Sterben auf Teufel komm raus

Irgendwann haben die Lobbyverbände begriffen, dass sie nur das Maul weit genug aufreißen müssen, dann kommt der Staat schon und stopft reichlich Euro-Scheine rein. Was fast zwangsläufig dazu führt, dass jeder, aber auch wirklich jeder Verband nach Staatshilfen rufen muss, sonst stünde er bei seinen Mitgliedern ja als Versager oder als nutzlos da.

Ziemlich abstoßend ist in diesem Zusammenhang der inflationäre Gebrauch des Wortes „sterben“, um auf seine Notlage hinzuweisen:

Das Hotel- und Gaststättengewerbe stirbt schon seit März, und mit ihm z.B. die „bayerische Wirtshauskultur“. Unbestritten: Es wird Pleiten geben und schwere finanzielle Einbußen, es werden wirtschaftliche Existenzen zugrunde gehen. Aber es würde auch ohne staatliche Hilfe nach der Pandemie wieder Hotels und Wirtshäuser geben. Und die Besitzer von insolventen Betrieben dürften einigermaßen kommod weiterleben.

Am 28. 12. wird in der taz auf einer Seite gleich zwei Mal gestorben: Da sterben „das Theater und die Oper“ (als würde nach Corona niemand jemals mehr auf die Idee kommen, Theater oder Opernhäuser wieder in Betrieb zu nehmen), ein Kurator erklärt, dass die Visa-Pflicht bei seinen vielen Reisen zwischen verschiedenen Kontinenten ihn „umbringen“ wird. Ich kann ihm fast sicher versprechen: Wird sie nicht. Da müsste schon wer anders Hand anlegen.

Der Einzelhandel stirbt während der Lockdowns auch regelmäßig. Dabei kann man ruhig sein linkes Ohr drauf setzen, dass es auch ohne staatliche Hilfe nach der Seuche wieder Geschäfte zum Einkaufen geben wird. Das weiß der Einzelhandel natürlich auch, weswegen er sicherheitshalber draufsetzt:

„Unsere“ Innenstädte sterben. Für die Einzelhandelslobby sind Innenstädte dann tot, wenn sich die potentiellen Kunden nicht durch Straßen und Geschäfte drängeln. Dieses „Sterben“ hat aber längst vor Corona eingesetzt: In den deutschen Innenstädten gibt es statt „lebendiger“ Vielfalt doch längst die identische Aneinanderreihung von Filialen derselben Klamottenketten, Großbäckereien und Telefongeschäften. Diese Ödnis ist nicht neu und die wird sich durch Corona auch nicht ändern. Inhabergeführte Geschäfte sind doch wegen der horrenden Mieten längst rausgeflogen aus den Städten. Und wären Innenstädte wirklich toter, wenn man sie statt nur zum Gewerbe auch wieder zum Wohnen, zum Leben, zum Spielen, zum Kaffeetrinken nutzen könnte?

Aber vermutlich wird es nach Corona auch keine Cafés mehr geben, kein Eis und noch nicht mal nen Fischmac. Alles tot.

Wenn jemand mit der Drohung, sonst stürbe alles, jetzt die Öffnung von Geschäften, Theatern, Konzertsälen fordert, sagt er nichts anderes, als dass ihm sein Betrieb wichtiger ist als das Leben derer, die sich unter solchen Umständen mit großer Wahrscheinlichkeit und vielleicht auch lebensbedrohlich anstecken.

Die, die dann in deutlich größerer Zahl auf den Intensivstationen sterben, sterben übrigens wirklich. Und es gibt begründeten Anlass zur Vermutung, dass die nicht wiederauferstehen werden.

Krawalny dreht durch

Nicht nur Liebe macht blind, auch Hass. Anders ist kaum zu erklären, wie bereitwillig die westlichen Medien die Räubergeschichten von Herrn Nawalny aufgreifen und weiterverbreiten. Spätestens seit dieser dem SPIEGEL ein Foto mit sorgfältig ausgemaltem grünen Gesicht (Augen und Haaransatz säuberlich ausgespart) als „Beleg“ dafür übergeben hat, dass er von Gegnern mit grüner Farbe „bespritzt“ worden sei (vgl. die Beiträge vom 8. und 14. September), sollte doch bekannt sein, dass dieser Herr ein ähnliches Verhältnis zur Wahrheit hat wie Donald Trump. Auch der Größenwahn der beiden scheint vergleichbar.

Nawalny tönt, gleich „mehrere Generale“ verschiedener Geheimdienste seien auf ihn angesetzt worden. Und die seien dazu von Putin persönlich beauftragt worden.

Dann lässt er großmundig verbreiten, er habe zusammen mit westlichen Medien seine „Mörder“ enttarnt. Festgestellt hat man allerdings lediglich, dass er wahrscheinlich von mehreren Agenten des Geheimdienstes FSB rund um die Uhr überwacht wurde. Ist das eine überraschende Erkenntnis bei einem Mann, der selbst sagt, er wolle Putin und seine Gefolgschaft „beseitigen“ und dabei auch die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Gruppierungen nicht scheut?

Und jetzt diese Geschichte mit dem angeblichen Geständnis-Telefonat („eine simple Telefonfalle“, wie die MAINPOST genüsslich schreibt).

Wir haben uns hier ja schon daran gewöhnt, dass die russischen Agenten dumm wie trocken Brot sind und ständig scheitern mit ihren Mordplänen.

Jetzt sollen wir tatsächlich glauben, dass sie eine Dreiviertelstunde lang geheimste Informationen am Telefon ausplaudern, bloß weil sich da am anderen Ende einer als „Assistent des Chefs des russischen Sicherheitsrats“ ausgibt? Man sieht den Profi-Agenten förmlich schlottern vor Angst angesichts dieses Titels, so dass ihm sämtliche Sicherheitsbedenken ins Höschen rutschen und er ganz vergisst, dass man ja mal überprüfen könnte, wo der Anruf herkam (aus Deutschland nämlich). Zur Beruhigung hat er dann schnell ein paar Wodkas gekippt, weshalb er immer redseliger geworden ist und alles, aber auch wirklich jedes Detail ausgeplaudert hat. Tja, so sind sie, die russischen Agenten, auf die der ewige Putin seine Macht stützt.

Wer geht da eigentlich wem ständig in die Falle?

Gauland, Aiwanger und co.

Die Zahl der Corona-Todesfälle steigt auf Rekordhöhen, die Infektionszahlen verharren auf viel zu hohem Niveau mit neuerlich wieder wachsender Tendenz, die Intensivstationen der Krankenhäuser sind bedrohlich voll.

Bemerkenswert ist die Reaktion der deutschen Rechtsparteien auf diese Situation:

Auf die AfD als rechtsradikaler Partei ist am meisten Verlass: In guter alter rechter Tradition (DVU, Republikaner, NPD) hat man alle Hände voll zu tun, sich selbst zu zerlegen: Man brüllt sich auf Parteitagen an, überzieht sich gegenseitig mit Strafanzeigen und bricht sich zur Begrüßung auch schon mal die Rippen. Gut so. Die Existenz des Covid-Virus wird einfach geleugnet; dabei hat jüngst eine Studie gezeigt, dass die Infektionszahlen z.B. in Sachsen dort horrend hoch sind, wo auch der Anteil der AfD-Stimmen bei Wahlen horrend hoch ist, Maskenverweigerer halt.

Hotel-Politiker Lindner von der FDP wandert von Talkshow zu Talkshow und fordert vehement die Öffnung von Hotels, Gastronomie und Skipisten, weil man sich dort angeblich ja nicht anstecke. Es reiche, die „vulnerablen Gruppen“, also die Alten und Vorerkrankten zu schützen. Er will immer noch nicht begreifen, dass es vor allem um den Betrieb zur Erreichung dieser Freizeit-Einrichtungen geht, um Tankstellen, Autobahnraststätten, um das Gedrängel vor den Skiliften. Da muss man gar nicht bis auf die Piste oder bis ins Hotel kommen, um sich dort vielleicht tatsächlich nicht anzustecken. Dass die „vulnerablen Gruppen“ 27 Millionen Menschen sind, die man nicht einfach wegsperren kann, leuchtet ihm offenbar nicht ein, auch nicht das Argument, das von ALLEN wissenschaftlichen Institutionen angeführt wird, nämlich dass man die Alten und Gefährdeten nur dadurch wirksam schützen könne, indem man die Infektionszahlen generell deutlich reduziert.

Die Zahl der Corona-Todesfälle steigt auf Rekordhöhen, die Infektionszahlen verharren auf viel zu hohem Niveau mit neuerlich wieder wachsender Tendenz, die Intensivstationen der Krankenhäuser sind bedrohlich voll.

Und was fällt dem Freie-Wähler-Vorsitzenden Aiwanger dazu ein? Er fordert „einen konkreten Fahrplan für Lockerungen“ (alle Zitate nach „Mainpost“ vom 5.12.). Die Lage sei jetzt wieder beherrschbar, deshalb brauche es jetzt einen „Öffnungsplan für Gastronomie, Hotellerie und auch die Skibranche“. Bei deutlich über 20 000 Neuinfektionen und knapp 500 Toten pro Tag hält er die „zweite Welle“ für „längst gebrochen“. Was ist das Motiv dieser offensichtlich wissentlichen Realitätsleugnung?
Aiwanger hatte von Anfang an in dieser schwarz-gelben Koalition in Bayern ein Profilierungsproblem, war es allerdings am lautesten selbst, der für einen Eintritt in die Regierung von Markus Breitbein Söder warb – wo er ständig wie ein Schulbub daneben stand. Allerdings auch, weil seine Beiträge über das Niveau eines Schulbuben selten hinausgingen. Entwischt ihm einmal eine grundsätzliche politische Aussage, ist die meist im äußerst rechtsreaktionären Spektrum anzusiedeln („Bayern und Deutschland wären sicherer, wenn jeder anständige Mann und jede anständige Frau ein Messer in der Tasche haben dürfte“). Als Ansammlung von ehemaligen Ex-CSUlern, Bayern- und Bauernparteilern sind auch die Freie-Wähler-Mitglieder überwiegend einer erzkonservativen Gesinnung.

Die Übereinstimmung der drei Parteien, letztlich gipfelnd in der Leugnung einer Gefahr durch das Corona-Virus, ist nicht zufällig. Alle drei sinken derzeit in der Wählergunst. Keine der drei Parteien hat irgendeinen Programmpunkt, mit dem man gemäßigte Wähler in größerer Zahl ansprechen könnte. Allen dreien wohnt ein kräftiger populistischer Zug inne.

Und so rangeln alle drei in konformer Widerlichkeit um ein Stück von dem Kuchen, der aus dem braunen Hefeteig der Querdenker-Sekte zu entstehen droht. Und gehen dabei nicht nur sprichwörtlich über Leichen.