Die Polplotblog- Wahlempfehlung – konsequent subjektiv und einseitig.

 

Eigentlich ist die Entscheidung in diesem Jahr einfach. Natürlich wird man kaum eine Partei finden, mit der man in allen Punkten übereinstimmt. Von daher ist, gerade nach den letzten Monaten, in denen sich (fast) alle Parteien von der AfD das Migrationsthema haben aufdrängen lassen, einfach die Frage hilfreich, welche Partei denn überhaupt noch wählbar ist. Wir beschränken uns bei 29 antretenden Parteien auf die, die überhaupt eine Hoffnung auf den Einzug in den Bundestag haben können. Deswegen fehlt hier u.a. die neoliberale „Volt“ (siehe Beitrag „Wahlomat statt politischer Bildung“) und Bruder Aiwanger.

Dass eine Partei, die Deutschland in einen rassereinen, völkischen Nationalstaat unter ihrer Führung umwandeln will, und zwar „ein für alle Mal“ (Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, der mit dieser Formulierung im Bundestag (!) ein weiteres Argument für ein Verbot liefert), nicht wählbar ist, muss hier wohl nicht diskutiert werden.

Auch eine weibliche Renaissance des Stalinismus scheint mehr als verzichtbar, zumal die nationale Ausrichtung sehr schnell die erhoffte sozialistische übertüncht hat. Zwar rang sich die namensgebende Bündnisfrau in diversen Talkshows die Formulierung ab, dass Putin „für Kriegsverbrechen verantwortlich“ sei, dennoch fordert sie eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und will mit Gaseinkäufen seine Kriegsverbrecherkasse füllen.

Im ursprünglichen Sinne endgültige Bemerkungen zur FDP: Eine Partei, die unter Politik versteht, ausschließlich die Interessen der eigenen Klientel in Gänze durchzusetzen, die immer dann, wenn das nicht klappt, davonläuft (mit vor allem mehr und weniger weniger verlogenen Argumenten), die versucht, die Öffentlichkeit selbst dann noch zu belügen, wenn diese bereits Bescheid weiß, die, seit nach dem Koalitionsbruch hinter dem abgeplatzten Kunstlack ziemlich viel braune Grundfarbe auftaucht, „Deutschland wieder stark“ machen will auf Kosten der Ärmsten der Gesellschaft, die „mehr Musk wagen“ will, vor deren Politik selbst die ursprüngliche Zielgruppe, die Wirtschaft, Angst hat, diese Partei möge sich wählen lassen von Immobilienmaklern, Zahnärzten und Hoteliers. Zusammen mit dem erweiterten Familienkreis reicht das vielleicht für unverdiente 3,5 Prozent.

Off-topic, aber nötig: Trauer um Gerhart Baum. Mit ihm ist einer der letzten Liberalen, die diese Bezeichnung wirklich verdient haben, gestorben.
Und (ebenfalls off-topic) Respekt an den FDP-Ortsverband Stahnsdorf (Brandenburg, im Süden von Berlin). Der hat jetzt Plakate mit dem Konterfei von Hans-Dietrich Genscher aufgestellt. Größer als mit Werbung für einen längst verstorbenen Vorsitzenden kann man sich selbst nicht zu Grabe tragen.

Die Merz-Union?

Von vielen Seiten, selbst von Konkurrenzparteien wird betont, wie wichtig eine demokratische konservative Partei im Spektrum sei. Doch seit es in der SPD kaum mehr linke Projekte gibt, allenfalls ein bisschen Verhinderung von Sozialstaatsabbau, und die Sozialdemokraten sich sehr in Richtung bürgerliche Mitte bewegt haben, ist es für Liberalkonservative natürlich schwierig geworden, sich davon abzugrenzen. Das brachte wohl den „politischen Dachbodenfund“ (taz) Merz auf die Idee, der Union ein deutlich konservativeres Profil zu verordnen. Allerdings hat sich die Gesellschaft verändert, die traditionell-konservativen Werte und Programmpunkte lassen sich nur noch schwer verkaufen. Die einst wichtigsten Bündnispartner der C-Parteien, die Kirchen, haben radikal an Mitgliedern und Bedeutung verloren. Dass man es mit Fleiß und Tugenden wie Pünktlichkeit, Wahrhaftigkeit, Zuverlässigkeit zu etwas bringen könnte, ist kaum mehr zu vermitteln, zumal der Vorsitzende selbst aktuell ständig das Gegenteil vorlebt. Moral und Menschlichkeit sind Begriffe, die man aus den Unionsparteien nicht mehr hört und der bayerische Möchtegern-Gott droht den Kirchen schnauzbärtig schon mal mit Liebes- und Geldentzug, wenn sie „es ihm schwer“ machen.

Deswegen setzt man jetzt auf den Uralt-Schlager stramm Konservativer: Recht und Ordnung. Mehr Polizei, härtere Strafen, mehr Präventionshaft und vor allem mehr Abschiebungen, Abschiebungen, Abschiebungen. Nur sind diese Themen längst von den blauen Braunen besetzt. Auf die Idee zu kommen, dass man diese schwächen könnte, indem man ihre Forderungen nachplappert und gar mit ihnen gegen die anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag stimmt, muss man erst mal kommen. Natürlich sind die Unionsleute keine Faschisten, das sind überwiegend Geldleute. Die haben aber schon einmal recht gerne mit Nazis zusammengearbeitet.

Man kann Merz sogar glauben, das er keine Koalition mit den blauen Braunen will. Aber seine Methode, mit denen gemeinsam Mehrheiten zu suchen und damit die anderen demokratischen Fraktionen zu erpressen (sie könnten die CDU-CSU-AfD-Mehrheit ja verhindern, indem sie seinen als „kompromisslos“ bezeichneten Vorschlägen bedingungslos zustimmen) ist eines Demokraten unwürdig. Er verteidigt dieses Vorgehen heute noch, was befürchten lässt, dass er das gegebenenfalls wiederholen würde.

Will man wirklich einen bayerischen Möchtegern-Gott und einen sauerländischen Möchtegern-Trump als deutsches Spitzenpersonal in der Politik?

Zugegeben: Es spricht einiges für Olaf Scholz und die SPD: Das Beharren auf einem Sozialstaatsprinzip, eine sehr abwägende Haltung im Ukraine-Krieg und das…. das….das….??? Er hatte es vor allem in den Medien nicht leicht. Er hatte zu Beginn der Ampel „Führung“ versprochen, in Folge wurde ihm vorgeworfen, er biete gerade diese nicht. Hat er dann mal (viel zu spät!) mit der Faust auf den Tisch gehauen, wurde ihm das als Entgleisung und Scheitern vorgehalten. Aber warum um Himmels willen hat er sich wie Merz das von den Braunen und den asozialen Medien gepuschte Migrationsthema aufdrängen lassen? Warum kaum ein Wort zur Wohnungsnot, zur Bildungsmisere, zu den erbärmlichen Renten, zum Klima im Wahlkampf? Statt ein Kanzler des Respekts vor arbeitenden Menschen und der Humanität zu sein, brüstet er sich damit, die weitreichendsten und härtesten Asylgesetze verabschiedet zu haben. Ein Kanzler, der sich erst drei Jahre lang von der FDP auf dem Kopf herumtanzen lässt, um dann gegen Flüchtlinge seine Härte zu beweisen? Will man das? Und gäbe es in der SPD tatsächlich Alternativen, inhaltliche? Verteidigungsminister Pistorius, der in seiner zweijährigen Amtszeit „deutsche Kriegstauglichkeit“ und aberwitzige Milliardensummen gefordert und etliche markante Auftritte hingelegt hat, aber in der Bundeswehr noch nicht mal das kleinste Reförmchen durchsetzen geschweige denn das Preisdiktat der großen Rüstungskonzerne brechen konnte? Kevin Kühnert ist aus der Politik ausgeschieden und Rolf Mützenich, einer der letzten aufrechten, überlegten, sozial, human und diplomatisch denkenden Sozialdemokraten, einer, der wirklich wählbar wäre, hat deutlich gemacht, dass er kein Regierungsamt übernehmen möchte.
Also doch wieder den Abschiebekanzler? Eher nicht.

Es gab Zeiten, da hat auch Vieles für die Grünen gesprochen. Entstanden aus der Friedens- und Umweltbewegung sowie aus diversen sozialen Gruppierungen, waren die doch ein Zusammenschluss lauter guter Ideen. Da gab es viel Streit um die Umsetzbarkeit der Ziele („Realos“ vs. „Fundis“), ein Gegensatz, der von den deutschen Medien immer als „Spaltung“ diffamiert wurde (als wäre eine stalinistische Einheitsmeinung in einer demokratischen Partei erstrebenswert), der aber doch ein sinnvolles Ringen um richtige Politik war.

Was ist davon geblieben? Der durchaus noch vorhandene Wunsch nach ökologischer Politik (Habecks „Heizungsgesetz“, das noch gar keines war, aber zum Anlass für eine unglaubliche Hetz-Kampagne der Springerpresse und der blauen und auch der gelben Braunen wurde) zeigte tatsächlich, dass man die Lebensrealität der ärmeren Schichten nicht mehr im Blick hatte. Dass man die E-Mobilität ausgerechnet mit einer Verdopplung des Dienstwagenprivilegs für E-Autos fördern wollte, eine „feministische“ Außenministerin, die auf die Morde an regimekritischen Frauen im Iran allenfalls mal mit einem bösen „Dudu!“ reagiert und ein Landwirtschaftsminister, der vor den Forderungen der Bauern nach subventioniertem Agrardiesel einknickt – es ist nicht viel übriggeblieben von grüner Identität. Dass ausgerechnet die Grünen am lautesten nach aggressiven, bis Moskau reichenden Waffen für die Ukraine riefen und Habeck ohne jede inhaltliche Analyse so ins Blaue hinein einen Verteidigungshaushalt von 3,5% der Wirtschaftsleistung forderte, lässt einen nach der Frage, warum man die Grünen wählen sollte, schon arg ratlos zurück.

Bleibt die Linke. Die überrascht mit unerwartet guten Umfragewerten, besonders unter Jugendlichen. Das liegt sicher nicht nur am jugendaffinen Auftreten auf Tiktok z.B., sondern wesentlich auch daran, dass man mit dem Wagenknecht-Flügel eine Quelle ständiger innerparteilicher Querelen und Anfeindungen losgeworden ist. Außerdem überrascht die „neue“ Linke jetzt mit einem Programm, das sich nicht nur viele Jugendliche in dieser Form längst gewünscht haben: konsequent öko-sozial. Es finden sich sehr viele vernünftige Punkte zum Umweltschutz, aber immer verbunden mit dem Blick auf die Situation der ärmeren Schichten und entsprechenden staatlichen Förder-Verpflichtungen. Als einzige Partei nimmt sie die Bildungspolitik als wichtigsten Standortfaktor wahr und thematisiert die Mietenexplosion und die schäbigen Renten.
Und als einzige Partei traut sie sich auch auszusprechen, wo das Geld dafür zu holen ist: bei den Reichen und Superreichen. „Wir wollen in Deutschland die Milliardäre abschaffen“, ist eine nachvollziehbare Provokation. Zur Erinnerung: Ein Milliardär ist jemand, der MINDESTENS 1000 Millionen Euro hat. Mit so viel Geld kann niemand etwas anfangen, außer es zu vermehren oder sich Macht zu kaufen. Und tatsächlich sind die Linken die einzige Partei mit Bundestagschancen, deren Programm nicht darauf hinausläuft, dass die Reichen immer reicher werden – im Gegenteil.

Der hier oft gehörte Einwand, die Superreichen würden mit ihrem Geld doch auch viel Gutes tun, ist übrigens reichlich naiv. Es kann nicht sein, das ein paar Milliardäre darüber bestimmen, wofür in Deutschland Geld da ist und wofür nicht. Bei diesen Überlegungen kann nämlich, wie jüngst bekannt geworden, durchaus mal rauskommen, dass die AfD ganz gut ein paar Millionen brauchen könnte.

Das Linken-Konzept sieht vor, ab einem Vermögen von 1 Million 1% Vermögenssteuer zu erheben, sich steigernd bis zu einem Satz von 5% bei 50 Millionen. Milliardäre sollen 12,5% zahlen. Arm wird dadurch niemand, schon gar nicht die 130 Milliardäre in Deutschland, aber auch nicht die geschätzten 3 Millionen Millionäre. Ein Spitzensteuersatz von 53% für die am besten Verdienenden sollte auch niemanden ins Unglück stürzen – unter Helmut Kohl lag der sogar mal bei 56%. Und mit diesen Maßnahmen ließen sich die von den Linken geforderten Entlastungen für Einkommensschwache, staatliche Fördermaßnahmen und eine fortschrittliche, menschenfreundliche Politik tatsächlich finanzieren.

Problematisch ist es natürlich, sich in einer Partei wiederzufinden in Punkten, in denen sich die Partei selbst nicht einig ist – wie bei der Unterstützung der Ukraine. Die ist parteiintern umstritten, was sich auch im Wahlprogramm zeigt: Offiziell hat man sich darauf geeinigt, auch Waffenlieferungen zu unterstützen, gleichzeitig soll der Rüstungsetat sinken. Schwierig. Aber vielleicht wäre es tatsächlich sinnvoller gewesen, längst intensiver in die von den Linken schon immer geforderten diplomatischen Bemühungen einzusteigen, statt so lange zu warten, bis die zwei brutalsten Militaristen der Welt den „Deal“ unter sich selbst ausmachen.

Wie auch immer eine Regierungsbildung nach den Wahlen ausschaut: Die Linke wird nicht dabei sein. Und es wird, steht zu befürchten, eine Regierung von Populisten und Konservativen sein, zumindest eine, in der, wie Merz schon siegessicher tönte, „seine“ Koalitionspartner sich „nach ihm“ zu richten hätten.

Eine starke öko-soziale Opposition wird wichtiger sein als je zuvor.

Deshalb im Sinne der Linken-Spitzenkandidatin Reichinneck: „Auf die Barrikaden!“

Aber vorher erst mal ins Wahllokal!

Wahlomat statt politischer Bildung

Deutschland ist, so sagt es das Grundgesetz in Artikel 20, ein „demokratischer“ (…) Staat. Das besagt zunächst nichts anderes, als dass das Volk über Wahlen seine Herrschaft irgendwie bestimmen darf. Weitere Mitentscheidungs-Verfahren sind möglich, aber nicht zwingend und im Grundgesetz auch kaum vorgesehen. Von daher sind die Menschen mit politischen Entscheidungen kaum befasst, allerdings seit einigen Jahren einem Trommelfeuer von Hetze und Falschinformationen aus den asozialen Print- und Digitalmedien ausgesetzt. Da an den Schulen politische Bildung nach wie vor kaum stattfindet (in Bayern kann man Abitur machen mit insgesamt 3 Wochenstunden Politik in der 13jährigen Schulzeit) und sich angesichts der Hartnäckigkeit, mit der diese Nicht-Bildung beibehalten wird, der Verdacht aufdrängt, dass das ganz absichtsvoll so ist, steht das Wahlvolk beim entsprechenden Termin mit ziemlich leeren Händen bzw. Köpfen vor den Stimmzetteln.

Offensichtlich ist man sich des Problems bewusst, und so wird den ratlosen Bürgern der „Wahlomat“ empfohlen, ein Programm, mit dem man sich angeblich schlau machen kann, welche der Parteien den eigenen Vorstellungen, falls man denn welche hat, am nähesten kommen.

Irgendeine Intelligenz hat dazu 38 zusammenhanglose Einzelfragen formuliert, das Ergebnis entspricht ganz dem unguten Gefühl, das man angesichts dieser Methodik hat:

Nach dem Selbsttest sollte sich der Verfasser dieses Textes ausgerechnet von Volt vertreten fühlen – einer Partei, die er, ihr Programm kennend, sicher nicht wählen wird.

Neben der ohnehin fragwürdigen Methode zeigen sich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) folgende Schwächen:

Die Auswahl der Fragen ist nicht in der Lage, das Konzept einer Partei zu erfassen und orientiert sich sehr an den jetzt im Wahlkampf hervorgehobenen Themen, nicht an den Punkten im Parteiprogramm, die man im Wahlkampf lieber verschweigt. Ein paar Beispiele: Dass die AfD sofort aus der EU und längerfristig aus der NATO aussteigen will, taucht nicht auf. Die einzige Frage zur Bildungspolitik ist, ob dem Bund mehr Kompetenzen in der Schulpolitik eingeräumt werden sollte – als wäre das hier das gravierendste Problem. Beim BaföG wird die Frage gestellt, ob es weiterhin abhängig vom Einkommen der Eltern bezahlt werden soll – dass BaföG-Empfänger weit unter der Armutsgrenze leben, ist kein Thema.

Einige Fragen sind überraschenderweise negativ formuliert, da muss man schon gut aufpassen, um nicht drauf reinzufallen: So heißt es zwar, die „Schuldenbremse … soll beibehalten werden“, aber „Deutschland soll das Ziel verwerfen, klimaneutral zu werden“.

Das größte Problem ist aber die fehlerhafte Auswertung der Eingaben. Das Programm ordnet die Präferenzen des Nutzers Aussagen aus den Wahlprogrammen der verschiedenen Parteien zu. Bei Unklarheiten besteht die verfälschende Tendenz, sie dem Nutzer als Übereinstimmung unterzujubeln. Da schneidet natürlich die Partei am besten ab, deren Programmformulierungen möglichst vage und interpretierbar sind. Drei Beispiele:

Die Aussage, dass das BaföG weiterhin abhängig vom Elterneinkommen bezahlt werden sollte, wurde vom Nutzer verneint – angeblich in Übereinstimmung mit Volt. Dort aber steht: „Volts Lösungen für eine gerechte Bildungsfinanzierung setzen auf ein elternunabhängiges BAföG, das durch eine reformierte Bemessungsgrundlage weiterhin gezielt diejenigen unterstützt, die finanzielle Förderung am dringendsten benötigen“.

Volt schafft es, auf die Frage gleichzeitig mit ja und nein zu antworten – der Wahlomat wertet es als Übereinstimmung.

Der Nutzer stimmte der Aussage, „In Deutschland soll die 35-Stunden-Woche als gesetzliche Regelarbeitszeit für alle Beschäftigten festgelegt werden“, zu. Überraschenderweise auch hier Übereinstimmung mit Volt:

Volts Lösung ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit, um individuelle Modelle zu ermöglichen und ausschließlich eine Wochenobergrenze beizubehalten. So kann jeder und jede Wochenende machen, wann er oder sie will.”

Wie man hieraus interpretieren will, dass Volt die 35-Stunden-Woche als gesetzliche Regelarbeitszeit festschreiben will, ist mehr als rätselhaft.

Der gesetzliche Mindestlohn soll spätestens 2026 auf 15 Euro erhöht werden.“ Dieser Forderung stimmte der Ratsuchende voll und ganz zu, angeblich auch Volt:
„Volts Lösung für einen gesetzlichen Mindestlohn, der jederzeit ein bezahlbares Leben ermöglicht, passt sich immer automatisch und dynamisch an die wirtschaftliche Lage an, ohne weitere lange Bundestagsdebatten.”

Meint ja wohl: Der Mindestlohn bemisst sich an der wirtschaftlichen Lage und wird bei Krisen ohne weitere Debatte auch kräftig gesenkt. Übereinstimmung?

Es ist übrigens nicht zufällig, dass die obigen Beispiele alle Volt betreffen. Tatsächlich ergeben (das kann jeder mal nachtesten), weitere Stichproben eine auffällige Häufung solcher Widersprüche gerade bei dieser Partei, die sich sympathisch und weltoffen gibt, ihren neoliberalen Kern (der sich allerdings im Vergleich zu vor drei Jahren deutlich abgemildert zeigt) aber gerne in sehr zweideutigen Formulierungen versteckt.

Eventuell ist das sogar mit ein Grund, dass Volt gerade bei jungen Leuten so gut ankommt: Nachdem sich der Lindner-Boom bei den Jungen vor drei Jahren als grotesker Fehler herausgestellt hat, ahmt Volt jetzt dessen Wahlkampfattitüte (dynamisch, jung, fortschrittlich) gnadenlos nach, wenn auch erheblich weniger oberlehrerhaft (ja, das war sie auch!) und personenzentriert. Und auch wenn sich wieder erfreulich viele junge Menschen für Politik interessieren, mag es doch in dieser Altersgruppe einen deutlich höheren Prozentzsatz als in anderen geben, die schnell mal den Wahlomat durchdaddeln, ihren ersten positiven Eindruck bestätigt finden und ihre Entscheidung festzurren.

Als Ersatz für politische Bildung taugt der Wahlomat nicht, aber auch der Polplotblog nur in bescheidenem Ausmaß. Dennoch wird dieser sich erlauben, noch rechtzeitig eine zwar einseitige, aber gut begründete Wahlempfehlung auszusprechen. Bis dann.