Über Tote soll man, so haben es angeblich die alten Römer gesagt, nichts sagen außer nur Gutes. Oft ist das nichts anderes als die Aufforderung, entweder das Maul zu halten oder zu lügen. Als ob die Menschen dadurch besser geworden wären, dass sie tot sind. Nun ja, sie können keine illegalen Parteispenden mehr einsammeln, immerhin…
Klar, es geht um Helmut Kohl. Um den, als er noch lebendig war. Als Toter interessiert er mich nicht die Bohne.
Aber das Maul verbieten lasse ich mir von den alten Römern auch nicht.
Als jemand, der das Pech hatte, einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens zusammen mit der Kanzlerschaft Kohls verbringen zu müssen, erinnere ich mich zunächst an das unsägliche Geschwurbel von einer „geistig-moralischen Wende“. Und dann an nichts mehr, jahrelang. Allenfalls an einen CDU-Provinzkarrieristen, der das Problem hatte, immer in einem zu kleinen Anzug und einem zu großen Amt zu stecken, das er aber bald erfolgreich plattgesessen hatte.
Dann hat ihm Gorbatschow die DDR geschenkt (im Wegschenken war der wirklich ein Großer) und Kohl hat sie genommen.
Das soll sein Verdienst bleiben.
Allerdings darf man nicht übersehen, dass die sog. „Deutsche Einheit“ letztlich ein Kollateralschaden der Zerstörung der Sowjetunion war. Über beides muss man nicht uneingeschränkt glücklich sein, wenn man an die vielen „heißen“ Kriege mit unzähligen Toten denkt, die dem Kalten Krieg gefolgt sind, und an das Hochkochen des braunen Sumpfes in Deutschland bis in die sog. gesellschaftliche und politische Mitte hinein.
Für den langen Rest seiner Amtszeit ließ sich Kohl als „Einheitskanzler“ feiern. Ich hab‘ ihn mehr als Strickjackenkanzler in Erinnerung. Immerhin haben diese stets ein bisschen verwaschen aussehenden Strickjacken recht gut zum Wodkagesicht seines russischen Männerfreundes Jelzin gepasst.
Irgendwann konnten ihn selbst seine „Parteifreunde“ in der CDU nicht mehr ertragen, besonders seine Nachfolgerin nicht, die Frau Merkel.
Und die schickt sich jetzt an, ihn in Stil und Länge der Amtszeit zu übertreffen.
Ob ich Frau Merkel überleben werde, weiß ich nicht. Deshalb füge ich sicherheitshalber den Nachruf auf sie gleich hier an. Und weil dieser Nachruf ja ein vorläufiger ist, dann doch nach römischer Sitte, nur das Gute:
Sie hat die Flüchtlinge aus Ungarn reingelassen damals, ja.