil auch als Kenner der Situation vor Ort, erklärte, dass dieses Giftgas genausogut aus den Händen syrischer „Rebellen“ stammen könne, und deshalb der Meinung war, dass eine Bomben-Reaktion vor Aufklärung der Urheberschaft eindeutig völkerrechtswidrig sei, wurde in seiner Argumentation einfach ignoriert und interessanterweise ausgerechnet von der deutschen Verteidigungsministerin dahingehend gerügt, das man im Falle eines Giftgasangriffs auf die Bevölkerung – einfach weiter unterstellend, das sei das Assad-Regime gewesen – das Völkerrecht im Interesse des Volkes auch mal vergessen könne.

Interessanter Standpunkt einer deutschen Ministerin.

Dem ZEIT-Journalisten, der auf die Rolle des Westens im Syrien-Krieg hinwies (als neuen Stellvertreter-Krieg im Amerika-Russland-Konflikt) durften unwidersprochen von den anderen üble Verschwörungstheorien unterstellt werden.

Und so wurde unverdrossen weiterdiskutiert: Welche positiven Auswirkungen dieser amerikanische „Luftschlag“ denn haben könnte. Ernsthaft.

Als dann der Linke in seinem Schlusswort alle Beispiele aufzählte, wo ein vom „Westen“ erbombter Regimewechsel in Chaos, Bürgerkrieg und Erstarken des sog. IS mündete, (Libyen, Irak, Afghanistan) gab es großen Beifall im Publikum.

Da mochte dann auch Anne Will nicht mehr widersprechen.

Professionelle Politamateuere

Da hat sich der Herr Innenminister aber wieder mal was Hübsches einfallen lassen: Weil ein CSU-Landtagsabgeordneter bei einer Bürgermeisterwahl in einem unterfränkischen Dorf seinen Stimmzettel fotografiert und gepostet hat, hat der Herr Minister die Bundeswahlordnung dahingehend modifiziert, dass ab sofort Fotografieren in der Wahlkabine verboten ist.

Natürlich ist das Fotografieren und Posten von Stimmzetteln genauso bescheuert wie das Mode gewordene penetrante Posten von Bildern des eigenen Mittagessens. Wobei diese Bilder manchmal ja wenigstens noch ganz nett ausschauen und Appetit machen können. Ob ein Stimmzettel attraktiver wird, weil jemand dort sein Kreuz bei der CSU gemacht hat, sei mal dahingestellt.

Für Kabarettisten oder Büttenredner attraktiv dürfte die Begründung für dieses Verbot sein, vorgetragen von einem Ministeriumssprecher: Wenn jemand real gefragt werde, was er gewählt habe, dürfe er lügen, wegen Wahlgeheimnis und so. Da schau her! Vielleicht erlaubt ihm das Wahlgeheimnis ja auch, einfach die Klappe zu halten? Und was macht der Minister, wenn ein Fotografiersüchtiger seinen Wahlzettel fotografiert und daheim per Bildbearbeitung ein alternatives Faktum schafft vor dem Versenden, also virtuell lügt – wegen Wahlgeheimnis und so?

Vollends amateurhaft sind die Ausführungsbestimmungen: Der örtliche Wahlvorstand habe jemanden, der „in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat (…) zurückzuweisen“. „Wer erwischt wird, darf nicht an der Bundestagswahl teilnehmen“, erläuterte der Sprecher.

Erstaunlich. Vielleicht bin ich ja blauäugig, aber heißt Wahlgeheimnis nicht eher, dass man beim Wählen nicht beobachtet werden darf, als dass man hinterher lügen darf? Oder steht der Wahlvorstand jetzt großohrig am Vorhang und lauscht, ob  er ein Klicken hört? Und dann? Hat der – in der Regel ehrenamtliche – Wahlvorstand dann das Recht, das Handy zu durchsuchen, um Beweise zu finden? Und dann meinen Stimmzettel zu zerreißen?

Das möchte ich mal erleben, wie ein ehrenamtlicher Wahlvorstand jemandem wegen unerlaubten Fotografierens ein Grundrecht verweigert, das in der Regel selbst Kriminellen nicht aberkannt wird.