Eine tödliche Partei

Lauterbach ist auch nur ein Spahn. Und damit natürlich die größte Enttäuschung in der neuen Regierung. Hatte man doch von ihm gehofft, dass er – wie versprochen – eine wissenschaftlich basierte Gesundheitspolitik durchsetzen würde zur Bekämpfung der Pandemie, an der übrigens immer noch über 200 Menschen pro Tag durchschnittlich sterben. Waren es bisher die Länder, die sich einem strammeren Kurs in der Bundesgesundheitspolitik verweigerten, verweigert ausgerechnet er jetzt als Gesundheitsminister die von den Ländern gewünschte Möglichkeit, bei sog. Hotspots (die tatsächlich überhaupt nicht definiert sind) schnellere und schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Das Argument, ein härteres Bundesinfektionsschutzgesetz würde vor Gericht nicht standhalten, ist arg fragwürdig, wenn man gleichzeitig den Ländern empfiehlt, sich selbst ohne irgendwelche definierten Grundlagen zum Hotspot zu erklären.

Natürlich würde Lauterbach das anders machen, wenn er dürfte. Dass man in Deutschland jetzt die Freiheit zum schnelleren Sterben wiederbekommt, haben die „Freien Demokraten“ durchgesetzt, eine aufgeblasene 8%-Partei, deren sich ebenfalls ständig aufblasender Vorsitzender permanent den Überstaatsmann spielt.

Von der FDP darf man übrigens nicht enttäuscht sein. Sie macht genau das, was von ihr zu erwarten war: Einen äußerst kruden Freiheitsbegriff gegen jegliche Vernunft durchzuboxen. „Jedes Kilogramm nicht verbranntes Gas hilft jetzt weiter“, fleht fast schon weinerlich der grüne Wirtschaftsminister. Tonnenweise ließe sich dabei Gas und Öl sofort einsparen, unbürokratisch, unaufwändig und mit dem schönen Nebeneffekt, dass es weniger Verkehrstote gäbe: Ein Tempolimit auf den Autobahnen. Geht nicht. Wegen der Freiheitsvorstellung der FDP. Wegen der sich die Bundesregierung nicht die Freiheit rausnehmen darf, durch gezielte Maßnahmen Menschenleben zu schützen. Das steht nicht auf der Agenda der Freiheitspartei.

Wer angesichts der Raserei auf deutschen Autobahnen, angesichts von noch immer 25% ungeimpften Deutschen, des Verhaltens der Menschen in Fußballstadien, Innenstädten und Geschäften, aber auch angesichts des eigenen politischen Handelns davon spricht, man müsse bei der Krisenbewältigung mehr auf die Vernunft der Bürger setzen, scheint sich in einem gefährlichen Stadium der Schizophrenie zu befinden. Die für viele Menschen leider tödlich ist.

Der Informationskrieg

Die Ukraine habe den Informationskrieg gegen Russland gewonnen, ließ ein ukrainisches Regierungsmitglied verlauten (zitiert im Kriegsblog der tagesschau, jetzt nicht mehr auffindbar). Noch nie sei die Meinung der Weltöffentlichkeit über die Ukraine so günstig gewesen wie jetzt.

Das ist wohl richtig. Klar muss man sich darüber sein, dass Informationskrieg vor allem Krieg bedeutet und wenig Information. Die deutschen Medien tragen kräftig dazu bei, indem sie zwar pflichtbewusst immer wieder darauf hinweisen, dass Meldungen aus dem Kriegsgebiet nicht verifiziert werden können, diese aber unverdrossen sehr einseitig aus Sicht der Ukraine. verbreiten Nichts davon darf man glauben. Die wenigen Meldungen, die aus russischer Sicht gebracht werden, natürlich auch nicht.

Es ist völlig korrekt, dass sich der allergrößte Teil der Weltöffentlichkeit gegen Putin und seinen Angriffskrieg wendet. Aber es ist eines Landes mit „westlichen Wertevorstellungen“ unwürdig, sich an diesem Informationskrieg u.a. mit der Veröffentlichung von vermeintlichen Bildern aus dem Kriegsgeschehen zu beteiligen. Spätestens seit die USA im Irakkrieg ein angeblich 8-jähriges vergewaltigtes Mädchen per Video der Weltöffentlichkeit präsentierten, das sich später als bezahlte Schauspielerin herausstellte, sollte man doch wissen, wie im Kriegsfall mit Bildern gearbeitet wird.

Der Tagesschau „faktenfinder“ ist immerhin fair genug, nicht nur russische Fakes nachzuweisen, sondern auch ukrainische. So sei das Bild eines Flugzeugs, das angeblich von der ukrainischen Luftwaffe abgeschossen wurde, nachweislich schon mehrere Jahre alt und stamme vermutlich aus einem Unglück bei einer Flugschau. Das Bild vom ukrainischen Mädchen, das einem russischen Soldaten erklärt, er solle nach Hause gehen, ist ein Screenshot eines Videos aus dem Nahen Osten. Die Foto von zwei Kindern, die angeblich ukrainischen Soldaten salutieren und den Verteidigungswillen der Bevölkerung demonstrieren soll, stammt aus dem Jahr 2016.

Besonders perfide beteiligt sich der SPIEGEL an den Desinformationskampagnen. Gab es noch kurz vor Kriegsbeginn die Aussage eines Augenzeugen, der bei den Verhandlungen 1990 persönlich dabei war, dass das Versprechen, die NATO nicht in Richtung Osten auszudehnen, vom damaligen Außenminister Genscher mehrfach bestätigt wurde, darf jetzt (Ausgabe vom 12.3.) plötzlich ein „deutscher Ex-Diplomat“ erklären, dieses Versprechen habe es nie gegeben, das habe sogar Gorbatschow bestätigt. Innerhalb von zwei Wochen ein unkommentierter Schwenk um 180 Grad als politische „Nachricht“.

In der Ausgabe vom 5.3. wurde zu einem Bericht über die von russischen Bombern zerstörte Infrastruktur um Kiew das berühmte Foto von Flüchtenden gezeigt, die neben einer zerbombten Brücke auf Holzbalken den Fluss Irpin zu überqueren versuchen. In der Ausgabe vorher war noch berichtet worden, dass diese Brücke von der ukrainischen Armee gesprengt wurde, um den Russen den Zugang nach Kiew zu erschweren.

Bei allem Verständnis dafür, dass man diesem Irren, der meint, seine Interessen im 21. Jahrhundert mit Waffengewalt durchsetzen zu können, schaden und ihn natürlich irgendwann am liebsten vor ein Kriegsgericht stellen will: Es hinterlässt ein sehr schales Gefühl, wenn Verfechter der „westlichen Werte“, zu denen auch die Pressefreiheit gehört, die der Verfasser dieses Blogs immer heftig hochgehalten hat, dieses Ziel mit Desinformation der eigenen Bevölkerung verfolgen wollen.