So fährt man im Jahr 2019!
Zum Garagenbau bitte noch beachten:
Gewicht: 2,5 Tonnen
Länge: 4,84 m
Breite: 2,15 m
Politik – Literatur – Bayern
So fährt man im Jahr 2019!
Zum Garagenbau bitte noch beachten:
Gewicht: 2,5 Tonnen
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Breite: 2,15 m
(Alle kursiv gesetzten Passagen sind wörtlich der neuen, in überregionalen Zeitschriften erschienenen Amazon-Werbung entnommen.)
Man kann sich überhaupt nicht mehr vorstellen, wie die Leute das früher gemacht haben, Partys, Feten oder Get-togethers, wie es bei Amazon heißt, ohne Alexa. Erst, seit es den neuesten Wurf von Alexa gibt, gehen die doch wirklich richtig!
Weil zum Beispiel, sobald der Blick – wenn auch nur kurz – aufs Smartphone gerichtet ist, ist jede Unterhaltung sowieso tot. Dank Alexa muss man auf Feten das Smartphone gar nicht erst in die Hand nehmen! Das ist ja nun eine wirklich unerhörte Neuerung! Und man muss auch nicht mehr vor allen Gästen das Rezeptbuch hervorkramen oder mit schmierigen Fingern auf dem Bildschirm herumtippen! Alexa weiß das Rezept doch – man muss ihr nur sagen, was man kochen möchte, dann wird man Schritt für Schritt von den Rezeptzutaten bis zum fertigen Gericht geführt. Außerdem kann man einen Timer einstellen und sich während der Kochzeit ganz (seinen) Liebsten widmen. Die Festgesellschaft muss also nicht mehr, wie früher, gebannt auf den Küchenwecker starren und Wetten abschließen, wann er klingelt…
Mit einer smarten Glühlampe kann Alexa übrigens auch das Wohnzimmerlicht dimmen! Ist das nicht toll? Was haben wir das früher vermisst!
Auch um die Musik muss man sich nicht mehr kümmern. Wenn man Alexa zum Beispiel sagt „Alexa, spiel Jazz!“, spielt sie Jazz. Vorausgesetzt, wie in einer mikroskopisch kleinen Fußnote angemerkt wird, man besitzt ein Musik-Abonnement. Jazz also. Das ist ein weites Feld. Aber man muss sich schließlich nicht mehr erwürgen oder die Köpfe einschlagen beim Streit darüber, was für einen Scheiß die Kiste da spielt, man kann sie ja einfach fragen. Dadurch haben wir jetzt bei all dem die Hände frei, um auf alte und neue Erlebnisse anstoßen zu können. Das ist insofern richtig, als man zum Würgen und Zuschlagen früher immer mindestens eine Hand benötigte.
Falls man nach dem gemeinsamen Anstoßen zum Schluss kommt, dass man den Krach, den Alexa da macht, nicht mehr hören kann, kann man Alexa auch auffordern, seine Lieblingsmusik zu spielen (vorausgesetzt, man hat ein klitzekleines Musikabonnement). Damit nicht genug! Mitsingen ist ausdrücklich erlaubt! Denn(!) auch die entsprechenden Songtexte werden auf dem Bildschirm angezeigt. Ist das nicht wunderbar? Alle gucken Alexa auf den Bildschirm und singen völlig freihändig. Keiner muss mehr ins Nebenzimmer rennen und nach dem ollen Liederbuch suchen! Und man darf ja auch aus gutem Grund mitsingen: Weil die Songtexte auf dem Bildschirm stehen…
Man kann, versichert Amazon, Alexas Mikrofon per Knopfdruck abschalten und ihre Kamera über eine integrierte Kameraabdeckung schließen lassen. Aber nicht vergessen, vorher die schmierigen Finger abzuwischen!
Jetzt ist Alexa blind und taub und man kann sich unterhalten.
Ein Kommentator der MAIN-POST meint, dass Chaos und Unrecht in Libyen „mit der Verhaftung (eines) deutsch-tunesischen UN-Spezialisten“ begonnen habe. Abgesehen vom Fehler in der Überschrift (Syrien statt Libyen, aber das passt ja irgendwie auch) ist es der Mainpost gelungen, meinen Leserbrief dazu unverstümmelt zu veröffentlichen.
Für Nicht-Mainpost-Leser hier der Text:
„Nein, das Elend in Libyen begann nicht, wie der Kommentator Martin Gehlen meint, mit der Verhaftung eines deutsch-tunesischen UN-Spezialisten. Das Elend begann mit dem Beschluss des Westens, den lybischen Regierungschef und „Revolutionsführer“ Gaddafi wegzubomben. Mag sein, dass dessen Regime verbrecherisch war. Aber so viele Verbrechen konnte Gaddafi gar nicht begehen, wie jetzt in Libyen Alltag geworden sind.
Überall da, wo der Westen mit Gewalt versucht, entweder durch direktes Bombardement (Libyen, Irak, Afghanistan) oder durch militärische Unterstützung von Rebellengruppierungen (Syrien) ihm unliebsame Regierungen zu eliminieren, hinterlässt er Chaos, Bürgerkrieg und Elend. Ein ähnliches Schicksal droht dem Iran.
Man kann doch nicht im Ernst erwarten, dass durch den von außen herbeigeführten gewaltsamen Sturz von Regierungen Demokratien entstünden – in Ländern, in denen demokratische Strukturen keinerlei Tradition haben.
Dass man die eigentlichen Ursachen der Bürgerkriege hierzulande konsequent vertuscht, wirkt schon fast zynisch.“
Es ist im Augenblick etwas still im Blog. Das liegt, wie jedes Jahr, an den Vorbereitungen für die liTrio-Lesungen.
Für interessierte Kurzentschlossene:
Donnerstag, 21.3. um 19.30 in der Disharmonie in Schweinfurt und
Freitag, 22.3. um 19 Uhr im Kunsthaus Michel in Würzburg.
Näheres unter www.litrio.de
Am Samstag, den 16.2. wurde in der MAINPOST ein Leserbrief von mir veröffentlicht – leider, wie so oft, wurde dabei der doch meist nicht ganz unwichtige letzte Satz weggelassen.
Da dieser Leserbrief auch viele der Polplot-Abonnenten angeht, veröffentliche ich ihn hier nochmals vollständig:
„Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Schülerdemonstrationen zum Klimaschutz häufen sich Leserzuschriften aus der älteren Generation mit üblen Unterstellungen und absurden Forderungen. Die Jugendlichen von heute würden sich 300 Meter Weg zur Schule mit dem Auto fahren lassen, sollten auf ihr Smartphone und Urlaubsflüge verzichten und sich Einkäufe nicht übers Internet schicken lassen.
Abgesehen davon, dass außer den unterstellten Schulwegfahrten alle anderen hier angeprangerten Konsumgewohnheiten eher auf die Jahrgänge zutreffen, die dem Schulalter entwachsen sind: Wenn man bei den Vorwürfen gegen die Schüler schon zu dem Schluss kommt, jeder solle zuerst bei sich selber anfangen: Vielleicht könnten die älteren Generationen auch auf den zu jeder Fußball-WM neu angeschafften Großbildfernseher verzichten? Vielleicht gar auf ihr Auto (viele Jugendliche in den Städten tun das bereits) oder zumindest auf diese ökologisch irrsinnigen SUVs (kaufen Jugendliche eher selten)? Es sind auch eher selten Schüler, die in den Vorstandsetagen der Unternehmen sitzen, die ungerührt Gewinne mit schadstoffspuckenden Fahr- und Flugzeugen machen.
Es sind doch nicht die Schüler von heute, die das Klima ruiniert haben! Wir Älteren sollten vorsichtig sein, denen Verzicht abzufordern, die die Folgen unserer zeitüblichen Konsumgewohnheiten auszubaden haben.“
Zugegeben: Nicht immer ist eine neue Offenheit in der Gesellschaft positiv. Wenn das braune Gesindel, das es hier gibt und immer schon gab, seinen Mist inzwischen offen und ungeahndet in die Welt setzen kann, so dass jeder normale Mensch davon krank wird, ist das nicht schön.
Schön ist, dass man über so hervorgerufene Krankheiten jetzt auch in der Öffentlichkeit viel ehrlicher und sogar im Fernsehen sprechen darf:
Vor den 20-Uhr-Nachrichten in der ARD treten zurzeit regelmäßig Menschen vor einem sehr ungesund aussehenden grellgrünen Hintergrund auf – und führen uns erst einmal gehörig hinters Licht:
Es sei nicht leicht, öffentlich über Darmprobleme zu erzählen, geben sie vor, um gleich darauf zu demonstrieren, dass das vielleicht FRÜHER mal so war, aber jetzt doch nicht mehr:
In aller Ausführlichkeit werden die diversen Malaisen, die ein sogenannter Reizdarm mit sich bringt, geschildert und so detailliert, dass man es förmlich hören und riechen kann und sich unwillkürlich versichert, ob das nächste Klo frei ist.
Und dann wird das ebenfalls grün eingeschachtelte Wundermittel gezeigt, das all diesen Unbilden Abhilfe schafft. Es hat den wenig appetitanregenden Namen Kijimea Reizdarm.
Der Erfinder dieses hübschen Namens musste beim Erfinden wohl gerade ganz schnell auf die Toilette, Zeit für ohnehin überschätzte Präpositionen blieb da nicht. Dafür wird erklärt, wie es wirkt: „Wie ein Pflaster für den gereizten Darm“. Nun kennt man zum Beispiel Hautreizungen, Gelenkreizungen, Nervenreizungen usw. und eben auch Darmreizungen. Dass dagegen Pflaster helfen, wusste man bislang nicht.
Die Vermarktung scheint dennoch gut zu funktionieren, deswegen hier ein paar Tipps für weitere medizinische Produkte:
Apspipin Schädelweh. Wie ein Pflaster für den brummenden Kopf.
Ipupsprofen Eiterzahn. Wie ein Pflaster für den zerstörten Zahn.
Makrufahr Aderdicht. Wie ein Pflaster für das verdickte Blut.
(Weitere kreative Schöpfungen werden gerne via Kommentarfunktion entgegengenommen.)
Was ich mir jedoch für den neuen Titelträger „Schöpfer des Unworts des Jahres“ und seine Gesinnungsgenossen wünschte, wäre so etwas wie
Afdrobrindt Hirnerweichung. Wie ein Pflaster für das kranke Hirn.
Helfen wird’s freilich nicht.
Aber dann wenigstens ein großes Pflaster fürs Maul!
Es ist kaum zu fassen: Da suhlt sich der Spiegel über 20 Seiten lang in Selbstmitleid wegen Relotius, ein paar Seiten später taucht eine genauso schwulstige Story über Amazon auf, die vor tollkühnen Unterstellungen nur so strotzt.
Autor Guido Mingels spricht keineswegs von sich und ein paar seiner Kumpels, sondern von „uns“, wenn er sich darüber freut, dass er zum Einkaufen nicht mehr in einer Schlange anstehen muss, sondern sich alles – via „Alexa“ – in seine „zugige Holzkammer“ liefern lassen kann, die er offensichtlich so gut wie nie verlässt, denn er ist ja immer da, auch wenn der Paketschlepper „zur Unzeit“ kommt. Wenn man sich die zum Beleg angeführte tägliche Einkaufliste ansieht (Er lässt sie sich natürlich von „Alexa“ vorlesen…), wundert einen nicht, dass er kein Geld mehr für Renovierung oder wenigstens Abdichtung hat.
„Wir lieben Amazon, wir fürchten Amazon“. Was soll dieses großmäulige „wir“?
Ich hasse Amazon.
Denn natürlich ist Amazon eine Krake, die ihre Mitarbeiter ausbeutet und sich die Welt als eine Ansammlung von Konsumsüchtigen vorstellt (da schreibt schon der richtige), ob es aber die ganze Welt tatsächlich beherrschen will, wie Mingels unterstellt, bleibt zumindest abzuwarten. Und immer noch bestünde ja die rechtliche Handhabe der Zerschlagung eines solchen Konzerns, auch wenn in den USA diese „Praxis unpopulär“ geworden sei. Ein wirklich wuchtiges Argument!
Letztlich gibt es für den Autor zwei Gründe, warum Amazon immer mächtiger wird: Erstens: Es ist schon mächtig. So sehr, dass es „für den Kunden kein Entkommen mehr gibt“. Grund zwei: Der Kunde (wieder so eine Verallgemeinerung, bei der Mingels von sich auf alle schließt) will ja auch gar nicht mehr entkommen, weil alles soo bequem ist.
„Es gibt kein Entkommen, solange wir nicht entkommen wollen“, folgert er, ein Satz, den Immanuel Kant schon vor 235 Jahren viel überzeugender formuliert hat: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“.
Wie kann man nur so borniert sein, freiwillig in seiner („zugigen“!, Frischluft gibt’s immerhin) Stube hockenzubleiben und mit einer schwarzen Coladose zu kommunizieren?
Kleiner Tipp an „uns“: „Wir“ sollten „Alexa“ (falls „wir“ eine haben, laut einer Umfrage der Zeitschrift „digital pioneers“ sind das 7,1 Prozent der Befragten), auf eine Eisenbahnschiene legen (vielleicht bestellt sie im Abgang ja noch einen Nusskuchen), dann einen Einkaufszettel schreiben und damit in den nächsten Laden gehen. So kauft man nicht jede Menge unsinnigen Plunder, entlastet die Umwelt und hat übrigens auch noch die Möglichkeit, mit dem Kassierer oder den Menschen vor dem Regal ein paar nette Worte zu wechseln.
Und zum Renovieren bleibt dann auch was übrig.
„Stabilität“ sei jetzt das Wichtigste, ist dem Söder in den letzten Tagen vor der Landtagswahl eingefallen. Und gewarnt hat er vor einem „unregierbaren“ Bayern mit bis zu sieben Parteien im Landtag.
Wie er sich das vorstellt mit der Stabilität, ist dann auch gleich am Wahlabend deutlich geworden: Er bleibt natürlich Ministerpräsident, über Konsequenzen aus dem schlechten CSU-Wahlergebnis wird gesprochen, wenn er vereidigt ist. Damit Bayern stabil bleibt.
Dass Stabilität kein politischer Wert an sich ist, kann man zum Bespiel daran erkennen, dass die stabilsten Staaten die astreinen Diktaturen sind wie Nordkorea. Oder China oder solche Staaten. Eine Partei, die den Chef stellt, der dann durchregiert. Und zwar dauerhaft. Wie in Bayern bislang halt auch.
Hat nicht auch ein anderer deutscher Politiker vor rund 90 Jahren erfolgreich Stabilität versprochen und eine Beendigung des „Parteiengezänks“? Ist dem Söder und der CSU noch gar nicht aufgefallen, dass die Forderung nach stabiler (möglichst Allein-) Herrschaft irgendwie so gar nicht zu einer Vorstellung von Demokratie passen mag?
Eigentlich war vor der Wahl schwer vorstellbar, dass die CSU nach der Wahl noch unsympathischer rüberkommt als vorher. Aber sie kann das. Er nehme das Wahlergebnis „mit Demut“ hin, heuchelt es aus Söder heraus, unmittelbar, bevor er feststellt, dass er selbstverständlich stabil Ministerpräsident bleiben wird.
Zum Vorbild hat man sich die ganz besonders stabilen Staaten offensichtlich auch innerparteilich genommen: Ministerpräsident, Parteichef und Generalsekretär (alle CSU) äußern in allen Interviews nahezu wortgleich, dass es auf Stabilität ankomme und dass man einen eindeutigen Regierungsauftrag habe.
In Nordkorea darf immer nur einer sagen, was wichtig ist. In Bayern dürfen neuerdings drei CSU-Spitzen dasselbe sagen. Das nennt man innerparteiliche Demokratie oder auch Geschlossenheit oder so.
Nur dem Vollhorst ist das wieder nicht ganz gelungen. Brav hat er, wie abgesprochen, in der Pressekonferenz die CSU-Basis für den Wahlkampf gelobt – und den Söder Markus. Er konnte sich aber den Satz nicht verkneifen, dass alles, als er von fünf Jahren hier gestanden habe (als bayerischer Ministerpräsident), noch ganz anders ausgesehen hätte. Brav, Horsti! Da geht noch mehr! Gib’s ihm weiterhin!
Aber du kannst froh sein, dass du in Bayern lebst. In Nordkorea würdest du jetzt offiziell oder inoffiziell hingerichtet. Das wirst du in Bayern zwar auch (nach der Hessenwahl), bloß nicht so blutig.
Der schon selbst wiederernannte Ministerpräsident überlebt, hat aber ein „Problem“: Jetzt muss der mit den „Freien Wählern“ eine Koalition eingehen. Diese sind ursprünglich ein Sammelsurium von 1978 aus der CSU ausgetretenen Kommunalpolitikern, denen die CSU zu liberal geworden war. Seitdem sind sie beleidigt, dass sie in Bayern nicht mehr mitregieren dürfen und sind eine Mischung aus Bauernverband und Bayernpartei (intellektuelle Ausrutscher, die es in dieser Partei durchaus mal gibt, werden ziemlich zügig weggemobbt). Jetzt dürfen sie wieder mitregieren und ihre Lieblingsvorstellung vertreten: Macht Bayern wieder, wie es vor hundert Jahren war: Grüne Almwiesen, glückliche Kühe, schuftende, aber unerklärlicherweise genau aus diesem Grund auch kuhgleich glückliche Bauern, die alle CSU wählen (nachdem sich die Freien Wähler wieder mit der vereinigt haben – wegen der Stabilität). Und Kruzfixe nicht nur in Amtsstuben, sondern überall, wo technisch die Möglichkeit besteht, eines anzunageln.
Dazu braucht es vor allem: Grenzen dicht, dicht, dicht. Billigen Diesel für die christlichen Traktoren. Und Dialektunterricht in den Schulen, damit die bayerischen Kinder endlich auch mal „Opfelsoft“ ordentlich aussprechen können.
Neben diesem „Problempartner“ (ärgerlich freilich, dass die auch ein paar Ministerien und einiges von dem Staatsgeld wollen, das doch bislang so gut bei der CSU aufgehoben war), hat der Söder in Zukunft auch noch mit fulminanter Opposition zu rechnen:
Mit der AfD wird er sich streiten müssen, wem rechtspopulistische Ideen als erstem eingefallen sind.
Von den 12 FDP-Abgeordneten, die nach Aussage des bayerischen FDP-Vorsitzenden Kennichnicht „nicht mit den linken Parteien“ (wen meint der ??) konkurrieren, wird sich die neue Regierung anhören müssen, dass sie weiterhin alle kriminellen Machenschaften der Industrie gehörig zu fördern habe. Und dass Einwanderung nur erlaubt werden dürfe, wenn der einzelne Antragsteller handverlesen der bayerischen Industrie nutzt, sprich, ordentlich ausbeutbar ist.
Die bayrischen Grünen erklären, sie hätten jetzt die „bürgerliche Mitte“ übernommen. Richtig, so gewinnt man Wähler. Aber war die ursprüngliche Idee nicht eine andere???
Jemanden vergessen? Ach ja, die SPD. Die Partei, die seit ihrer Gründung immer am intensivsten daran arbeitet, sich selbst zu zerstören, weil sie sich nie entscheiden wollte, ob sie eigentlich wirklich links sein will. Die Partei, die mitgemacht hat, dass ihr damaliger Auto-, Armani- und Zigarrenkanzler Schröder 20 Prozent der Menschen in die Armut und weitere 20 Prozent in die Angst vor der Armut gejagt hat. Die Partei, die sich nicht traut, trotz seit Jahren brummender Wirtschaft und irrer Unternehmensgewinne eine ordentliche Vermögenssteuer oder wenigstens eine angemessene Finanztransaktionssteuer auch nur zu fordern.
Politisch erbärmlich, aber wenigstens nicht ganz unsympathisch sind Positionen innerhalb der SPD, die immerhin ein bisschen Brosamen von den Unternehmergewinnen für die Armen einfordern. Eine brauchbare Wohnung für alle zum Beispiel. Die Spitzenkandidatin der bayerischen SPD, Natascha Kohnen, hat das im Wahlkampf versucht. Und in Diskussionen wurde sie immer wieder genötigt zu erklären, dass sie diese Positionen im Gegensatz zu ihrer Parteiführung vertritt. So viel zur „Oppositionspartei“ SPD. Kohnen wurde vom SPD-Rechtspopulisten Ude (Ex-Münchner OB) gleich zum Rücktritt aufgefordert. Vermutlich findet auch die Mehrheit ihrer Rumpffraktion im Landtag, dass sie zu links ist.
Fazit: Gut 37% CSU (alle stramm rechts, die sozialen und liberalen sind ja die Weggelaufenen), gut 11% Freie Wähler, gut 10% AfD und 5% FDP macht allein 64% rechte Abgeordnete im Landtag. Von den Rechten innerhalb der SPD und den Grünen mal abgesehen.
Die 64% hatte die CSU mal alleine. Jetzt muss sie sich diese teilen – mit anderen Rechtsparteien.
Klingt schlimm stabil.
Die schönsten Staus entstehen durch die Ankündigung ihrer selbst.
Urlaub ist als strukturelle Umweltsauerei ziemlich verpönt neuerdings. Ganz schlimm: Flugzeug. Fast genauso schlimm: Kreuzfahrt. Am schlimmsten, weil am meisten aber immer noch: Auto. Was viele nicht wissen:
Seit Jahren arbeitet unsere bekannt automobilkritische Bundes- und natürlich auch die bayerische Staatsregierung an einer Reduzierung des Urlaubsverkehrs.
Die bayerische Staatsregierung versucht, mit Hilfe des parteieigenen Fernsehsenders die Menschen zum Zuhausebleiben zu bewegen. „Dahoam is dahoam“ heißt das unsäglich dümmliche Machwerk. Dass sie damit tausende von Deutschen in die Flucht treibt und damit ähnlich erfolgreich ist wie bei der Bekämpfung der AfD, ist Fakenews.
Wesentlich cleverer stellen sich da die deutschen Autobahnbehörden (Chef: Verkehrsminister Scheuer) an:
Beliebt sind zum Beispiel ständig wechselnde Höchstgeschwindigkeiten durch die „elektronische digitale Verkehrsführung“. Das Prinzip geht so: Je mehr Autos, desto geringer die erlaubte Geschwindigkeit, desto mehr Stau. Vor allem, weil beim Runtersetzen des Tempolimits so mancher Autofahrer erschrocken auf die Bremse tritt. Was das im dichten Kolonnenverkehr bedeutet, weiß jeder.
Manchmal gibt es Autofahrer, die es für klüger halten, einfach zügig weiterzufahren, aller Anzeige zum Trotz. Das geht recht flüssig. Bis hinter der Kurve der Polizei-BMW auf dem Standstreifen auftaucht. Da nehmen die meisten lieber 60 auffahrende Autos nebst menschlicher Kollateralschäden in Kauf als „dobrindtorange“ in Flensburg.
Sehr wirkungsvoll ist auch die Anzeige „Staugefahr“. Man fährt entspannt, fröhlich und luftverpestend dahin und plötzlich: STAUGEFAHR! Dann aber schnell runter vom Gas oder besser gleich auf die Bremse. Man möchte ja nicht der Depp sein, der trotz Warnung auf den möglichen Stau draufknallt. Und kaum ist man so unter der Anzeige durchgefahren, hat sie auch schon ihre Berechtigung: Der Stau ist da.
Wesentlich diffiziler, ja geradezu feinsinnig fallen die steuerlichen und semantischen Mittel zur Verkehrsreduzierung aus: Steuerlich begünstigt werden sogenannte Oldtimer, weil sie als sowas wie Kulturdenkmäler gelten. Besonders beliebt sind dabei Uralt-Cabrios. Die schaffen nicht mehr als 90 Stundenkilometer – und das ist auch gut so. Ab Tempo hundert hilft nämlich auch der beste Tacker nichts: Da weht’s dem junggebliebenen Mittsiebziger das Toupet vom Schädel und das bleibt dann bestenfalls an der Radioantenne des Hintermanns hängen wie weiland der Fuchsschwanz am Opel Manta. Und so beruhigt der Cabriofahrer steuerbegünstigt die Autobahn. Mit Wohlwollen sieht’s der diensthabende Verkehrspolizist in seinem BMW am Straßenrand.
Manchmal gibt es aber Situationen, da ist alles gut: Der leicht schief hängende Truck aus Bulgarien überholt auf den nächsten 16 Kilometern die endlose Kette niederländischer Wohnwagengespanne (der Cabrio-Fahrer hängt irgendwo zwischen denen und kommt nicht raus), ganz links versuchen BMW- und Audifahrer, den Tod zu überholen.
Ich versuche zu überleben.
Bis vor mir ein auf einem Brückengeländer aufgespanntes Textband erscheint:
Stau = Rettungsgasse
Hä??
Stau ist gleich Rettungsgasse?
Wie war das mit der Logik? Wenn A A ist, kann A nicht zugleich nicht A sein oder so? Wenn also Stau ist, kann Stau nicht gleich nicht Stau sein – und schon gar nicht Rettungsgasse. Sonst wäre ja Rettungsgasse Stau – und nicht im besten Fall irgendwas zwischen dem oder sogar zwei Staus.
Das Muster begann mich zu interessieren: Herzinfarkt = Krankenhaus. Durst = Biergarten. Seehofer = Klapsmühle.
Das hat Spaß gemacht. Viel Spaß. So viel Spaß, dass ich ganz vergessen habe, weiterzufahren.
Ihr glaubt ja nicht, was hinter mir los war.
So. Das war die Ehrung des Sommerlochs. Ab sofort kann wieder über politische Themen geschrieben werden. Über Hundekrawatten zum Beispiel.
Irgendwie passt das ganz gut zusammen: Ein Mann, der seine politischen Höhepunkte im letzten Jahrtausend hatte, der sich für unersetzlich hält, gerade weil er in Bayern zwangsweise ersetzt wurde, und sich ein Ministerium zusammenerpresst, in dem er seine Ideen aus dem letzten Jahrtausend weiterhin austoben darf.
Schnell macht er deutlich, dass ihm an seinem Innen- und Heimatministerium vor allem die Abteilung „Heimat“, nicht anders zu verstehen als „Ausgrenzung“, wichtig ist. Dazu braucht er acht ebenfalls betagte männliche Staatssekretäre; das veröffentlichte Gruppenfoto lässt vermutlich selbst begabte Karikaturisten vor Neid erblassen und verzweifeln.
Der alte Mann weiß es zwar nicht, aber seine Personalentscheidungen sind ein Kompliment an die Frauen. In ein so abstrus-archaisches Heimatministerium berufen zu werden und dann auch noch mitzumachen, ist doch eine intellektuelle Bloßstellung erster Güte.
Konsequent machen sich die alten Männer um Seehofer und sein Schreihals Dobrindt auch gleich an die Arbeit: Die (oh, Stoppel-Lindner hat recht) völlig unmotivierte und inhaltslose Zahl von 1000 Flüchtlings-Familiennachzüglern pro Monat soll durch verschärfte Bedingungen reduziert werden und Asylbewerber sollen bis zur Entscheidung über ihren Antrag in Abschiebelagern konzentriert werden (natürlich nennt man das ein bisschen anders).
War (und ist??) es nicht die CSU, die in ihrem Programm christliche Werte wie Nächstenliebe und vor allem den als Grundrecht garantierten Schutz der Familie immer wieder betont? Wenn christliche Werte und Grundrechte nur für Deutsche, aber nicht für Flüchtlinge gelten, ist das nicht einfach rassistisch?
Die „rechte Flanke“ wolle er schließen, hat Seehofer nach der Bundestagswahl angekündigt – aus Angst vor der AfD. Vieles an dieser Politik ist natürlich bereits bayerischer Landtagswahlkampf. Aber selbst unter diesem Aspekt ist das reichlich dämlich:
Die CSU hat schon immer rechtsextreme und nationalistische Wähler gehätschelt („Rechts von der CSU darf es keine legitimierte politische Partei geben“ (Strauß). Aber die CSU hatte auch einen großen Stamm christlicher, wertkonservativer, sozialethisch eingestellter Wähler, die vom derzeitigen Rechtstrend angewidert sind. Davon wird sie viele verlieren. Und all die bislang nur von der CSU umsorgten Nationalisten werden sich bei der AfD besser aufgehoben fühlen.
Es wird spannend werden, wieviel vom „C“ und „S“ übrigbleibt, wenn die CSU nach der Landtagswahl eine Mehrheit nur mit Hilfe der AfD zusammenbekommt.