Der Hubsi

Der Chef der Freien Wähler, Hubsi Aiwanger, ist als bayerischer Wirtschaftsminister schon eine beeindruckend komische Figur. Insofern passt er zu seinem Amt: Der Titel klingt zwar toll, aber so richtig was zu entscheiden hat ein Wirtschaftsminister eigentlich nicht. Allerdings springen diejenigen Kritiker zu kurz, die behaupten, der Hubsi verstünde unter „Wirtschaft“ nur ein dörfliches Gasthaus. Schließlich hat er Erfahrung mit seiner LandWIRTSCHAFT, und um diese zu demonstrieren, trägt er im Wahlkampf gerne ein kleines Schweinchen auf seiner Schulter rum.

Manchmal vermutlich auch auf jeder Schulter eines, die wirken bei ihm besser als die größten Scheuklappen bei Pferden. Die bayerische Wirtschaft sei über den Berg, verkündete er deshalb letzte Woche vollmundig, den Blick eisern auf die zurückgehende Zahl an Kurzarbeitern in Bayern gerichtet. Das hat er offensichtlich gelernt, der Hubsi, dass die vornehmste Aufgabe eines Wirtschaftsministers ist, Optimismus zu verbreiten, was anderes hat er ja auch nicht zu tun. Außer er lässt sich von seinem Herrchen Söder mit der komplizierten Aufgabe betrauen, ausreichend Wischmops für die Krankenhäuser zu organisieren. Das hat er toll gemacht, aber gedankt hat’s ihm natürlich niemand.

Den Blick weg von den Kurzarbeiterzahlen mal etwas zur Seite schweifen zu lassen, wo ein massiver Anstieg der Corona-Infektionen eine weniger fröhliche Perspektive eröffnet hätte, hatte Hubsi also eh nicht vor. Und falls doch, wäre dieser Blick ja sofort an einem Schweinebäuchlein hängengeblieben.

Welches, so würde der gerne sehr assoziativ vorgehende Hubsi dann ministeriell verlauten lassen, ein „klorer“ Beweis dafür sei, dass in der bayerischen Landwirtschaft alles bestens laufe, ohne dass die Bauern ständig Bäume umarmen und Bienen streicheln müssten (ein tapferer Seitenhieb gegen Markus Grün Söder).

Den unaufhaltsamen Aufstieg der bayerischen Wirtschaft generell möchte er, wie er letzte Woche im bayerischen Landtag spontan verkündete, mit dem massenhaften Einsatz von „Luftbestäubern“ in Büros und Klassenzimmern fördern (Huuuust…).

Hoffentlich übernimmt er sich dabei nicht, unser Hubsi! Denn was täten wir in diesen trostlosen Zeiten ohne einen Wirtschaftsminister, der sich leidenschaftlich in philosophisch-mathematischen Erschöpfungen ergeht, wie lang ein Tisch sein muss, um coronagerecht einem bayerischen Biergartenstammtisch Platz zu bieten.

15 Meter. Hat er ausgerechnet.

 

 

In BND we trust

Diese russischen Ärzte, diese kommunistischen aus Omsk, hätten, wurde damals hier in den Medien verbreitet, Nawalny für reiseunfähig erklärt, damit er solange in Sibirien bleiben müsse, bis sich das Gift in seinem Körper nicht mehr nachweisen lässt. Inzwischen ist der Stand, dass sich das Gift in „Proben“ (wovon auch immer) offensichtlich noch Wochen später nachweisen lässt, und zwar von allen möglichen Institutionen, nicht nur von der Bundeswehr. Dabei ist Nawalny gar nicht tiefgefroren, sondern darf schon wieder aufstehen.

Einige Stunden lang berichtete der bayerische Rundfunk, das analysierende Bundeswehrinstitut habe erklärt, es bestehe nicht der geringste Zweifel daran, dass der Anschlag mit Wissen und Billigung der russischen Regierung erfolgt sei. Diese Meldung hat man dann später gestrichen. Vermutlich ist jemandem aufgefallen, dass es zu dieser Aussage kein noch so kleines Fitzelchen Beweis, Beleg oder auch nur Begründung gegeben hat.

Für Verwirrung sorgte diesbezüglich eine frühere These, der Anschlag könne nur mit Putins Zustimmung erfolgt sein, da es sich bei dem Gift um einen geheimen Kampfstoff handele. Scheinbar ist man der Meinung, dass Putin das Teufelszeug im Kreml eigenhändig zusammenrührt und dann bestimmt, wer es überall auf der Welt (selbstverständlich ganz geheim) anwenden und zum Beispiel auf englische Türklinken schmieren darf.

So richtig mag sich dazu nicht fügen, dass sich immer wieder mal wer daran erinnert, dass dieser Kampfstoff schon zu Sowjetzeiten entwickelt wurde und sich die deutschen Geheimdienste schon damals ein paar Proben zur Analyse besorgt haben.

Doch bekanntermaßen ist ja der BND in allererster Linie der Moral und dem Datenschutz verpflichtet. Deswegen hat der die Ergebnisse der damaligen Analysen natürlich niemandem verraten, schon gar nicht seinen Freunden vom CIA, geschweige denn, die Brühe nachgekocht. Nein, man hat natürlich alle diese rechtwidrig erworbenen Informationen sofort vollständig und unwiderruflich vernichtet. Und es ist ausschließlich hoher deutscher Gedächtnisleistung zu verdanken, dass man das Zeug sofort wieder erkennt, wenn es die Russen irgendwo fallen lassen.

Als diese ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Anschlags kundtaten und um konkrete Analyseergebnisse baten, erklärte der deutsche Regierungssprecher, man sei noch in geheimen Ermittlungen, außerdem seien „gewisse Verschwiegenheitsgepflogenheiten“ (Zitat nach Mainpost) einzuhalten.

Geht so der vielbemühte deutsche Rechtsstaat? Man beschuldigt jemanden explizit eines Mordes (!) und erklärt dann, Belege könnten wegen gewisser „Verschwiegenheitsgepflogenheiten“ leider nicht mitgeliefert werden?

Wer dieser Argumentation folgen kann, mag auch glauben, dass Putin seine so gerne zur Schau gestellten Muskeln dem täglichen Genuss von Kinderblut verdankt.

Putin hat’s wieder gerichtet…

Natürlich zieht der Präsident eines autoritären Regimes, besonders, wenn er gefühlt 100 Jahre an der Macht ist, jede Menge Kritik auf sich – und meistens zu Recht. Eher mild fällt diese Kritik aus, wenn es sich bei dem betreffenden Land um einen NATO-Partner wie die Türkei oder gar ein EU-Mitglied wie Ungarn handelt. Da kann man über reihenweise Menschenrechtsverletzungen mit Todesfolge schon mal hinwegsehen. Kann ja mal passieren.

Ist man aber Chef des Lieblingsgegners der NATO, die sich ihre alten Feindbilder einfach nicht abgewöhnen will, sieht das natürlich ganz anders aus. Für einen angeblichen oder auch echten Giftanschlag auf den Oppositions-Rechtsaußen in Russland, Nawalny, wird mit großer Selbstverständlichkeit die Regierung, gerne auch Putin persönlich verantwortlich gemacht. Schlimmer als jeder NATO-Sprecher reiht der SPIEGEL in übelster hauseigener Manier Vorwurf an Vorwurf, um am Ende der Artikel kleinlaut eingestehen zu müssen, dass alles nur Vermutungen sind, für die es leider keinen einzigen Beleg gebe. Dennoch ist Putin schuld: Schließlich habe der ein System aufgebaut, in dem solche politischen Morde geschähen.

Ist dann Merkel auch schuld an den NSU-Anschlägen, den Überfällen auf jüdische Synagogen und ausländerfreundliche Politiker oder solche mit ausländischen Wurzeln?

Offensichtlich geht es um zwei Dinge: Zum einen soll Russland möglichst schwach gehalten werden, weshalb man für alles, was an Negativem dort passiert, das Regime verantwortlich und es zum Anlass für neue Wirtschaftssanktionen macht. Auch wenn die Schuldzuweisung noch so fragwürdig hinkonstruiert wird. Nawalny selbst hat mehrfach geäußert, dass die Regierung ziemlich bescheuert wäre, ihn umzubringen, da sie sich damit ja nur jede Menge Ärger und Widerstand in der Bevölkerung einhandle und seine Anhänger motiviere. Der russischen Regierung selbst scheinen die Vorwürfe wirklich recht absurd vorzukommen, sonst würde sie nicht mit der ebenfalls grotesken, aber letztlich auf derselben Ebene der Niveaulosigkeit daherkommenden Replik antworten, dass Nawalny vielleicht in der Charité Gift zugeführt wurde.

Wahrscheinlicher ist VIELLEICHT folgende Variante:

Nawalny war nach Aussage von Begleitern vor dem Flug aus Sibirien mit gut einem Dutzend „Freunden und Beratern“ zusammen. Wenn man weiß, dass es in Russland bis weit in intellektuelle Kreise hinein eine teils geradezu göttergleiche Verehrung für Putin gibt, jede Menge Menschen, die tatsächlich daran glauben, Putin würde alle ihre Probleme lösen – und dies mit der bekannten Tatsache zusammenführt, dass es in diesem Land weit verbreitete Strukturen von hoher Skrupellosigkeit gibt, könnte man auch auf die Idee kommen, dass der ominöse Tee in dieser Ecke angerührt wurde.

Vertreter der deutschen Wirtschaft finden das alles eh nicht so schlimm. Sanktionen haben in diesem Fall nämlich das Problem, dass sie die eigenen Geschäfte stören könnten. Also finden sie, dass zum Beispiel Nord-Stream 2 mit den Verbrechen in Russland nichts zu tun hätten. Das Gas könne ja schließlich nichts dafür.

Die NATO und Trump, die ja schon immer behaupten, Deutschland würde sich mit dieser Gas-Pipeline in die völlige Abhängigkeit von Russland stürzen, sehen das natürlich anders. Prompt schlägt man als „Sanktion“ vor, die Pipeline nicht zu Ende zu bauen. Schon hat’s Putin wieder gerichtet: So hat man zum andern endlich einen vorzeigbaren Grund, um dem inzwischen erfahlten Verrückten in Washington, der gerne sein Fracking-Gas nach Europa verkaufen möchte, in den A… zu kriechen.

„Wenn sie (russische Politiker) ihn hätten töten wollen, hätten sie ihn getötet“, wird ein russischer Arzt in der Moskauer Presse zitiert.

Erstaunlich ist schon, dass sich ausgerechnet Putin und seine Helfershelfer bei ihren Mordanschlägen immer so dämlich anstellen.