Jetzt ist sie tatsächlich wieder auferstanden, die deutsche Leitkultur. Zwar müffelt sie inzwischen ziemlich verwest, aber viele, die sie mit ausgegraben haben, riechen das offensichtlich gern.
Die CDU hat unter ihrem Langen Vorsitzenden (selbsternannter Mittelständler mit nur zwei Privatflugzeugen, aber deutlich mehr Millionen auf der Bank) ein Grundsatzprogramm entworfen, nach dessen Leitsätzen sie demnächst Deutschland regieren möchte. Zur Migrationspolitik ist (laut Parteitagsdelegierten von Merz persönlich eingebracht) folgender Satz zu finden:
„Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.“
Nun konnte sich schon damals, 1998, als Jörg Schönbohm diesen Begriff in die öffentliche Debatte brachte, niemand so recht etwas darunter vorstellen. Die Idee, dass damit z.B. demokratische Traditionen und Werte zu verstehen seien, wurde verworfen, weil diese Punkte ja nicht gerade originär deutsch seien. Also richtete man den Fokus mehr auf „Kultur“ – und tat sich erst recht schwer: Bayerische Volkstänze und Biergartenrituale konnte man ja schwer Hamburgern verordnen (da hatten die mit ihren Fischbrötchen schon mehr Erfolg). Nach heftigem Sinnen kam man zu der Feststellung, dass es gar keine gemeinsame deutsche Kultur gibt, die leiten könnte. (Da könnte wohl auch die Erkenntnis angeklopft haben, dass es auch gar keine gemeinsame deutsche Nationalgeschichte gibt, aber das hat man dann doch lieber wieder vergessen). Und so hat man die deutsche Leitkultur begraben.
Jetzt ist sie wieder da (s. oben).
Das Rätselraten war groß. Einig war man sich schnell, was nach den Worten des Langen Vorsitzenden NICHT zur deutschen Leitkultur gehört: Politiker, die wie Klempner arbeiten, Schwule, weil die seiner Meinung nach meistens Kinderschänder sind, Asylsuchende, die zum Zahnarzt gehen und dort Deutschen ihre Termine wegnehmen, Kinder von Ausländern, die sich wie „kleine Paschas“ ausführen und ukrainische Sozialschmarotzer.
Aber reicht das tatsächlich? Sollte nicht auch ein bisschen positive Orientierung dabei sein?
Schon ist er hilfreich zur Stelle, der Lange Vorsitzende:
„Wenn wir von Leitkultur sprechen, von unserer Art zu leben, dann gehört für mich dazu, vor Weihnachten einen Weihnachtsbaum zu kaufen.“
Wums.
Da hat er doch mindestens drei Klappen mit einer Fliege erschlagen, er ist ja nicht blöd, der Friedrich:
Natürlich ist der Satz nicht so gedacht, dass jetzt für die nach seiner Rechnung Abermillionen Asylbewerber deutsche Tannenbäume abgehackt und denen zum Kauf angeboten werden: Erstens haben die ja gar kein Geld zum Weihnachtsbaumkaufen und zweitens würden die deutschen Weihnachtsbäume dafür auch gar nicht reichen. Deutsche Tannen sind für deutsche Käufer gedacht.
Also bleibt den Asylbewerbern nur die Möglichkeit, sich ihren Weihnachtsbaum selbst mitzubringen. Das mag zwar auf den innereuropäischen Schleuserrouten etwas komisch ausschauen, aber ein Problem ist schon mal gelöst: Nichts, was in Afrika wächst, könnte auch nur annähernd als deutscher Weihnachtsbaum durchgehen. Also Schnellverfahren in den neuen außereuropäischen Asylzentren: „Das soll ein Weihnachtsbaum sein?? Damit brauchst du gar nicht erst versuchen, nach Deutschland zu kommen“.
Wer jetzt meint, dass das aber doch nur die afrikanische Asylantenschwemme aufhält, muss wissen: Friedrich denkt gerne in Bildern. Und so ist das mit dem Weihnachtsbaum auch zu verstehen: als Symbol. Selbstverständlich gehört zur deutschen Leitkultur auch der regelmäßige Kauf und Verzehr von Schweinebraten. In Wahrheit kaufen die Deutschen nämlich viel öfter Schweinebraten als Weihnachtsbäume. Und schon ist auch die Flut aus dem Osten gestoppt:
An den Ostgrenzen der EU (in Belaruss und der Ukraine, Russland macht ja nicht mit, der soll gar nicht erst versuchen, rüberzukommen, wenn er mal fällig ist, der Putin), werden Asylzentren errichtet, in denen jedem Asylbewerber ein Schweinebraten vorgesetzt wird. Das sind ja alles Moslems dort drüben. Weigert sich einer, ihn zu essen, hat er in Deutschland sowieso nicht zu suchen. Isst er ihn aber, ist das noch schlimmer: Aus purem Sozialschmarotzertum verrät er seine Religion, und Gottlosigkeit gehört nun ganz gewiss nicht zur deutschen merzschen Leitkultur. Wobei sich die Behörden in diesem Zusammenhang auch gerne fragen dürfen, ob das überhaupt eine Religion ist, was die da drüben haben und nicht einfach Terrorismus.
So. Südasylanten gestoppt, Ostasylanten gestoppt.
Und wo bleibt die dritte Klappe?
Ist doch auch längst erledigt:
Sollte es wider aller Voraussicht ein Asylbewerber schaffen, diese Hürden zu überwinden, dann ist er bestimmt ein kleiner Pascha, ein Schwuler, ein Sozialschmarotzer, ein Zahnkranker oder ein Klempner.