Alle einzelnen Fakten sind natürlich bekannt. Aber in der Zusammenschau ergibt sich ein gleichermaßen kurioses wie empörendes Bild:
Den Deutschen wird vom (grünen) Wirtschaftsminister empfohlen, sich beim Duschen wie weiland beim Telefonieren „kurz zu fassen“, höchstens einen „Habeck“ (ein „Habeck“ ist 3,5 Minuten) dürfe das Duschen dauern. Der (grüne) Ministerpräsident von Baden Württemberg empfiehlt gar, statt zur Brause zur „guten Erfindung“ des Waschlappens zu greifen.
Regelrecht peinlich wird es, wenn plötzlich allerhand Politiker ihr privates Duschverhalten über die Medien einer breiten Öffentlichkeit nahebringen. Muss man demnächst damit rechnen, über die Einstellung des Wasserverbrauchs ihrer Klospülung aufgeklärt zu werden?
Allen Ernstes: Ausgerechnet die Körperhygiene soll das große Thema beim Energiesparen sein?
Dass sich Politiker von FDP und CDU nicht am hygienischen Moralaposteln beteiligen, wundert nicht. Dem CDU-Vorsitzenden Merz, der mit seinem Privatjet zur Hochzeit seines Freundes und Parteivorstandskollegen Linder auf Sylt einfliegt, würde man es kaum abnehmen, dass er beim Duschen spart, ebensowenig wie letzterem, der gerne mal mit seinem alten Porsche über tempolimitfreie deutsche Autobahnen brettert.
Von solchen Menschen hört man eher die Kritik, dass die Senkung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage den Anreiz zum Energiesparen aufweiche. Als ob sich ein Mensch, der sich die Energiepreise schon jetzt kaum leisten kann, weniger an Heizung sparen würde, wenn seine zukünftige Gasrechnung „nur“ das Dreifache statt das Dreikommafünffache betragen wird. Noch deutlicher kann man seine Abgehobenheit, ja seine Missachtung der armen Schichten in Deutschland kaum demonstrieren.
Die einkommensschwächere Hälfte der Gesellschaft, der man schon die Finanzierung des Sozialsystems aufbürdet, soll jetzt die Abhängigkeit von russischem Gas beseitigen und die Energiekonzerne retten – und nicht diejenigen, die sich jahrzehntelang an genau diesem russischen Gas dumm und dämlich verdient haben.
Leider ist (der Gerechtigkeit wegen!!) es den Konzernen, die gar keine Rettung brauchen, weil sie wegen der Krise ihre Gewinne vervielfacht haben, nicht zu verwehren, sich auch ein ordentliches Stück von dieser neuen Art der Gewinnmaximierung abzuschneiden, selbstverständlich auch keine Übergewinnsteuer. Das wäre (im Gegensatz zur Gasumlage??) ein „staatlicher Eingriff in den Markt“.
Andere staatliche Eingriffe in den Markt gehen dagegen ziemlich problemlos: Dass der Staat beschlossen hat, Kapitalerträge, so hoch sie auch sein mögen, nicht mit dem üblichen Satz für Einkommen zu besteuern sondern höchstens mit 25%, ist ja ein erheblicher Eingriff ins Steuersystem. Kein Eingriff wäre dagegen eine Vermögenssteuer, sondern eher von der Verfassung gefordert: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Gemeinschaft dienen“ (Art. 14/2 GG). Aber mit diesem Verfassungsgrundsatz ernst zu machen, würde ja die „Leistungseliten“ scharenweise ins Ausland treiben (wenn sie bald auch nur noch in die Schweiz, nach Liechtenstein oder Monaco können, da wird’s langsam eng). Dieselbe Folge hätte (laut FDP) eine durchaus systemangemessene Erbschaftssteuer, die den schönen Nebeneffekt hätte, dass sich die Quandts und Flicks usw. nicht mehr völlig lastenfrei in ihren von der Nazi-Generation hinterlassenen Erben suhlen könnten.
Sehr beliebt ist der staatliche Eingriff des „Dienstwagenprivilegs“. Was hat man sich da Tolles einfallen lassen: Firmen stellen ihrem Führungspersonal Dienstwagen zur Verfügung, in der Regel auch für den privaten Gebrauch. Diese werden natürlich als Betriebsausgaben steuerlich abgesetzt. Die Inhaber dieser Gefährte müssen diese „geldwerte Leistung“ ihres Arbeitgebers zwar versteuern, aber zu einem Satz, der allenfalls die Hälfte dessen beträgt, was auf eine entsprechende Einkommenszulage fällig wäre. Den Rest trägt „der Steuerzahler“. Gleichzeitig nützt das der deutschen Autoindustrie, die den weitaus größten Teil ihrer SUVs und „Premium“-Wagen in diesen Marktsegment loswird. Und natürlich den Energiekonzernen, denn diese Autos schlucken nach wie vor kräftig.
Einen solchen win-win-win-win-Eingriff in den Markt kann man doch nicht einfach abschaffen!
Nur über Lindners Leiche (was dieser Gedanke beim Verfasser auslöst, soll hier nicht Thema sein) ginge offensichtlich der GAUF (Größtmöglicher Angriff auf die Freiheit), das Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Das könne man, so die FDP-Spitze, schon allein deshalb nicht machen, weil es nicht im Koalitionsvertrag steht. Nur gut, dass man damals schon in weiser Voraussicht eine Gasumlage reingeschrieben hat…
Aber man muss ja auch gar nichts nicht ändern, schließlich hat man doch die bessere Lösung:
Das Volk soll zum Waschlappen greifen und kürzer duschen.