Zum Fälschen zu faul

Als die Amerikaner 2003 einen Kriegsgrund gegen den Irak suchten, erfanden sie „Geheimdiensterkenntnisse“ über mobile Chemiewaffenfabriken und legten als „Beweise“ Fotos von solchen LKWs vor. Immerhin hat man sich die Mühe gemacht, die aus Legobausteinen gebastelten Modelle mit einer Plastikfolie zu umhüllen, die bei viel gutem Willen auch als Tarnplane durchgehen konnte.

Inzwischen hält man offensichtlich selbst solche Bemühungen für überflüssig: Als ausreichende Begründung für einen potentiellen Krieg gegen den Iran zeigt man der Welt verschwommene Schwarzweiß-Aufnahmen von einem Boot mit ca. einem Dutzend verschwommenen Menschen, die sich an der Seitenwand eines der angegriffenen Öltanker auf verschwommene Art zu schaffen machen.

Laut Trump handelt es sich dabei um ein Kommando der iranischen Revolutionsgarden, das eine von ihnen angebrachte, aber nicht explodierte Haftmine entfernt hat, weil auf dieser „in Großbuchstaben IRAN“ stünde. Also musste dieses Beweisstück für die Schuld des Iran geborgen werden.

Unerheblich dabei ist, dass die Besatzung des Tankers „Flugobjekte“ gesehen hat, bevor die Explosionen erfolgten. Haftminen schmeißt man nicht gegen Schiffe.

Wesentlich glaubwürdiger erscheint die Vorstellung, dass es sich bei den Leuten im Boot um Besatzungsmitglieder des Öltankers gehandelt hat, die den Schaden inspizieren wollten. Nichts, aber auch gar nichts spricht für die amerikanische Version.

Das hindert die üblichen Speichellecker nicht daran, sich den Vorwürfen anzuschließen: Großbritannien übernimmt sogar den Wortlaut der amerikanischen Verlautbarung und erklärt, es sei „fast“ sicher, dass der Iran an den Anschlägen schuld sei.

Natürlich: Man will doch nach dem großartigen Brexit mit den USA das größte und erfolgreichste Handelsabkommen abschließen, von dem die Welt je gehört hat. Da kann man doch den Irren im Weißen Haus nicht verärgern; ordentlich Arschkriechen ist angesagt.

Polen traut sich noch nicht oder schweigt als Retourkutsche dafür, dass Trump dort nicht so viele Soldaten stationieren will, wie sie sich das wünschen.

Saudi-Arabien ist natürlich begeistert: Man braucht die amerikanische Unterstützung im Kampf um die regionale Vorherrschaft gegen den Iran. Und man braucht die Geschäfte mit den Amerikanern und deren Waffen.

Das Schweigen der Europäischen Union kann man immerhin als heimliches Zähneknirschen interpretieren. Versucht man doch gerade, das Atomabkommen mit dem Iran auch ohne die USA zu retten. Konkrete Maßnahmen dazu einzuleiten traut man sich aber offensichtlich nicht. Besteht Trump auf seiner Version, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die EU einknickt und sich im Allerwertesten des Präsidenten mit Großbritannien wieder vereint.

Schön wäre, wenn man sich erinnerte: Appeasement-Politik gegen einen gestörten Größenwahnsinnigen ist in der Geschichte schon mal bös danebengegangen.

Gut geordnet, Seehofer!

Es gibt seit dieser Legislaturperiode den fragwürdigen Trend, Gesetze mit wertenden Attributen zu versehen. Ein neues Kita-Gesetz heißt „Gute-Kita-Gesetz“, ein Gesetz zur finanziellen Förderung eines Teils der einkommensschwachen Familien „Starke-Familien-Gesetz“. Das mag verschiedene Gründe haben:

Würde sich die Bild-Zeitung plötzlich „Gute-Bild-Zeitung“ nennen, dürfte man zu Recht davon ausgehen, dass die bisherigen Ausgaben ziemlich bescheuert waren. Ein Restaurant, das eine „Gute-Speisen-Karte“ vorlegt, nährt den Verdacht, dass es auch durchaus nicht gute Speisen anbietet. Was natürlich nicht heißt, dass ein schlechtes Restaurant eine „Mäßige-Speisen-Karte“ aushängen wird.

Will die Regierung, von der ja diese tollen Namen kommen, tatsächlich ausdrücken, dass die bisherige Gesetzgebung eher erbärmlich war? Wohl eher nicht.

Wenn auf einem Volksfest eine Attraktion marktschreierisch als „sensationell gut“ angepriesen wird, darf man normalerweise davon ausgehen, dass man enttäuscht wird. Dennoch funktioniert es: Ein nicht geringer Teil der Volksfestbesucher wird an die Sensation glauben wollen und die Attraktion besuchen.

Das dürfte schon eher dem Anliegen der Bundesregierung ähneln. Man nennt ein Gesetz einfach toll und baut darauf, dass sich die Leute von dem schönen Namen beeindrucken lassen und nicht so genau hinsehen. Das ist Populismus pur und baut, wie jeder Populismus, darauf, dass die Leute blöd sind.

So nimmt es nicht Wunder, dass das übelste Machwerk dieser Sorte aus der Feder Seehofers stammt. Es heißt Geordnete-Rückkehr-Gesetz und konstruiert eine Ordnung, wie sie nur einem Seehofer oder seinen Vorbildern von der AfD einfallen kann:

Es geht nicht, wie der Name lügt, um eine „geordnete Rückkehr“ von irgendwem, es geht einfach um möglichst schnelle und zahlreiche Abschiebungen.

Dazu sollen Menschen unklarer Identität, die „nicht an der Beschaffung eines Passes mitwirken“ – wie immer das auch ein Bürgerkriegsflüchtling aus Libyen machen sollte – in eine sogenannte „Mitwirkungshaft“ genommen werden können. Wer nicht aktiv an seiner Abschiebung mitwirkt, kommt in den Knast.

Das findet Seehofer „geordnet“.

In Ordnung findet er auch, dass entgegen bisheriger (ungeordneter) Gesetzeslage „abschiebungspflichtige“ Menschen in den Knast kommen, in die sog. Abschiebungshaft. Und das in normalen Gefängnissen. Das kann auch Familien mit Kindern betreffen, die finden sich dann im selben Haus interniert wie Mörder und andere Schwerverbrecher.

Wer als ausweisloser nicht bei der eigenen Abschiebung hilft, bekommt nur noch eine eingeschränkte Duldung mit Wohnsitzauflage, Beschäftigungsverbot und gekürzten „Leistungen“. Falls für den Geduldeten nach dem Dublin-Abkommen ein anderer EU-Staat zuständig ist, können „Leistungen“ ganz gestrichen werden.
Es ist erst ein paar Wochen her, dass man mit großem Pomp die 70-jährige Existenz des Grundgesetzes gefeiert hat. Und zu Recht hat man auf die Bedeutung des Satzes „Die Würde des Menschen (und das meint JEDEN Menschen, d.V.) ist unantastbar“ verwiesen. Die Leistungen an Asylbewerber decken nach regierungseigener Definition deren Existenzminimum ab. Jetzt aber ist ein eingeschränktes oder sogar gegen Null laufendes Existenzminimum möglich. Man sollte nicht so dreist sein, eine Verfassung zu feiern, die man gleichzeitig in seinem Gesetz grob missachtet.

Die tiefere Ordnung in diesem Gesetz erschließt sich beim zweiten Lesen:
Die „Person unklarer Identität“ bekommt die Leistungen gekürzt oder gestrichen. Notwendigerweise wird dies zu einer deutlichen Zunahme von Diebstählen oder Raub durch Asylbewerber führen, anders kommen sie ja (Beschäftigungsverbot!) nicht mehr an Essen. Schon sind sie Straftäter und sofort zur Abschiebung freigegeben.

Sowas nennt der christliche Innenminister „geordnete Rückkehr“.

Seehofer schamlos.

Und die SPD stimmt zu.

Entschuldigung

Es ist einfach unverzeihlich: Wie kann man in einem Blogbeitrag zur sog. „Klimawahl“ IHN einfach unerwähnt lassen, Dobrindt, den Landesgruppenvorsitzenden der CSU im Bundestag. Dabei hat der als einziger nicht nur geredet oder mit zig unumsetzbaren Vorschlägen gewedelt, er hat längst gehandelt. Umsichtig, vorausschauend, entschlossen.

DU hast, verehrter Landesgruppenführer, als dir irgendwelche Ignoranten vom SPIEGEL vorhielten, DU hättest selbst doch noch gar nichts zum Umweltschutz beigetragen, mit stolzgeschwellter Brust (soweit deine immer ein bisschen zu engen Sakkos das zulassen), kundgetan, dass DU, nein dass ihr, also dass sie auf DEINE Initiative hin einen ganz entscheidenden Schritt zur Klimarettung nicht nur diskutiert, sondern sogar schon beschlossen hätten (sicher meinst du die Abgeordneten im Bundestag). Auf DEINE Initiative hin, wohlgemerkt. Während Scheuer noch an seinem 41. Vorschlag bastelte und Söder im Englischen Garten die Bienen zählte, hast DU, nein, habt ihr im Bundestag beschlossen,

DIE DIENSTWAGENSTEUER FÜR ELEKTRO- UND HYBRIDFAHRZEUGE ZU HALBEREN!!!

Das ist der Durchbruch.

Für die kleine Minderheit unter den Polplot-Lesern, die noch nicht über einen Dienstwagen verfügen, sei kurz erklärt:
Bekommt ein Mensch von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen gestellt, den er auch privat nutzen darf, muss er diese Nutzung als „geldwerten Vorteil“ versteuern, und zwar mit monatlich einem Prozent des Listenpreises des Autos. Bei einem Preis von 50 000 Euro werden dem Nutzer also 500 Euro auf sein zu versteuerndes Einkommen dazugerechnet.

Früher, vor DIR war das so. Jetzt sollen es nur noch 250 Euro sein, falls der Dienstwagen ein Elektro- oder Hybridauto ist.

Endlich verstehen auch kleinere Geister als DU, wie DU das meinst, wenn DU immer davon sprichst, du wollest nicht mit Verboten, sondern mit Anreizen den Bürger zu mehr Umweltschutz bewegen:

Arbeitgeber sollen angereizt werden, ihren Arbeitnehmern in Zukunft teuere Elektroautos als Dienstwagen hinzustellen, damit diese dann nur noch halb so viel Steuern dafür bezahlen müssen.

Aber natürlich fällt DIR auf, dass es das allein noch nicht sein kann, DU denkst längst weiter. Dieser Anreiz würde auch dafür sorgen, „zügig einen breiten Gebrauchtwagenmarkt für E-Fahrzeuge zu bekommen“. Denn bekanntlich legen Dienstwagenfahrer ihre Modelle recht zügig wieder ab. Das Problem, dass jeder weiß, dass Batterien auch einem sehr zügigen Alterungsprozess unterliegen und man E-Fahrzeuge gebraucht kaum loskriegen wird, kann man zurzeit vernachlässigen. Es stellt sich ja erst in ein paar Jahren. Und vielleicht ist es dann wieder kälter.

Geschätzter Gruppenführer! Vor einiger Zeit haben wir hier begeistert DEINE Vorstellung aufgegriffen, dass Soldaten häufiger uniformiert in der Öffentlichkeit auftreten sollten. Als Anreiz dafür hast DU DIR kostenlose Bahnfahrten ausgedacht.

In dem hier ausgewerteten Interview sprichst DU häufig von „Battles“ und „Schlachten“, die es in der Politik auszutragen gelte. Ein Bild, das uns ermutigt, diesbezüglich einen weiteren Anreiz vorzuschlagen: Würde es Deutschlands Ansehen in der Welt nicht auch stärken, wenn Soldaten, die keine passende Bahnverbindung finden, in ihrer Freizeit nicht nur ihre Uniformen, sondern auch ihre Dienstfahrzeuge mehr nutzten? Warum sollen Panzer sinnlos im Kasernenhof verrotten, statt als Dienstpanzer für den Feierabendausflug in die Stadt genutzt zu werden? Vielleicht rüstet die Bundeswehr dann ja zügig auf Elektropanzer um? Vom Gebraucht-E-Panzermarkt ganz zu schweigen…

Damit auch ein steuerlicher Anreiz funktioniert, ist zu berücksichtigen, dass die uniformiert in ihren Panzern durch die Städte streifenden Soldaten ja schon viel für das Ansehen der Bundeswehr- und republik tun. Und dass sie (zumindest so lange sie Zivilistenkarren nicht plattfahren dürfen) mit Parklücken schon etwas Ärger haben werden. Auch, dass der Listenpreis für diese Fahrzeuge eher im gehobenen Segment anzusiedeln ist.

Eine Dienstpanzersteuer von landesüblichen drei bis vier Promille könnte funktionieren, allerdings nur, wenn man bis zur vollständigen Umstellung der Bundeswehr auf E-Panzer Dieselfahrverbote in den Städten strikt verbietet.

493 Vorschläge zum Klimaschutz

Nein, es ist nicht lustig, wie die Parteien (alle!) mit der sogenannten „Klimawahl“ zum europäischen Parlament umgehen: Die Regierungsparteien haben sich selbstzerknirscht gegeben und beschlossen, sie müssten jetzt dringend was tun: Jeder Minister sollte mal zusammenschreiben, was sein Ressort so zur Klimaschonung beitragen könne. Dann hat man sich zusammengesetzt und beschlossen zu handeln, nämlich dass man sich im September wieder zusammensetzt.

Nur Scheuer war fleißig und hat eine Liste mit 50 (!) Vorschlägen mitgebracht. Der meint es ernst. Dabei sind 50 Vorschläge doch arg schwach: 493 hätten die Sicherheit gebracht, dass sie keiner liest oder sich die Mühe macht, zu erforschen, ob auch ein sinnvoller dabei ist. Der SPIEGEL hat die Liste und berichtet, dass es um ganz viel Steuererleichterungen und staatliche Zuschüsse geht: Für den öffentlichen Nahverkehr – und vor allem für Elektroautos: Je teurer, desto mehr mehr Zuschuss. Wer sich einen Tesla „P 85 D Performance“ leisten möchte, kriegt 8000 Euro Staatszuschuss und bekommt dafür eine Öko-Auto mit 700 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Mit dem man auch noch richtig weit kommt, nämlich 460 Kilometer weit mit einer Akkuladung. Wenn man, laut Hersteller, „konstant 105 km/h“ fährt.

BMW zeigt sich von Teslas neuem Modell geschockt und will nachziehen.

So ein Unsinn muss wirklich staatlich ordentlich bezuschusst werden.

Was laut SPIEGEL in der Liste fehlt, sind irgendwelche Andeutungen, wie das alles zu finanzieren sei. Und was natürlich auch fehlt, sind Tempolimits und Verbote z.B. dieser irrsinnigen SUV´s, die in den Innenstädten reihenweise Rückspiegel abmähen.

Das macht er schon listig, der Andi: 50 Vorschläge, von denen keiner umsetzbar ist – und die „Premium“-Autoindustrie darf ungestört weitermachen.

493 Vorschläge wären dennoch überzeugender gewesen.

Die SPD löst das Problem, indem sie an ihrer Fraktions- und Parteivorsitzenden herumsägt.

Die FDP löst das Problem mit „Innovationen“. Mit welchen, darüber wird sie die nächsten Jahrzehnte nachdenken.

Nur kurz im Netz zu finden war die sehr witzige Reaktion eines CSU-Jungen, der erklärt hat, der blauhaarige Rezo habe doch nur die CDU erwähnt, die CSU sei gar nicht gemeint und deshalb aus dem Schneider. Vermutlich hat der das wirklich geglaubt und ihm ist keine Sekunde der Gedanke gekommen, dass der Youtuber vielleicht gar nicht wissen WILL, dass es in Bayern eine Regionalpartei gibt, die Selbstständigkeit innerhalb der Union beansprucht. Dabei versteht die sich seit dem erfolgreichen Bienenrettungsvolksbegehren doch angeblich als der Ökoflügel der Union und auch der Ministerpräsident ist ganz arg öko seitdem. Mit einer kleinen Einschränkung freilich: Man müsse darauf achten, dass durch ökologische Politik die „wirtschaftlichen Abläufe nicht gestört“ werden. Die Erkenntnis, dass die „wirtschaftlichen Abläufe“ der Grund für die ganze Klimakatastrophe sind, steht ihm offensichtlich noch bevor.

Grünen-Chef Habek, der als neuer Nationallieblingsschwiegersohn eine deutlich bessere Figur macht als FDP-Chef Lindner, ist da – und mit ihm die gesamte neue grüne Welle – offensichtlich nicht viel weiter. Seine Reaktion auf die Vergesellschaftungs-Vorschläge von Juso-Chef Kühnert, es gehe „jetzt nicht um irgendwelche Umverteilungsideen“, sondern um den ökologischen Wandel, lässt befürchten, dass in diesem Hirn auch noch reichlich Raum für gedanklichen Zugewinn ist.