Fake-News made in Germany

Wer auf die Idee gekommen ist, Anne Will sei eine politische Fachfrau und man müsse ihr deshalb den schönen Sonntagabend-Sendeplatz zum Diskutieren geben, ist unbekannt. Insofern lediglich ein bisschen nachvollziehbar, als sie tatsächlich – im Gegensatz zu ihren Vorgängern, die nur noch reine Stichwortgeber für die dpa-Mainstream-Meinung waren – recht informiert in die Sendungen geht. Was dabei rauskommt, ist allerdings noch widerlicher als vorher:

Beispiel Sendung Sonntag, 09. April 2017. Es geht um Syrien, genauer um den Giftgasanschlag in Samrin und das darauffolgende amerikanische Bombardement eines syrischen Flughafens.

Eingeladen waren Frau von der Leyen, ein Bundeswehrprofessor, ein amerikanischer Ex-Diplomat vom Stile Henry Kissingers, als Gegenmeinungen ein ZEIT-Journalist und ein linker Biowaffen-Experte, der in Syrien vor Ort war.

Macht vier zu zwei, denn Anne Will erwies sich als unbeeindruckbare Vertreterin des westlichen Standpunkts: Der Linke, der ziemlich überzeugend, weil auch als Kenner der Situation vor Ort, erklärte, dass dieses Giftgas genausogut aus den Händen syrischer „Rebellen“ stammen könne, und deshalb der Meinung war, dass eine Bomben-Reaktion vor Aufklärung der Urheberschaft eindeutig völkerrechtswidrig sei, wurde in seiner Argumentation einfach ignoriert und interessanterweise ausgerechnet von der deutschen Verteidigungsministerin dahingehend gerügt, das man im Falle eines Giftgasangriffs auf die Bevölkerung – einfach weiter unterstellend, das sei das Assad-Regime gewesen – das Völkerrecht im Interesse des Volkes auch mal vergessen könne.

Interessanter Standpunkt einer deutschen Ministerin.

Dem ZEIT-Journalisten, der auf die Rolle des Westens im Syrien-Krieg hinwies (als neuen Stellvertreter-Krieg im Amerika-Russland-Konflikt) durften unwidersprochen von den anderen üble Verschwörungstheorien unterstellt werden.

Und so wurde unverdrossen weiterdiskutiert: Welche positiven Auswirkungen dieser amerikanische „Luftschlag“ denn haben könnte. Ernsthaft.

Als dann der Linke in seinem Schlusswort alle Beispiele aufzählte, wo ein vom „Westen“ erbombter Regimewechsel in Chaos, Bürgerkrieg und Erstarken des sog. IS mündete, (Libyen, Irak, Afghanistan) gab es großen Beifall im Publikum.

Da mochte dann auch Anne Will nicht mehr widersprechen.

Professionelle Politamateuere

Da hat sich der Herr Innenminister aber wieder mal was Hübsches einfallen lassen: Weil ein CSU-Landtagsabgeordneter bei einer Bürgermeisterwahl in einem unterfränkischen Dorf seinen Stimmzettel fotografiert und gepostet hat, hat der Herr Minister die Bundeswahlordnung dahingehend modifiziert, dass ab sofort Fotografieren in der Wahlkabine verboten ist.

Natürlich ist das Fotografieren und Posten von Stimmzetteln genauso bescheuert wie das Mode gewordene penetrante Posten von Bildern des eigenen Mittagessens. Wobei diese Bilder manchmal ja wenigstens noch ganz nett ausschauen und Appetit machen können. Ob ein Stimmzettel attraktiver wird, weil jemand dort sein Kreuz bei der CSU gemacht hat, sei mal dahingestellt.

Für Kabarettisten oder Büttenredner attraktiv dürfte die Begründung für dieses Verbot sein, vorgetragen von einem Ministeriumssprecher: Wenn jemand real gefragt werde, was er gewählt habe, dürfe er lügen, wegen Wahlgeheimnis und so. Da schau her! Vielleicht erlaubt ihm das Wahlgeheimnis ja auch, einfach die Klappe zu halten? Und was macht der Minister, wenn ein Fotografiersüchtiger seinen Wahlzettel fotografiert und daheim per Bildbearbeitung ein alternatives Faktum schafft vor dem Versenden, also virtuell lügt – wegen Wahlgeheimnis und so?

Vollends amateurhaft sind die Ausführungsbestimmungen: Der örtliche Wahlvorstand habe jemanden, der „in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat (…) zurückzuweisen“. „Wer erwischt wird, darf nicht an der Bundestagswahl teilnehmen“, erläuterte der Sprecher.

Erstaunlich. Vielleicht bin ich ja blauäugig, aber heißt Wahlgeheimnis nicht eher, dass man beim Wählen nicht beobachtet werden darf, als dass man hinterher lügen darf? Oder steht der Wahlvorstand jetzt großohrig am Vorhang und lauscht, ob  er ein Klicken hört? Und dann? Hat der – in der Regel ehrenamtliche – Wahlvorstand dann das Recht, das Handy zu durchsuchen, um Beweise zu finden? Und dann meinen Stimmzettel zu zerreißen?

Das möchte ich mal erleben, wie ein ehrenamtlicher Wahlvorstand jemandem wegen unerlaubten Fotografierens ein Grundrecht verweigert, das in der Regel selbst Kriminellen nicht aberkannt wird.