Brathähnchenterrorismus

Nachdem im Augenblick alles, was es zur deutschen Corona-Politik zu sagen zu sagen gäbe, wegen unvermeidbarer Unflätigkeit der Selbstzensur zum Opfer fällt, liefern Polplot und das deutsche Nawalny-Hausmagazin SPIEGEL den doch auch immer mal wieder notwendigen heiteren Moment im Untergang[1]. Denn es gibt sehr wichtige Nawalny-News.

Über Wochen hinweg wurde im Hausmagazin verbreitet, Nawalny würde in der Haft jede ärztliche Betreuung verweigert, jetzt kommt in einem Interview eine überraschende Wende:

Da offensichtlich nicht mehr zu verheimlichen war, dass der selbsternannte Märtyrer im Kampf gegen Putin von einem Neurologen und per MRT untersucht wurde, erklärt seine Anwältin, dass „eine Kommission (…) versucht“ hat, „ihn zu überreden, Medikamente einzunehmen“ (Alle Zitate aus SPIEGEL 15/2021, „Wir fürchten um seine Sicherheit“). „Unser Neurologe“, sagt die Anwältin dem Spiegel, „ist zu dem Schluss gekommen, dass die Behandlung mit den [verschriebenen] Medikamenten nicht wirksam wäre“ – und das, ohne dass der Herr Neurologe den Patienten selbst oder Untersuchungsergebnisse gesehen hat.

Medikamente wären aber wirklich kontraproduktiv. Wahrscheinlich würden sie ja die Taktik stören, den geschundenen und angeblich unbehandelten Gefangenen der Welt als das gefolterte Putin-Opfer zu präsentieren. Da wäre es natürlich besser, wenn „ein Arzt seiner Wahl“, auf den er angeblich Anspruch hat, seine Ergebnisse den westlichen Medien unterjubeln könnte.

Die hierzulande immer als „Straflager“ bezeichneten russischen Haftanstalten scheinen dabei eher komfortabel zu sein. Deutsche Gefangene haben explizit KEIN Recht auf einen Arzt ihrer Wahl – und auch nicht unbeschränkten Zugang zu den „sozialen Medien“, der Nawalny offensichtlich ermöglicht wird.

Als besonders perfide schildert die Anwältin den Umgang des „Lagers“ mit Nawalnys Hungerstreik. Er habe 14 Kilogramm abgenommen, erklärt sie, und dass sie versuche, ihn zum Abbruch des Streiks zu überreden.

Ganz anders dagegen die Schurken der Lagerleitung. Nawalny habe über Instagram „mitteilen lassen, dass versucht wird, seinen Hungerstreik zu boykottieren“, ergänzt die SPIEGEL-Interviewerin. Und weiter (nein, nicht die Anwältin, der SPIEGEL): „Ihm wurden Bonbons in die Hosentaschen gesteckt, Hühnchen in seiner Nähe gebraten.“ Ob die Anwältin darüber mit der „Leitung der Strafkolonie“ habe sprechen können?

Da sind sie wieder, die perfiden Methoden Putins. Bonbons in den Hosentaschen! Um die Moral eines Hungerstreikenden zu untergraben! Extra einen Hühnchengrill „in seiner Nähe“ aufstellen! Da soll doch mit aller Gewalt und geradezu stalinistischen Methoden  die ganze Inszenierung ruiniert werden! Das muss vor den Menschenrechtsgerichtshof! Mindestens.

Nach den vielen Ausrufezeichen zwei Fragzeichen:

  1. Wer steckt eigentlich wirklich hinter dieser traurigen Figur Nawalny, die immer mehr Büchners erbsenfressendem Woyzeck gleicht, und wer finanziert diese ganze Kampagne?
  2. Warum lässt sich der SPIEGEL hier so einfach für eine Verschwörungstheorie instrumentalisieren, wie sie die blödesten Aluhutträger nicht besser zusammenfantasieren könnten, statt einmal wirklich zu recherchieren (analog wie bei „Putins Palast“)?

[1] Abtönungspartikel sind einfach geil!

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